Keine Antworten, nur Vorschläge |
Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach war per Videoschalte zugeschaltet. Die sechs Fragen hat er nicht beantwortet. / Foto: PZ/Alois Mueller
Nach den Plänen des Ministers sollen Filialen und Zweigapotheken gefördert werden, gleichzeitig wolle man aber nicht am Fremdbesitzverbot rütteln, betonte er. Es gehe um Apotheken, »die Ihnen gehören und von Ihnen betrieben werden«, sagte er. Konkret solle die derzeitige Besitzstruktur um »ein bis zwei Filialen« vergrößert werden. Investoren sollten nicht beteiligt sein, die bestehende Struktur solle »nicht beschädigt werden«.
Wenn Filialen betrieben würden, dann mache es, und das war Lauterbachs zweiter Vorschlag, »keinen Sinn«, wenn in jeder Filiale die gleichen Labor-und Herstellungsanforderungen gelten würden, so der Minister. »Das muss nicht überall vorgehalten werden, es macht ökonomisch keinen Sinn.« Verboten werden solle es freilich nicht, aber vorgeschrieben eben auch nicht. Seien die Anforderungen an Labor und Herstellung in den Filialen flexibilisiert, könnten »weitere Filialen erwogen werden können«.
Die digitalaffinen Apothekerinnen und Apothekern seien ebenfalls gut für die Telepharmazie gerüstet, fuhr der Minister fort. Sie seien schließlich »Pioniere der Digitalisierung«. Warum sollte es also nicht möglich sein, dass Approbierte per Telepharmazie »in die eigenen Filialen hineinberaten«? Die Möglichkeit zu nutzen, könne sich auch in der Honorierung niederschlagen, stellte der Minister in Aussicht. Gegenüber der FAZ hatte der Minister erwogen, dass gut qualifizierte PTA die Beratung vor Ort allein übernehmen könnten, wenn sie digital an die Hauptapotheke angebunden seien.
Mehr Flexibilität stellt Lauterbach sich auch bei den Öffnungszeiten vor. Gerade für junge Frauen sei dies oft ein Handicap. »Mit dem Ziel von mehr Flexibilisierung kommen wir doch Ihren Forderungen nach«, so der Minister zum Plenum. Flexiblere Öffnungszeiten ermöglichten eine bessere Verteilung der Notdienste. »So entstehen zusätzliche Notdienstmöglichkeiten.«
Diese Notdienste zu entbürokratisieren, sei ein weiteres Ziel. Warum sollte es diese in jeder Filiale geben, wenn das Gesamtkonzept den Notdienst eigentlich abdecke, fragte der Minister. Da täten sich für die Apotheken doch neue Möglichkeiten auf. Sein Vorhaben habe das Ziel, die fachlichen Qualifikationen der Pharmazeutinnen und Pharmazeuten besser zu nutzen.
Gestern hatte die Beziehung Lauterbach–Apothekerschaft einen neuen Tiefpunkt erreicht, nachdem der Bundesgesundheitsminister per Zeitungsinterview laut über eine Liberalisierung des Apothekenmarkts nachgedacht hatte. Entsprechend gereizt war am heutigen Mittwoch die Stimmung in Düsseldorf. Antworten auf die von der ABDA vorab gestellten Fragen gab es nicht.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sagte mit Blick auf diese Ankündigungen zu Lauterbach: »Das versteht hier niemand! Über die FAZ teilen Sie uns einen Tag vorher mit, was Sie uns heute sagen wollen. Ihre Pläne zeigen, dass Sie den Menschen unterschiedliche Qualitäten der Versorgung anbieten wollen. Warum kommen Sie mit solch einer Hiobsbotschaft heute an?«
Overwiening stellte klar: »Diese Vorschläge müssen komplett vom Tisch!« Sie seien hochbrisant und hochgefährlich. Wer diese als gut interpretiere, habe vom Versorgungsalltag keine Ahnung. Die Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, Ursula Funke, warf dem Minister eine Low-Budget-Haltung vor. Nach so vielen Jahren Stillstand bei der Anpassung der Vergütung brauche es endlich eine Erhöhung. »Ihr Konzept der Filialen, das sind Abgabestellen.« Das seien Apotheken zweiter Klasse. Es gehe um Beratung, um Management, um Interaktion. »Sie als Arzt müssten wissen, was Apotheker leisten.«
Lauterbach wehrte ab. Die geplanten zusätzlichen Filialen seien keine Abgabestellen. Die Filiale sei ja telepharmazeutisch mit der Hauptapotheke verbunden, eine »hochqualifizierte apothekerliche Beratung« sei somit gewährleistet. Es gehe darum, nicht mehr in jeder Filiale auch Rezepturen oder Notdienste anbieten zu müssen. Es sei eben nicht mehr verpflichtend. »Sie verlieren nichts, was Sie nicht schon hätten, es kämen lediglich Möglichkeiten hinzu«, so der Minister.
Overwiening kündigte eine neue Protestwelle für November an. Ab dem 8. November sollen in verschiedenen Regionen immer Mittwochnachmittags die Apotheken geschlossen bleiben. Die Aktion soll am 29. November in Berlin mit einer Abschlusskundgebung enden. »Was wir bis dahin noch planen, werden wir mit kühlem Kopf beraten.« Auch gemeinsame Aktionen mit der Ärzteschaft seien denkbar, so die ABDA-Präsidentin.