Kein grünes Licht für Alzheimer-Antikörper |
Lecanemab ist ein Antikörper, der das Fortschreiten von Alzheimer verlangsamen soll. / Foto: Getty Images/Science Photo Library
Die EU-Arzneimittelbehörde EMA spricht keine Zulassungsempfehlung für den Alzheimer-Antikörper Lecanemab aus. Das Risiko schwerer Nebenwirkungen sei höher zu bewerten als die erwartete positive Wirkung, teilte die EMA mit. Dabei verwies die Behörde insbesondere auf mögliche Wassereinlagerungen und Blutungen im Gehirn von Menschen, die mit dem Präparat behandelt werden. In der Regel folgt die Europäische Kommission, die letztlich über die Zulassung entscheidet, dem Votum des Expertenrats, der Rücksprache mit Neurologen und Betroffenen gehalten hatte.
Lecanemab – Handelsname Leqembi® – steht in den USA schon seit Anfang 2023 zur Verfügung, zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit im Frühstadium. Die Therapie bessert zwar nicht die Symptome, kann den Krankheitsverlauf in diesem Stadium aber etwas abbremsen.
In der wichtigsten Studie, die dem Antrag zugrunde liegt, wurden 1795 Patienten mit früher Alzheimer-Diagnose und nachgewiesenen ß-Amyloid-Plaques im Gehirn mit dem Antikörper oder Placebo behandelt. Nach 18 Monaten wurden Veränderungen in der Demenz-Bewertungs-Skala CDR-SB gemessen. Die Skala reicht von 0 bis 18 – je mehr Punkte, desto schlimmer die Erkrankung. In der Placebo-Gruppe stieg der Score innerhalb von 18 Monaten um 1,66 Punkte; unter Leqembi um 1,21. Die EMA bewertet den Effekt als gering.
Infrage käme der Antikörper nur für einen sehr begrenzten Kreis von Alzheimer-Patienten, nach Einschätzung von Experten für weniger als zehn Prozent. In Deutschland sind Schätzungen zufolge etwa eine Million Menschen von der Alzheimer-Krankheit betroffen.
Zu den Nebenwirkungen zählen Amyloid-bedingten Bildgebungsanomalien (ARIA), bei denen es zu Mikroblutungen und Ödemen im Gehirn kommt. Daher muss eine Therapie regelmäßig mit Untersuchungen per Kernspin (MRT) kontrolliert werden. Der zuständige Ausschuss der EMA entschied nach Mitteilung der Behörde, »dass der beobachtete Effekt des Präparats beim Abbremsen des kognitiven Verfalls das Risiko von ernsthaften Nebenwirkungen [...] nicht aufwiegt«.
Das Unternehmen Eisai, das den Antrag auf Zulassung für die EU gestellt hatte, darf nach Angaben der Behörde innerhalb von 15 Tagen eine erneute Prüfung beantragen.
In den USA wurde das Präparat im Januar 2023 in einem beschleunigten Verfahren zugelassen, was für Kritik gesorgt hatte. Zudem ist es nach Angaben von Eisai und Biogen bereits in folgenden Ländern zugelassen: Japan, China, Südkorea, Hongkong und Israel. Vermarktet wird es allerdings bislang nur in den USA, Japan und China.