PTA-Forum online
Neue Arzneistoffe im Juli

Ivosidenib und Mirikizumab

Ein Krebsmedikament und ein neues Mittel für die Behandlung von Colitis ulcerosa: Das ist die Ausbeute an neuen Arzneistoffen im Monat Juli.
Sven Siebenand
21.07.2023  08:00 Uhr

Ivosidenib (Tibsovo® 250 mg Filmtabletten, Servier) ist der einzige in Europa zugelassene Isocitrat-Dehydrogenase-1- (IDH1-) Inhibitor. Mutiertes IDH1 wandelt Alpha-Ketoglutarat in den Onkometaboliten 2-Hydroxyglutarat um, welches die zelluläre Differenzierung blockiert und die Tumorentstehung sowohl bei hämatologischen als auch bei nicht hämatologischen Malignomen fördert.

Ivosidenib kommt bei IDH1-mutierter akuter myeloischer Leukämie (AML) und IDH1-mutiertem Cholangiokarzinom, einem Tumor des Gallengangsystems, infrage. Im ersten Fall ist der neue Wirkstoff in Kombination mit Azacitidin zur Behandlung Erwachsener mit neu diagnostizierter AML mit einer IDH1 R132-Mutation, die für eine Standard-Induktionschemotherapie nicht geeignet sind, zugelassen. Im zweiten Fall erfolgte die Zulassung als Monotherapie zur Behandlung Erwachsener mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Cholangiokarzinom mit einer IDH1 R132-Mutation, die zuvor bereits mit mindestens einer systemischen Therapie behandelt worden sind. In beiden Indikationen muss vor Therapiestart die entsprechende Mutation per Test nachgewiesen worden sein.

Grapefruit meiden

Die empfohlene Dosis liegt bei 500 mg Ivosidenib, also zwei Filmtabletten, einmal täglich. Die Patienten sollten zwei Stunden vor und eine Stunde nach der Einnahme nichts essen und während der Behandlung mit dem neuen Medikament Grapefruit und Grapefruitsaft vermeiden. Bei schwerer Nierenfunktionsstörung sowie bei mäßiger bis schwerer Leberfunktionsstörung darf Ivosidenib nur mit Vorsicht und unter engmaschiger Überwachung zum Einsatz kommen.

Unter Behandlung mit Ivosidenib kann es zur Verlängerung des QTC-Intervalls am Herzen kommen. Daher ist vor Therapiebeginn und auch unter Therapie mit Ivosidenib an eine regelmäßige Erstellung eines Elektrokardiogramms (EKG) zu denken. Patienten sollten die Anzeichen und Symptome einer QT-Verlängerung kennen. Die gleichzeitige Einnahme von Arzneimitteln, die das QTC-Intervall ebenfalls verlängern, ist zu vermeiden. Das gilt auch für die Kombination mit moderaten oder starken CYP3A4-Hemmern, die das Risiko einer QTC-Intervallverlängerung auch erhöhen. Kontraindiziert ist Tibsovo unter anderem bei angeborenem Long-QT-Syndrom sowie einem QT/QTC-Intervall > 500 ms, unabhängig von der Korrekturmethode.

Wenn die Kombination mit moderaten oder starken CYP3A4-Hemmern nicht vermieden werden kann, sollte die Dosis auf einmal täglich 250 mg Wirkstoff reduziert werden. In Sachen Wechselwirkungen ist ferner zu berücksichtigen, dass die Kombination mit starken CYP3A4-Induktoren kontraindiziert ist, weil diese die Plasmaspiegel von Ivosidenib zu stark reduzieren und damit die Wirksamkeit gefährden. Ferner kann der neue Wirkstoff die systemische Exposition gegenüber Wirkstoffen, die überwiegend durch p-Glykoprotein transportiert werden, verändern. Die Kombination mit Dabigatran ist daher kontraindiziert.

Die in Studien am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen waren Erbrechen, Neutropenie, Thrombozytopenie, QT-Verlängerung und Schlaflosigkeit. Die Fachinformation geht zudem auf die Möglichkeit eines sogenannten Differenzierungssyndroms bei AML-Patienten ein. Dieses geht mit einer schnellen Proliferation und Differenzierung von myeloischen Zellen einher. Zu den Symptomen zählen etwa periphere Ödeme, Pyrexie, Dyspnoe und Hypotonie. Patienten sollten diese Symptome kennen und beim Auftreten sich an den Arzt wenden. Zudem sollten sie die Patientenkarte zur sicheren Anwendung stets bei sich tragen.

Frauen im gebärfähigen Alter und Männer mit Partnerinnen im gebärfähigen Alter müssen während der Therapie mit Tibsovo und für mindestens einen Monat danach eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Zu bedenken ist ferner, dass Ivosidenib die systemische Konzentration von hormonellen Verhütungsmitteln vermindern kann. Nicht empfohlen wird der Einsatz des neuen Medikaments in der Schwangerschaft. Auch das Stillen ist unter Ivosidenib für mindestens einen Monat nach der letzten Dosis zu unterbrechen.

Neu bei Colitis ulcerosa

Für die Behandlung von Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer aktiver Colitis ulcerosa (CU), die auf eine konventionelle oder eine Biologika-Therapie unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträglichkeit zeigen, ist der neue Antikörper Mirikizumab (Omvoh®, Lilly Pharma) zugelassen.

Mirikizumab ist ein Interleukin- (IL-) 23-Antikörper. Dieses Zytokin gilt als ein Schlüsselzytokin in der Pathogenese der CU. Wird es gehemmt, kann ein übermäßiges Entzündungsgeschehen gedrosselt werden. Mirikizumab ist nicht der erste IL-23-Antikörper. Bei Psoriasis sind andere gegen IL-23 gerichtete Antikörper zugelassen und für CU kommt auch Ustekinumab infrage, das an die p40-Untereinheit sowohl von IL-12 als auch IL-23 bindet. Mirikizumab bindet stattdessen selektiv an die p19-Untereinheit von IL-23 und hemmt dessen Wechselwirkung mit dem IL-23-Rezeptor.

Intravenös und subkutan

Das empfohlene Dosierungsschema für Mirikizumab ist zweistufig. Die Induktionsdosis beträgt jeweils 300 mg als intravenöse Infusion über mindestens 30 Minuten in den Wochen 0, 4 und 8. Die Erhaltungsdosis beträgt 200 mg (entspricht zwei Fertigspritzen oder zwei Fertigpens) als subkutane Injektion alle vier Wochen nach Abschluss der Induktionsphase. Zum 15. Juli wurde nun zunächst das Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung in den Handel eingeführt. Es ist davon auszugehen, dass die Injektionslösung für die subkutane Gabe in der Erhaltungsphase rasch folgen wird. Die subkutanen Gaben dürfen sich die Patienten nach einer Schulung selbst verabreichen. Mögliche Injektionsstellen sind der Bauch, der Oberschenkel und die Rückseite des Oberarms. Wichtig ist, dass die Injektionsstellen rotieren.

Eine Dosisanpassung bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion ist im Falle von Mirikizumab nicht erforderlich. Kontraindiziert ist der Antikörper bei Vorliegen einer klinisch bedeutsamen Infektion. Deshalb sollten die Patienten vor Therapiebeginn auch auf eine Tuberkulose-Infektion getestet werden. Grundsätzlich kann der Antikörper das Risiko einer schweren Infektion erhöhen. Wenn sich unter Therapie eine schwere Infektion entwickelt, sollte der Arzt das Absetzen von Mirikizumab in Erwägung ziehen bis die Infektion abgeklungen ist.

Die häufigsten Nebenwirkungen des Antikörpers sind Infektionen der oberen Atemwege, Kopfschmerz, Hautausschlag und Reaktionen an der Injektionsstelle. Besondere Warnhinweise in der Fachinformation von Omvoh finden sich unter anderem auch zu hepatischen Enzymerhöhungen und zum Thema Impfungen. Die Leberenzyme und Bilirubin sollten vor Behandlungsbeginn bestimmt werden und danach weiter im Blick behalten werden. Lebendimpfstoffe sollten bei Patienten unter Mirikizumab vermieden werden.

Frauen im gebärfähigen Alter wird geraten, während und für mindestens zehn Wochen nach der Behandlung eine zuverlässige Verhütungsmethode anzuwenden. Aus Vorsichtsgründen sollte die Anwendung des neuen Medikaments in der Schwangerschaft vermieden werden. Zum Thema Stillzeit heißt es in der Fachinformation: »Es ist nicht bekannt, ob Mirikizumab in die Muttermilch übergeht. Es ist bekannt, dass humane IgG-Antikörper in den ersten Tagen nach der Geburt in die Muttermilch übergehen, die kurze Zeit später niedrige Konzentrationen erreichen; folglich kann ein Risiko für den gestillten Säugling während dieses kurzen Zeitraums nicht ausgeschlossen werden. Es muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Omvoh verzichtet werden soll beziehungsweise die Behandlung zu unterbrechen ist. Dabei soll sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau berücksichtigt werden.« Omvoh ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C zu lagern.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa