»Kein verhandlungsfähiges Angebot« |
Neben TGL Nordrhein verhandelt die Adexa auch mit der ADA über neue Tarifgehälter. / Foto: Getty Images/Stockfotos-MG
Derzeit verhandeln TGL, ADA und die Adexa neue Gehaltstarife für die Apothekenangestellten. Die Adexa will insgesamt 10,5 Prozent mehr für alle Berufsgruppen, auch für die Auszubildenden. Das hatte sie bereits im Oktober an den ADA adressiert. Zuvor hatte sie den Gehaltstarif mit der ADA zum 31. Dezember 2023 gekündigt. Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL) sowie ADA-Chef, reagierte damals verhalten. Er sagte zur PZ, dass »man mit einer solchen Forderung rechnen konnte«. Angesichts der Kostenentwicklung sei sie »nichts Ungewöhnliches«. Auf der anderen Seite stünden aber die Finanzausstattungen der Apotheken. Diese müssten bei Gehaltsverhandlungen »immer mit eingepreist werden«.
Für das Tarifgebiet Nordrhein lautet die Adexa-Forderung plus 11,5 Prozent. Dafür gab es von Arbeitgeberseite aber wohl schon eine Absage. Mit dem jüngsten Angebot der TGL scheinen die Bemühungen nun weiter ins Stocken zu geraten. Nachdem Adexa und TGL am 5. Dezember weiter über Tarifanpassungen verhandelt hatten und ergebnislos auseinandergegangen waren, sei die jüngste Offerte »ein noch weiter verschlechtertes Angebot«, so die Gewerkschaft. Außer einer Erhöhung um 50 Euro für die PKA zum 1. Januar 2024 und weiteren 50 Euro zum 1. Januar 2025 würden demnach alle anderen Berufsgruppen auf dem Niveau von 2023 eingefroren – und auch alle Ausbildungsvergütungen. Was die TGL in der ergebnislosen Vorrunde offeriert hatte, teilte die Adexa nicht mit.
»Dies ist kein verhandlungsfähiges Angebot«, sagte Tanja Kratt, Adexa-Vorstand sowie Leiterin der Tarifkommission, zu der neuen Entwicklung. Die Angestellten in Nordrhein seien im November für ihre Arbeitgeber und eine höhere Honorierung der Apothekenleistung auf die Straße gegangen. Nun sollten sie für zwei weitere Jahre mit hohen Reallohnverlusten abgespeist werden. »Und selbst für die PKA ist das keine freiwillige Erhöhung, sondern geht lediglich auf die Steigerung des gesetzlichen Mindestlohns in 2024 und 2025 zurück«, so Kratt.
Diese von der TGL geplante Nullrunde lasse den Kammerbezirk Nordrhein »immer stärker hinter den anderen beiden Tarifgebieten herhinken«, hieß es weiter. Daher verwundere es nicht, dass immer mehr Arbeitgebende in Nordrhein den mit dem ADA abgeschlossenen Tarifvertrag anwenden würden. Neben Nordrhein hat Sachsen eigene Regelungen; dort gilt seit Januar 2023 ein eigener Tarifvertrag.
Gründe für die daraus resultierenden »massiven Unterschiede« bei den Gehältern ließen sich nicht finden, so Kratt weiter. Schließlich sei Nordrhein »wirklich nicht das Armenhaus Deutschlands«. Nach den Ankündigungen aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) scheine die TGL-Führung aber »in blinde Panik verfallen zu sein«.
Dass der TGL überdies nicht auf weitere Ideen der Adexa eingegangen sei, die den Angestellten zugute kämen und gleichzeitig die Arbeitgeberseite weniger belasteten – etwa Inflationsausgleichsprämie, Reduzierung der Wochenarbeitszeit, Erhöhung des Urlaubsanspruchs –, wertete die Apothekengewerkschaft als einen »Schlag ins Gesicht für alle Angestellten und für den Berufsnachwuchs in Nordrhein«. Man werde im Januar eine Befragung der Mitglieder in Nordrhein zu weiteren Maßnahmen durchführen.
Laut Adexa läuft der bestehende Tarifvertrag weiter, falls es nach Ablauf der Frist zum Jahresende keinen neuen Vertrag gibt. Die Tarifverhandlungen waren bereits Thema bei der TGL-Jahreshauptversammlung am 25. Oktober in Düsseldorf. Sebastian Berges, 2. Vorsitzender der TGL Nordrhein, hatte damals für eine moderate und »angemessene« Vergütung plädiert. Die übertariflichen Anteile sollten besser flächendeckend eingebaut werden. Generell müsse «mehr Geld ins System«.
Die Gehaltsverhandlungen seien schwieriger denn je, hieß es von den beiden TGL-Chefs Constantin Biederbick (1. Vorsitzender) und Sebastian Berges (2. Vorsitzender). Einerseits litten die Mitarbeitenden und Apothekenleitende gleichermaßen unter den Folgen steigender Energie-, Heiz- und Lebenshaltungskosten. Andererseits erzielten die Apotheken eben durch die Kostensteigerungen weiter sinkende Betriebsergebnisse. Heute seien bereits mehr als 10 Prozent aller deutschen Apotheken defizitär und weitere rund 30 Prozent erwirtschafteten weniger als der notwendige kalkulatorische Unternehmerlohn.
Angesichts der politischen Rahmenbedingungen und insbesondere der Erwartungen für die nächsten Jahre gebe es für große Gehaltsforderungen keine Spielräume. »In der Konsequenz müsste es eine Nullrunde geben«, so die beiden Vorsitzenden.
Wegen der hohen und weiter steigenden Zahl an Teilzeitbeschäftigten sowie steigender Krankenstände bleibe auch »keine Luft mehr für kürzere Wochenarbeitszeiten oder mehr Urlaubstage«, so der TGL. Die meisten Menschen arbeiteten ohnehin nicht mehr in Vollzeit.
Auch wenn die TGL ihren Mitarbeitenden geldwerte Wertschätzung entgegenbringen wolle – die aktuellen politischen Vorhaben zur Umstrukturierung der Apothekenhonorare entzögen dem jegliche Planungsgrundlage. Wenn zusätzliches Geld ins Apothekensystem gelange, täten sich auch wieder Handlungsspielräume für Tarifverhandlungen auf.