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Drei neue Wirkstoffe

Kein Sommerloch bei Arzneimitteln

Gleich drei neue Wirkstoffe kamen zu Beginn des Monats August auf den deutschen Markt. Darunter befinden sich die Weiterentwicklung eines Arzneistoffs für Hämophilie-A-Patienten, ein weiteres Medikament aus der wachsenden Klasse der Krebsimmuntherapeutika sowie ein Antikörper zur Behandlung der seltenen Erkrankung paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH).
Sven Siebenand
09.08.2019  10:00 Uhr

Bei Hämophilie A ist die Blutgerinnung der Betroffenen gestört. Ursache ist ein fehlender oder nicht ausreichend funktioneller Blut-Gerinnungsfaktor VIII (FVIII). In den vergangenen Jahren sind einige neue Medikamente für Hämophilie-A-Patienten eingeführt worden. Eines davon ist das Präparat NovoEight® von der Firma Novo Nordisk. Darin ist der Wirkstoff Turoctocog alfa enthalten. Das Unternehmen hat nun eine Weiterentwicklung dieses Medikaments eingeführt: Turoctocog alfa pegol (Esperoct® Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung). Beide Arzneistoffe dienen dazu, den mangelnden oder fehlenden Faktor VIII zu ersetzen. Durch die Glykopegylierung weist der Neuling nun ein verbessertes pharmakokinetisches Profil mit einer verlängerten Halbwertszeit auf.

Esperoct darf zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren eingesetzt werden. Das Mittel wird intravenös verabreicht. Dosis, Häufigkeit und Dauer der Behandlung sind davon abhängig, ob das Arzneimittel zur Behandlung oder zur Prophylaxe einer Blutung angewendet wird. Ferner richten sie sich nach dem Schweregrad der Hämophilie, dem Ausmaß und Ort der Blutung sowie dem klinischen Zustand des Patienten und seinem Körpergewicht.

Zu den häufigen Nebenwirkungen zählen Juckreiz, Ausschlag, Erythembildung sowie Reaktionen an der Injektionsstelle. Gelegentlich können Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten. Patienten, die allergisch gegen Hamsterproteine sind, dürfen das neue Medikament nicht erhalten.

Antikörper gegen seltene Erkrankung

Die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) ist eine seltene, chronische, fortschreitende und potenziell lebensbedrohliche Erkrankung der hämatopoetischen Stammzellen. Bei den Betroffenen führt eine unkontrollierte Aktivierung des Komplement-Systems, eines Bestandteils des körpereigenen Immunsystems, zur Zerstörung der roten Blutkörperchen, was wiederum zu Anämie, Müdigkeit, dunklem Urin und Kurzatmigkeit führen kann. Die schwerwiegendste Folge dieser Hämolyse ist die Thrombose, also die Bildung von Blutgerinnseln, die lebenswichtige Organe schädigen und zum vorzeitigen Tod führen kann.

Bereits im Jahr 2007 kam der Antikörper Eculizumab (Soliris®) auf den Markt, der unter anderem bei PNH zugelassen ist. Er hemmt das C5-Protein am Ende der Komplement-Kaskade. Dadurch blockiert die Substanz das überaktivierte Komplement-System und reduziert so die Zerstörung roter Blutkörperchen. Bei dem neuen Antikörper Ravulizumab (Ultomiris® 300 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Alexion) handelt es sich ebenfalls um einen C5-Inhibitor. Dieser ist jedoch länger wirksam und wird nur alle acht Wochen verabreicht. Das reduziert die Anzahl der intravenösen Infusionen pro Jahr von 26 unter Soliris auf sechs oder sieben unter Ultomiris. Die empfohlene Dosis hängt vom Körpergewicht des Patienten ab.

Die Zulassung von Ravulizumab bezieht sich auf erwachsene PNH-Patienten mit Hämolyse und klinischen Symptomen, die auf eine hohe Krankheitsaktivität hinweisen, sowie auf Patienten, die klinisch stabil sind, nachdem sie mindestens während der vergangenen sechs Monate mit Eculizumab behandelt wurden.

Wenig überraschend ist, dass der neue Antikörper im Hinblick auf die Sicherheit ein ähnliches Profil hat wie Eculizumab. Aufgrund des Wirkmechanismus erhöht die Anwendung eines C5-Inhibitors die Anfälligkeit des Patienten für eine Meningokokken-Infektion (Neisseria meningitidis). Zur Verringerung dieses Infektionsrisikos müssen alle Patienten mindestens zwei Wochen vor Beginn der Behandlung mit dem Antikörper gegen Meningokokken geimpft werden. Patienten, bei denen die Impfung zu Beginn der Behandlung mit Ravulizumab weniger als zwei Wochen zurückliegt, müssen bis zwei Wochen nach der Impfung eine geeignete Antibiotikaprophylaxe erhalten.

Wichtig ist zudem, dass die Patienten gemäß den geltenden Impfrichtlinien nachgeimpft werden. Wird der Patient von Eculizumab auf Ravulizumab umgestellt, sollte der Arzt überprüfen, ob ein ausreichender Impfschutz gegen Meningokokken besteht. Sehr häufig zu beobachtende Nebenwirkungen von Ravulizumab sind Infektionen der oberen Atemwege, Entzündungen von Nasen und Rachen sowie Kopfschmerzen.

Neuer Checkpoint-Inhibitor

In den vergangenen Jahren sind mehrere sogenannte Checkpoint-Inhibitoren für die Krebsimmuntherapie auf den Markt gekommen. Sie kommen bei unterschiedlichen Tumoren zum Einsatz. Kurz zusammengefasst, kann man sagen, dass die neuen Antikörper den Tumor daran hindern, sich dem Angriff des Immunsystems zu entziehen. Sie aktivieren das Immunsystem gegen Krebszellen, direkt gegen die Tumorzellen richten sie sich nicht.

Der neue Antikörper Cemiplimab (Libtayo® 350 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Sanofi Genzyme) bindet wie die Antikörper Nivolumab (Opdivo®) und Pembrolizumab (Keytruda®) an den Immun-Checkpoint-Rezeptor PD-1 auf aktivierten T-Zellen. Damit wird verhindert, dass die unter anderem von Krebszellen vermehrt produzierten Proteine PD-L1 und PD-L2 daran andocken. Das Immunsystem wird durch den Tumor also nicht weiter ausgebremst, was T-Zellen wieder in die Lage versetzt, Krebszellen abzutöten.

Das Plattenepithelkarzinom der Haut (cutaneous squamous cell carcinoma, cSCC) ist eine der am häufigsten diagnostizierten Hautkrebsarten weltweit. Schätzungen zufolge nimmt die Inzidenz in einigen Ländern erheblich zu. Obwohl die überwiegende Mehrzahl der Patienten mit cSCC eine gute Prognose hat, wenn die Erkrankung frühzeitig entdeckt wird, ist dieser Krebs in fortgeschrittenen Stadien oft schwierig zu behandeln.

Cemiplimab ist zur Behandlung erwachsener Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem cSCC, die nicht für eine kurative Operation oder Bestrahlung in Betracht kommen, vorgesehen. Es ist die bisher einzige Therapie, die in der EU für das fortgeschrittene cSCC zugelassen ist. Allerdings wurde das Medikament zunächst »unter besonderen Bedingungen« zugelassen. Dies bedeutet, dass weitere Nachweise für das Arzneimittel erwartet werden, die das Unternehmen bereitstellen muss.

Cemiplimab wird intravenös als Tropfinfusion über 30 Minuten verabreicht. Die empfohlene Dosis beträgt 350 mg einmal alle drei Wochen. Die Behandlung kann so lange fortgesetzt werden, wie die Erkrankung stabil bleibt und der Patient keine unannehmbaren Nebenwirkungen hat. Treten bestimmte Nebenwirkungen auf, ist zu überlegen, Dosen aufzuschieben oder die Antikörper-Therapie gänzlich zu beenden. Unter der Behandlung mit Cemiplimab kann es – wie bei anderen Krebsimmuntherapeutika – zu immunvermittelten Nebenwirkungen kommen, etwa Pneumonitis, Hepatitis oder Stomatitis. Zudem wurden im Zusammenhang mit Libtayo schwere kutane Reaktionen gemeldet, darunter das Stevens-Johnson-Syndrom und die toxische epidermale Nekrolyse. Die vollständige Auflistung der beobachteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen findet sich in der Fachinformation von Libtayo.

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