Jetzt geh ich zum Chef! |
Bereiten Sie sich auf das Gespräch mit Ihrem Chef intensiv vor. Notieren Sie zunächst alle Punkte, die Sie ansprechen möchten. Schreiben Sie auf, welche Verhaltensweisen des Kollegen nicht länger akzeptabel sind und welche negativen Auswirkungen sich daraus für Ihre Arbeit, für das Team oder für Kunden ergeben. Überlegen Sie dann, mit welchen Worten Sie Ihre Beschwerde formulieren wollen. Versuchen Sie bei Bedarf, Kollegen als Zeugen zu gewinnen. Nur so können Sie das negative Verhalten beweisen, falls der Kollege Ihre Darstellungen bestreitet. Wenn sich andere Kollegen auf Ihre Seite stellen, merkt der Kollege auch, dass sein Verhalten nicht nur Sie, sondern auch andere Mitarbeitende stört.
Durchdenken Sie bei der Vorbereitung aber auch Ihr eigenes Verhalten. Fragen Sie sich selbstkritisch, ob Sie durch Ihr Verhalten vielleicht teilweise selbst zur Entstehung der negativen Situation beigetragen haben. Notieren Sie dann alle Lösungs- und Verbesserungsvorschläge, die Sie Ihrem Chef unterbreiten möchten, damit das Gespräch mit einem konstruktiven Ergebnis endet. Nehmen Sie Ihre Notizen bei Bedarf mit in das Gespräch, damit Sie nichts Wichtiges vergessen.
Beginnen Sie das Gespräch mit einer positiven Aussage über Ihre Arbeit. Sagen Sie kurz, was Sie an Ihrer Arbeit mögen und nennen Sie konkrete Punkte. So schaffen Sie eine positive Gesprächsatmosphäre. Erwähnen Sie dann, dass es einen Punkt gibt, mit dem Sie unzufrieden sind. Beschreiben Sie dann das negative Verhalten des Kollegen und zeigen Sie die Auswirkungen auf Kunden, andere Kollegen, Arbeitsabläufe oder Arbeitsqualität auf.
Hier gilt der Grundsatz: Beschwerden immer sachlich und nie persönlich formulieren! Nicht die Person, sondern die sachlichen Auswirkungen des störenden Verhaltens ansprechen! Verzichten Sie bewusst auf emotional formulierte Vorwürfe, abwertende Bemerkungen und Sarkasmus. Betonen Sie, dass Sie nach einer konstruktiven Lösung suchen. Nennen Sie dann Ihre Lösungs- und Verbesserungsvorschläge und stellen Sie die Vorteile dieser Vorschläge dar.
Wenn Sie keine eigenen Lösungsansätze haben, fragen Sie Ihren Chef: »Haben Sie eine Idee, wie das Problem gelöst werden kann?« Versuchen Sie, im Laufe des Gesprächs zu einer verbindlichen Vereinbarung zu kommen. Bitten Sie Ihren Chef, ein Gespräch mit dem betreffenden Kollegen zu führen. Ihr Kollege hat dann im Einzelgespräch Gelegenheit, sich zu der Beschwerde zu äußern. In einem anschließenden gemeinsamen Gespräch lässt sich dann häufig eine Lösung finden, wenn beide Beteiligten konstruktive Lösungsvorschläge machen und zu Kompromissen bereit sind. Wenn das nicht gelingt oder wenn das persönliche Verhältnis zum Kollegen bereits sehr angespannt ist, kann es im Einzelfall sinnvoll sein, einen externen Coach oder einen Psychologen als neutrale Person zu den Gesprächen hinzuzuziehen.
Falls das gesamte Team unter dem Verhalten des Kollegen leidet, so können Sie die Beschwerde auch gemeinsam mit den Kollegen vorbringen. Die zentrale Aussage lautet dann: »Das gesamte Team leidet unter dem Verhalten des Kollegen. Wir halten es daher für erforderlich, Sie zu informieren. Außerdem möchten wir für Verfehlungen des Kollegen nicht mitverantwortlich sein, weil wir sein Verhalten geduldet haben.« Bei einer gemeinsamen Beschwerde ist jedes einzelne Teammitglied weniger angreifbar. Allerdings kann der kritisierte Kollege durch die gemeinsame Beschwerde schnell zum Außenseiter werden, wenn er erfährt, dass sich das gesamte Team über ihn beschwert hat.
Wenn es um ein besonders schwieriges Thema geht oder wenn Ihnen das persönliche Gespräch mit dem Chef unangenehm ist, können Sie Ihre Beschwerde auch schriftlich formulieren und Ihrem Chef einen Brief übergeben. Anders als im persönlichen Gespräch muss Ihr Chef in diesem Fall nicht sofort auf Ihre Aussagen reagieren, er kann zunächst in Ruhe über Ihre Vorschläge nachdenken. Er wird Sie dann vermutlich in den folgenden Tagen von sich aus ansprechen, um mit Ihnen eine Lösung zu finden.