Kann Singen die Symptome bei COPD verbessern? |
Die spezielle Atemtechnik beim Singen kann Lungenfunktionsparameter und die allgemeine Lebensqualität bei Menschen mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung verbessern. / Foto: Shotshop/HighwayStarz
Das Team um Studienautor Xuejie Fang vom Qingdao Municipal Hospital hat sich die Wirkung von Gesangstraining auf die körperliche und mentale gesundheitsbezogene Lebensqualität, die körperliche Leistungsfähigkeit und Lungenfunktionsmerkmale wie die Atemmuskulatur angeschaut. Außerdem untersuchten die Forscher die Wirkung des Singens auf Angstzustände und Depressionen der Studienteilnehmenden. Dazu durchsuchten sie acht verschiedene Datenbanken nach Studien, in denen Singübungen die Hauptintervention bei Patienten mit stabiler COPD waren.
Eingeschlossen wurden fünf methodisch gute Studien aus den Jahren 2009 bis 2022 mit insgesamt 333 Probanden. Von diesen erhielten 177 Probanden Singübungen als Hauptintervention und 156 keine oder eine andere Intervention. Die Übungen wurden je nach Studie ein- bis zweimal pro Woche über einen Zeitraum zwischen sechs und 24 Wochen durchgeführt und dauerten meist 60 Minuten.
Die Meta-Analyse kam zu dem Ergebnis, dass Singen die körperliche gesundheitsbezogene Lebensqualität und die Lungenfunktion bei COPD-Betroffenen im Vergleich zur Kontrollgruppe statistisch signifikant verbessern konnte.
Eine Studie zeigte zudem, dass das Singen die Atemmuskulatur signifikant verbesserte. Die Probanden der Interventionsgruppe hatten bessere FEV1-Werte (Einsekundenkapazität), und erreichten höhere Werte beim maximalen Ausatemdruck als diejenigen in der Vergleichsgruppe. Die Atemmuskulatur steht in engem Zusammenhang mit der Lungenfunktion von COPD-Patienten, was auf die Wirksamkeit des Singens zur Verbesserung der Lungenfunktion schließen lässt.
Singen zeichnet sich durch geschürzte Lippen und Zwerchfellatmung aus. Beim Singen atmet man nicht in die Brust, sondern in den Bauch, also in den unteren Teil der Lunge. Dabei senkt sich das Zwerchfell und drückt die darunter liegenden Eingeweide nach unten – so hat die Lunge Platz, sich zu entfalten. Durch die Tiefatmung werden zudem die unteren Teile der Lunge, die Alveolen, belüftet. Das erhöht die Sauerstoffsättigung und kurbelt den Kreislauf an.
Atmen mit geschürzten Lippen wird in pulmonalen Rehabilitationsprogrammen häufig eingesetzt, um dem Ausatmungsstrom einen Widerstand entgegenzusetzen. Dieser soll einen frühzeitigen Bronchialkollaps verhindern, und der bewusste Einsatz des Zwerchfells während der Atmung erhöht die Lungenkapazität.
Der Effekt auf Ängste, Depression und körperliche Leistungsfähigkeit war zwar auch positiv, jedoch nicht signifikant im Vergleich zu den Teilnehmern in der Kontrollgruppe. Diese Erkenntnis steht im Kontrast zu der bisherigen Annahme, dass ein Teil der positiven Effekte des Singens für COPD-Patienten durch psychologische Faktoren zustande kommt. So bemerken die Studienautoren, dass viele Teilnehmer zwar eine Verbesserung ihres psychischen Zustands wahrnahmen (vor allem jene, die sehr gut im Singen waren), sich dies aber nicht in den objektiv gemessenen Daten widerspiegelte. Wahrscheinlich konnte der Zusammenhang aufgrund der unzureichenden Stichprobengröße nicht bestätigt werden, schreiben die Forscher.
Die Erhaltung und Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist für Menschen mit COPD extrem wichtig. Gefürchtet ist, dass sich ein Teufelskreis aus körperlicher Schonung und Muskelatrophie entwickelt. Studien haben gezeigt, dass Singen ähnliche Anforderungen an Stoffwechsel und Kreislauf stellt wie ein flotter Spaziergang. Dennoch hat die Meta-Analyse gezeigt, dass Singen allein keine statistisch signifikante Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit bewirkte. In Kombination mit Lungenrehabilitation allerdings schon, das legen einige Untersuchungen zu dieser Frage nahe. Hier seien weitere Studien von hoher Qualität mit größeren Teilnehmerzahlen nötig, schreiben die Forscher.
Die Autoren adressieren die Limitationen ihrer Studie. Zum einen weisen die einzelnen Studien unterschiedliche Stichprobengrößen und -charakteristika sowie verschiedene Studienprotokolle auf, was zu einer Heterogenität führt und die Forschungsergebnisse beeinflusst. Die Forscher stellten außerdem einen zeitabhängigen Nutzen des Singens fest, der allerdings aufgrund von ungenügenden Daten nicht bestätigt werden konnte. Schließlich konzentrierte sich diese Studie auf die klinische Wirkung des Gesangstrainings bei COPD-Patienten, der spezifische Mechanismus dieser Wirkung muss aber noch weiter erforscht werden.
Die Ergebnisse der Meta-Analyse legen insgesamt nahe, dass Gesangstraining dazu beitragen kann, bei Menschen mit COPD die körperliche gesundheitsbezogene Lebensqualität zu verbessern und die Atemmuskulatur zu stärken. Gleichzeitig deuten das Fehlen von Nebenwirkungen und die hohen Abschlussraten der Studie darauf hin, dass Singen eine wirksame, sichere und zudem kostengünstige Therapieergänzung sein kann. Die Forscher konnten jedoch nicht feststellen, dass Singen zu einer besseren Adhärenz führte als andere Interventionen.