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Lichen sclerosus
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Jucken und Brennen im Intimbereich genau hinterfragen

Lichen sclerosus wird oft erst spät erkannt. Dabei ist die Hauterkrankung im Genitalbereich gut zu behandeln. Die neue S3-Leitlinie legt großen Wert auf frühzeitige Therapie mit hochpotenten Glucocorticoid-haltigen Salben, mehr Austausch zwischen Gynäkologen und Dermatologen sowie begleitende Pflege.
AutorKontaktBarbara Erbe
Datum 11.12.2025  08:00 Uhr

Wenn es im Schritt juckt oder schmerzt, gehen Laien und auch Mediziner häufig erst einmal von einer Pilzerkrankung aus. Vor allem betroffene Frauen verlangen dann oft in der Offizin rezeptfreie Antimykotika wie Clotrimazol, ohne vorher überhaupt ärztlichen Rat gesucht zu haben. »Das ist vermutlich in mehr als der Hälfte der Fälle falsch«, erklärte Professor Dr. Werner Mendling, Gründer des Deutschen Zentrums für Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe an der Landesfrauenklinik des Helios Universitätsklinikums Wuppertal.

Im Beratungsgespräch sollte die PTA die Symptome deshalb immer hinterfragen und darüber informieren, dass es neben Pilzerkrankungen diverse andere Ursachen für die beschriebenen Beschwerden gibt. »So beispielsweise psychosozialen Stress, aber auch Neurodermitis oder eben Lichen sclerosus und Lichen planus, zwei unterschiedliche Autoimmunerkrankungen mit Juckreiz, Brennen und Hautveränderungen«, informierte der Gynäkologe im Gespräch mit PTA-Forum.

Mendling schätzt, dass etwa 1 bis 3 Prozent aller Frauen an der »trockenen Flechte« leiden, wie die griechische Bezeichnung Lichen sclerosus ins Deutsche übersetzt heißt. Dass die Krankheit – die auch bei Männern und Kindern vorkommt, wenn auch nicht so häufig – oft sehr spät oder gar nicht richtig festgestellt werde, liege daran, dass ihre Symptome zwar unter Dermatologen, nicht aber unter Gynäkologen bekannt seien: hartnäckiger Juckreiz mit Wundgefühl und Schmerzen vor allem beim Geschlechtsverkehr, blasse und dünne, also atrophierte Haut, Einblutungen, Verhärtungen, Einrisse und Vernarbungen.

Bei Mädchen und Frauen betreffen die Beschwerden meist die Vulva, bei Männern und Jungen die Vorhaut des Penis, die sich dann nur noch sehr schwer bis gar nicht zurückschieben lässt. Im Laufe der Zeit können auch Eichelhaut und Harnröhrenausgang betroffen sein. Mediziner vermuten eine Reihe von Auslösern, darunter hormonelle, genetische, verletzungsbedingte oder auch autoimmune.

Fokus auf Früherkennung

Die im September unter der gemeinsamen Federführung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) aktualisierte S3-Leitlinie zu Lichen sclerosus will Fachleute und Laien für die Erkrankung stärker sensibilisieren. »Früherkennung und Therapie sind das A und O«, betonte Dr. Gudula Kirtschig, Dermatologin am Medbase Gesundheitszentrum Frauenfeld/Schweiz, die federführend sowohl an der zugrunde liegenden europäischen als auch der deutschen Leitlinie beteiligt war, in einer Pressemitteilung der DDG.

Wenn nicht früh und konsequent behandelt werde, könnten die Folgeschäden für die betroffenen Menschen massiv sein. Zu den möglichen Komplikationen gehören sexuelle Dysfunktion und auch die Entwicklung anogenitaler Karzinome. Auch die psychische Komponente sei nicht zu unterschätzen. »Ängste und psychische Erkrankungen, depressive Phasen, der Verlust des Selbstwertgefühls – diese Begleiterscheinungen dürfen nicht übersehen werden«, so Kirtschig.

Salbe statt Creme

Die neue Leitlinie betont die zentrale Rolle der frühzeitigen Therapie der äußeren Genitalhaut mit potenten Glucocorticoid-haltigen Topika der Klasse III oder IV wie etwa Clobetasolpropionat 0,05 % oder Mometasonfuroat 0,1 %. Dabei empfehlen die Leitlinienautoren Steroide in Salben - anstelle von Cremes oder Lotionen als Grundlage. Das gilt sowohl bei akuten Schüben als auch in der Erhaltungstherapie. Sie bewirkten in der Regel eine rasche Verbesserung der Symptome.

Zusätzlich zur Standardtherapie soll eine Basistherapie mit Emollienzien erfolgen. Die feuchtigkeitsspendenden und hautpflegenden Salben können nach einer initialen Glucocorticoid-Behandlung eine zusätzliche Linderung bewirken. »Wir empfehlen, mindestens zweimal täglich Emollienzien aufzutragen, um die Hautbarriere zu stärken«, sagt Kirtschig. Topika mit pflanzlichen Komponenten, Antihistaminika, Anästhetika und Parfümstoffen sollten LS-Patienten meiden, da ein erhöhtes Risiko einer Kontaktsensibilisierung besteht.

Als zweite Wahl oder zusätzlich nennen die Experten eine topische Therapie mit Calcineurininhibitoren wie Pimecrolimus (1 % Creme) und Tacrolimus (0,1 % und 0,03 % Salbe). Ebenfalls off label ist die topische Anwendung von Retinoiden. Ist eine systemische Therapie erforderlich, sollten Acitretin oder Methotrexat (Teratogenität berücksichtigen) eingesetzt werden (alle off label). Falls die therapeutische Wirkung bei Jungen und Männern nicht überzeugt, empfiehlt die Leitlinie erstmals eine vollständige Entfernung der Vorhaut.

Darüber hinaus sieht die Leitlinie in der Zusammenarbeit mit den Betroffenen einen wichtigen Baustein, um die Therapietreue zu verbessern. Sie sollen durch ausführliche Aufklärung und Informationen nicht nur zu Anatomie und zum Erscheinungsbild der Krankheit, sondern auch zu psychischen Aspekten und Angeboten von Selbsthilfegruppen unterstützt und dazu angeleitet werden, den Verlauf ihrer Krankheit zu beobachten und konstruktiv damit umzugehen, heißt es vonseiten der DDG.

Fachübergreifende Teams

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit, die unbedingt gefördert werden müsse. Nach dem Vorbild interdisziplinärer Kliniken in den Niederlanden, Dänemark oder dem Vereinigten Königreich sollten auch in Deutschland Spezialisten aus Dermatologie, Gynäkologie, Urologie, Kinderchirurgie, Physiotherapie, Psychotherapie und Sexualtherapie zusammenarbeiten.

Das unterstreicht auch Professor Mendling: Die Vulva, also der äußere Bereich der weiblichen primären Geschlechtsorgane, habe bisher »im dermatologisch-gynäkologischen Niemandsland« gelegen. Der Grund: Frauenärzte und Urologen befassten sich in ihrer Ausbildung kaum mit Hauterkrankungen. Dermatologen wiederum täten das zwar, würden aber nur selten konsultiert, wenn Patientinnen oder Patienten an Entzündungen im Anogenitalbereich leiden, schilderte Mendling seine Sicht der Dinge.

Die hauptsächlich in der Vaginaltherapie eingesetzten Laser Fem Touch, Monalisa Touch und Erbium Yak könnten neben der leitliniengerechten Therapie dabei helfen, das Bild und die Elastizität der Haut zu verbessern, also beispielsweise Risse zu vermeiden, Verhornungen zu entfernen und Entzündungen zu beruhigen, wenn die Behandlung mit Salben nicht greift.

Anders als die herkömmliche Therapie muss die Behandlung mit Laser aber in der Regel privat bezahlt werden und ersetzt nicht die leitliniengerechte Behandlung mit Clobetasol. In der erstmaligen Ampelkennzeichnung der Leitlinie erhält die Lasertherapie ein »gelb«, während sie in der Vorgänger-Leitlinie aus dem Jahr 2015 noch »rot« markiert gewesen wäre, wenn die Ampelkennzeichnung damals schon zum Tragen gekommen wäre. »Inzwischen deutet die Datenlage an, dass die Laserbehandlung ungefähr für ein halbes Jahr, manchmal auch ein Jahr lang ein deutlich besseres Wohlbefinden an der Vulva bewirkt«, sagte dazu Mendling. »Allerdings kostet ein einzelner Laserschuss – mindestens drei sind üblich – die Patientinnen zwischen 200 und 400 Euro, die sie selbst bezahlen müssen. Das ist ist nicht für alle eine Option.«

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