Kalte und heiße Knoten in der Schilddrüse |
Knoten in der Schilddrüse können Schluckbeschwerden, Druckgefühl und Heiserkeit verursachen. / Foto: Adobe Stock/RFBSIP
Die Hormone der Schilddrüse steuern zahlreiche Stoffwechselvorgänge. Wenn die Schilddrüse krank ist, merken Patienten das deshalb meist schnell an Störungen im Metabolismus. Bei Knoten ist das jedoch oft nicht der Fall. Sie sind als abgrenzbare herdförmige Veränderungen im homogenen Gewebe der Schilddrüse zu erkennen und beeinflussen oft nicht oder nicht merklich die Hormonproduktion. Schätzungen zufolge haben etwa 25 Prozent der Erwachsenen in Deutschland mindestens einen Knoten in der Schilddrüse. Sie sind in der Regel die Folge eines Jodmangels und werden oft zufällig bei Routineuntersuchungen entdeckt.
Ist der Körper nicht ausreichend mit Jod versorgt, kann sich eine Struma, also eine Vergrößerung der Schilddrüse, bilden. Die Schilddrüse braucht das Spurenelement, um das Hormon Triiodthyronin (T3) und das Prohormon Tetraiodthyronin (T4, L-Thyroxin) herzustellen. Mangelt es an Jod, werden zu wenig dieser Schilddrüsenhormone gebildet. Der Körper steuert gegen, indem er das hormonbildende Schilddrüsengewebe vermehrt. Eine genetische Disposition kann eine weitere Ursache sein, wenn das Schilddrüsengewebe wächst. Es kann sich dann entweder gleichmäßig vermehren oder knotige Areale bilden, die sich vom übrigen Schilddrüsengewebe unterscheiden.
Eine Vergrößerung ohne Knoten ist die Struma diffusa, mit Knoten wird von einer Struma nodosa gesprochen. Kleinere Knoten sieht der Arzt im Ultraschall; größere Wucherungen kann er ertasten. Wenn Knoten immer mehr Platz im Hals beanspruchen, führen sie zu einem Druckgefühl, Schluckbeschwerden oder Heiserkeit. Ist die Struma von außen sichtbar, können das Betroffene als kosmetisch störend empfinden. Für eine optimale Beratung wenden sich Patienten mit Schilddrüsenknoten am besten an interdisziplinäre Einrichtungen. Dort arbeiten Nuklearmediziner und Chirurgen zusammen, die viel Erfahrung mit den möglichen Behandlungen haben.
Je nachdem, ob die Knoten Hormone produzieren oder nicht, werden heiße und warme (aktive) und kalte (inaktive) Knoten unterschieden. Mit einer Schilddrüsen-Szintigrafie kann der Arzt prüfen, wie aktiv das Schilddrüsengewebe ist. Für die Szintigrafie wird dem Patienten eine schwach radioaktive Substanz (radioaktiv markiertes Jod oder Technetium) in eine Vene injiziert. Das Radionuklid reichert sich dann in den Schilddrüsenzellen an. Die Bereiche des Organs, die besonders aktiv sind, leuchten im Szintigramm gelb oder rot. Kaum oder gar nicht aktive Bereiche erscheinen violett bis blau. Diese kalten Knoten sind allerdings erst sichtbar, wenn sie größer als 1 cm sind.
Die gute Nachricht ist, dass die meisten Schilddrüsenknoten in Deutschland gutartig sind. Schilddrüsenkrebs kommt nur selten vor. Ob ein gutartiger heißer Knoten behandlungsbedürftig ist oder nicht, hängt von der klinischen Symptomatik ab. Die Knoten produzieren als autonome Adenome unabhängig vom Bedarf des Körpers Hormone. Bei nur einem heißen Knoten spricht man von einer unifokalen Autonomie und von einer multifokalen Autonomie, wenn mehrere solcher Knoten vorhanden sind.
Solange Patienten keine Überfunktion entwickeln und die Organvergrößerung keine Probleme verursacht, heißt die Strategie: »Watch and wait.« Es wird also beobachtend abgewartet und der Patient erscheint zu regelmäßigen Kontrollterminen. Wenn die Schilddrüse immer mehr Hormone herstellt, sieht der Arzt bei Verlaufskontrollen im Blutbild, dass der Wert des Thyroidea stimulierenden Hormons (TSH) absinkt.
In etwa einem Drittel der Fälle entsteht bei einem heißen Knoten eine latente oder manifeste Überfunktion. Bei einer latenten Überfunktion ist TSH erniedrigt, die Werte der freien Schilddrüsenhormone sind normal. In diesem Stadium treten meist noch keine klinisch relevanten Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion wie starkes Schwitzen, Herzrasen, Durchfall, Reizbarkeit, Unruhe oder Gewichtsverlust auf. Eine latente Überfunktion kann unbehandelt bleiben, allerdings gilt dies nicht für Senioren. Bei ihnen drohen sonst Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System etwa in Form von Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern und das Risiko für Schlaganfälle sowie für Herzversagen und Herzinsuffizienz ist erhöht. Eine Überfunktion beschleunigt zudem den Knochenumbau und es kann leichter eine Osteoporose entstehen.
Eine manifeste Überfunktion haben Patienten, bei denen die Werte der freien Schilddrüsenhormone erhöht, der TSH-Wert aber erniedrigt ist. Dann ist definitiv eine Behandlung angezeigt. Das kann bedeuten, dass die Schilddrüse ganz oder teilweise operativ entfernt werden muss. Eine Alternative ist die Radiojodtherapie. Patienten erhalten dazu während eines stationären Aufenthalts radioaktives Jod in Form einer oder mehrerer Kapseln. Das radioaktive Jod wird in die Schilddrüsenzellen aufgenommen und gibt dort Beta-Strahlen ab. Diese schädigen die kranken Schilddrüsenzellen und verschonen bei idealer Dosierung weitgehend die gesunden Zellen. Zu beachten ist, dass die Wirkung erst nach Wochen bis Monaten eintritt. Für Schwangere, Stillende und Kinder ist die Behandlung nicht geeignet. Frauen mit Kinderwunsch sollten nach einer Radiojodtherapie noch mindestens sechs Monate warten, bevor sie schwanger werden. Diese Vorsichtsmaßnahme soll sicherstellen, dass sich vor der Schwangerschaft wieder eine stabile Schilddrüsenhormonlage eingestellt hat.
Eine weitere Einschränkung ist, dass gemäß der Strahlenschutzverordnung die Therapie nur in spezialisierten Einrichtungen erfolgen darf. Patienten müssen eine »Quarantäne« einhalten. Das ist notwendig, da sich in ihren Ausscheidungen und ihrer Atemluft noch mindestens 48 Stunden nach Einnahme einer Kapsel radioaktive Strahlung befindet. Vorteilhaft bei der Radiojodtherapie ist, dass das Verfahren nicht-invasiv ist und der Stimmbandnerv und die Nebenschilddrüsen keinen Schaden nehmen. Eine weitere Option, Knoten zu zerstören, sind die thermoablativen Verfahren. Bei diesen minimal-invasiven Behandlungsmethoden werden die Knoten lokal mit Hitze behandelt. Das Gewebe wird geschädigt und kann von den körpereigenen Abwehrzellen abgebaut werden. Der Knoten verkleinert sich, ohne das benachbartes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen wird.
Thermoablation kommt allerdings nur für Patienten mit einem oder wenigen Knoten infrage, da jeder Knoten einzeln behandelt werden muss. Je nach Hitzequelle werden verschiedene thermoablative Verfahren unterschieden, etwa Ultraschalltherapie/Echotherapie (HIFU), Radiofrequenzablation (RFA), Mikrowellenablation oder Laserablation. HIFU arbeitet mit gebündelten Ultraschallwellen, während bei der RFA unter örtlicher Betäubung eine Sonde in den Knoten gesetzt wird, deren Spitze hochfrequenten Wechselstrom freisetzt. Bei der Laserablation erhitzt ein stark gebündelter Lichtstrahl einer bestimmten Wellenlänge den Knoten. Bei der Mikrowellenablation führt der Arzt über einen kleinen Schnitt unter örtlicher Betäubung eine Nadel in den Knoten ein. Diese erzeugt Mikrowellen und die entstehende Wärme reduziert den Knoten. Ob die Thermoablation der Radiotherapie überlegen oder zumindest gleichwertig sind, muss noch gezeigt werden. Die Verfahren können nur eingesetzt werden, wenn Knoten nicht bösartig sind.
Wenn das wuchernde Gewebe inaktiv und funktionslos ist, spricht man von einem kalten Knoten. Sie können ein Hinweis auf Schilddrüsenkrebs sein. Allerdings sind die meisten kalten Knoten gutartig. Krebs liegt nur in etwa 5 Prozent der Fälle vor. Bei kleinen kalten Knoten bekommen viele Patienten eine Kombinationsbehandlung aus Jod und Schilddrüsenhormonen verordnet. Der Knoten wächst dann nicht weiter und verkleinert sich im Idealfall sogar. Die Jod-Einnahme ist indiziert, da ein Viertel der Patienten mit Schilddrüsenknoten einen Jodmangel aufweist. Studien zeigen zudem, dass die Kombinationstherapie sowohl einer alleinigen Behandlung mit Jod als auch mit Schilddrüsenhormonen überlegen ist. Betroffene nehmen die Arzneimittel meist ein Jahr lang ein. Danach überprüft der Arzt, wie effektiv die Behandlung ist. In vielen Fällen reicht es dann aus, nur noch das Jodpräparat einzunehmen. Ein kalter Knoten muss operiert werden, wenn er bösartig ist, wenn das vergrößerte Gewebe andere Strukturen wie die Luftröhre einengt oder wenn der Patient unter verstärkten Beschwerden etwa beim Schlucken leidet. Eine Radiotherapie ist keine Option, da kalte Knoten inaktiv sind und weder Jod noch die radioaktive Substanz speichern.
Besteht der Verdacht auf Schilddrüsenkrebs, führen Ärzte weitere Untersuchungen wie die Feinnadelpunktion durch. Mit einer dünnen Nadel werden dazu Zellen aus dem Schilddrüsenknoten entnommen. Früh genug erkannt, lässt sich die Krebserkrankung gut behandeln. Die Therapie besteht in der Regel in einer operativen, kompletten Entfernung der Schilddrüse. Erfahrene Chirurgen überwachen die Stimmbandnerven während der Operation, damit diese keinen Schaden nehmen. Bei minimalinvasiven Verfahren oder Zugangswegen über Achsel, Brust oder Mund sind später am Hals nur geringe oder gar keine Narben erkennbar. An die Operation schließt sich oft eine Radiojodtherapie an. Ist noch Schilddrüsenkrebsgewebe vorhanden, reichert sich das radioaktive Jod in den Zellen an und zerstört sie. /
Viele Schilddrüsenknoten entstehen, weil Menschen nicht ausreichend mit Jod versorgt sind. Der Bedarf an dem Spurenelement verändert sich im Laufe des Lebens. Erwachsene bis 51 Jahre nehmen nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) idealerweise täglich 200 Mikrogramm, ältere Menschen 180 Mikrogramm auf. Eine ausreichende Zufuhr ist besonders wichtig für Kinder, Jugendliche, Schwangere und Stillende. Frauen in der Schwangerschaft und Stillzeit haben einen höheren Bedarf, da auch ihr Kind gut versorgt sein muss. Jod ist in relevanten Mengen in Seefisch, Meeresfrüchten und Algen enthalten. Um den Bedarf zu decken, kann zusätzlich auf mit Jod angereicherte Lebensmittel und jodiertes Speisesalz zurückgegriffen werden. Nach Rücksprache mit dem Arzt können Patienten Jod auch in Form von Tabletten supplementieren.