Die Nachsorge gynäkologischer Tumoren ist ein sensibles Thema. In der Apotheke gibt es diskrekte, empathische Beratung. / © Getty Images/PeopleImages
Die Therapie gynäkologischer Tumoren – dazu gehören Brustkrebs genauso wie Zervix-, Vulva- oder Vaginalkarzinome – ist vielschichtig und die zur Verfügung stehenden Optionen sind abhängig von der Tumorentität. Ob chirurgische Verfahren, Chemo-, Strahlen- oder Hormontherapie zum Einsatz kommen, richtet sich nach Art, Stadium beziehungsweise Schweregrad der Erkrankung, der Verteilung der Läsionen, dem individuellen Zustand der Patientin und Vorbehandlungen. Doch so unterschiedlich die Therapieverfahren sein mögen: Nebenwirkungen zeigen sich meist in der Intimzone.
»Großes Problem für die Diagnose: Weil Frühsymptome unspezifisch sind oder ganz fehlen, werden Tumoren wie Zervix-, Vulva- oder Vaginalkarzinome erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert«, sagte Professorin Dr. Monika Hampl, Leiterin der Dysplasie-Einheit an der Frauenklinik St. Elisabeth Köln-Hohenlind und Universitäts-Frauenklinik Düsseldorf, bei einer digitalen Presseveranstaltung des Unternehmens Kaymogyn. »Patientinnen mit pathologischen Veränderungen der Vulva geben Juckreiz, Brennen, Schmerzen oder selten auch Blutungen an. Doch im Vordergrund steht eigentlich der Juckreiz.«
Würden diese Krebserkrankungen zeitiger erkannt, verbesserten sich Prognose und Heilungschancen maßgeblich, erklärte die Gynäkologin. Bei Vulva- und Vaginalkarzinomen spiele präventiv auch die Behandlung und regelmäßige Kontrolle eines Lichen sclerosus eine entscheidende Rolle. »Bei Lichen sclerosus handelt es sich zwar nicht um eine Präkanzerose, jedoch besteht ein erhöhtes Karzinomrisiko. Etwa 4,5 Prozent der differenzierten Plattenepithelkarzinome haben eine 10-jährige entsprechende Vorgeschichte.«
Hampl unterstrich die Bedeutung der leitliniengerechten Therapie und Pflege eines Lichen sclerosus. »Topische Glucocorticoide scheinen das Risiko der Karzinomentwicklung zu verringern. Zusätzlich lindert eine rückfettende Hautpflege in Form von Schutzsalben nicht nur die Symptome und schützt die Intimhaut, sondern senkt auch den Steroid-Verbrauch«, berichtete sie von ihrer langjährigen Praxiserfahrung. Hampl empfiehlt regelmäßige Nachkontrollen, da Lichen sclerosus eine relativ hohe Rezidivneigung habe.
Als weitere Vorsorgemaßnahme betonte sie die Bedeutung der Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV) – auch für jene nach dem Kinder- und Jugendalter. »HPV-Tumoren treten heutzutage häufiger auf. Zu 60 Prozent sitzen die Viren vor allem in der Vulva- und Urethraregion. Warum das so ist, wissen wir derzeit noch nicht.« Piercings in der Genitalregion sieht sie äußerst kritisch: »Sie wirken wie ein Docht für die Papillomaviren.«
Und noch einen negativen Trend beklagte Hampl: Weil immer weniger junge Frauen mit oralen Kontrazeptiva verhüten, erachten sie den regelmäßigen Frauenarztbesuch als nicht mehr notwendig. »Tatsache ist, dass wir junge Frauen weniger in der Praxis sehen. Insofern finden auch weniger Kontrolluntersuchungen statt.« In jedem Fall seien anhaltender Juckreiz oder tastbare Veränderungen – auch in der Analregion – Alarmsignale, die in der gynäkologischen Praxis abzuklären sind.
Auch die Nachsorge von Krebserkrankungen spielt eine entscheidende Rolle für den Genesungsprozess. Die jeweiligen Leitlinien der verschiedenen Tumorentitäten geben Empfehlungen für angemessene Untersuchungsintervalle. Das Ziel der Nachsorge ist jedoch nicht nur das frühzeitige Erkennen von Rezidiven, sondern dient auch dazu, die Beschwerden der Patientin zu erfassen. »Wir wollen in der Praxis Maßnahmen finden, die dazu beitragen, dass die Patientin sich besser fühlt«, erläuterte Gynäkologin Dr. Martina Winter vom medizinischen Versorgungszentrum Berlin.
In der Tat bleiben Operationen oder Bestrahlungen nicht ohne Folgen. Die Patientinnen klagen häufig über Schmerzen, Inkontinenz oder extreme Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und haben radiogene Zystitiden, also Blasenentzündungen aufgrund der Strahlentherapie, oder Stenosen. Ein Estrogenmangel etwa durch die Entfernung der Eierstöcke oder durch die antihormonelle Therapie beim Mammakarzinom verursachen eine Minderdurchblutung der Vagina und Vulva und somit eine extreme Scheidentrockenheit bis hin zu Schmerzen.
Weil die Durchblutung des Gewebes und die vaginale Sekretion heruntergefahren werden, verändern sich die Schleimhäute in ihrem Aufbau. Der Estrogenmangel dünnt die Epithelzellen aus; vor allem die Schicht der oben aufliegenden Superfizialzellen nimmt in ihrer Breite und damit in ihrem Schutzeffekt ab. Dies bewirkt wiederum eine Drosselung der Glykogenproduktion – die die Laktobazillen eigentlich brauchen, um Milchsäure herzustellen. In der Folge sinkt der Vaginal-pH-Wert.
Weil sich die Schleimhaut nicht nur im Vaginalbereich verändert, sondern auch im unteren Harntrakt um den Eingang der Harnröhre, erwachsen folgende Beschwerden: Schmerzen beim Urinieren, gesteigerter Harndrang oder häufigere Toilettengänge, erklärte Winter. Hier gilt es, mit geeigneten Präparaten gegenzusteuern – genauso wie mit einer sensiblen und empathischen Beratung in der Apotheke, die den Problemen, Ängsten und Sorgen der Kundin Raum gibt.
Bei durch Strahlen- oder Chemotherapie-bedingter Vaginaltrockenheit und -atrophie können Präparate, die die Intimhaut mit Feuchtigkeit versorgen, Abhilfe schaffen. Winter sieht einen hohen Versorgungbedarf an hormonfreien Topika (wie von Deumavan®, als Schutzsalbe, Pflegecreme, Vaginalovula). Schließlich stünden viele Frauen zum Beispiel mit Mammakarzinom Hormonen kritisch gegenüber, obwohl sie es vaginal anwenden dürften. »Insbesondere bei Patientinnen mit Angst vor Östrogenen sind befeuchtend-rückfettende Präparate mit Hyaluronsäure, Aloe vera und Mandelöl eine wunderbare Alternative.« Lipide wie Mandelöl beruhigen, ziehen einen pflegenden Film auf die gereizte Vaginalhaut auf und dämmen Feuchtigkeitsverluste ein.
Hydrophile vernetzte Polymere wie Hyaluronsäure bleiben an der Vaginalwand haften und hydratisieren die Schleimhaut. Das habe laut der Expertin positive Auswirkungen auf die Ausreifung des Vaginalepithels. Klinisch ist eine rasche Verbesserung der Trockenheitssymptome dokumentiert. Generell empfiehlt sie, zeitig mit der hormonfreien Lokaltherapie gegenzusteuern. Das gelte besonders für Frauen mit einer Chemo- oder Strahlentherapie. »Hier kann schon vorbeugend aufgetragen werden, um Schäden gering zu halten.«