Ketamin: Narkosemittel, Partydroge, Antidepressivum |
Verena Schmidt |
05.12.2019 10:00 Uhr |
So riskant der illegale Konsum von Ketamin ist, so hilfreich und erfolgreich scheint sein Einsatz bei einer vergleichsweise neuen Indikation zu sein. Ketamin, genauer sein S-Enantiomer Esketamin, wird bereits seit einiger Zeit off Label bei therapieresistenten Depressionen eingesetzt. Vor kurzem wurde in den USA ein Esketamin-haltiges Nasenspray zugelassen. Im Oktober hat Spravato® zudem eine Zulassungsempfehlung von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) erhalten, die Zulassung in Europa dürfte also kurz bevorstehen.
Der genaue Wirkmechanismus von Esketamin bei Depressionen ist noch nicht aufgeklärt. Vermutlich wirkt es antidepressiv über einen Antagonismus am NMDA-Rezeptor, wodurch die Freisetzung von Glutamat erhöht wird. Der große Vorteil bei der antidepressiven Therapie ist, dass die Wirkung vergleichsweise schnell, meist innerhalb weniger Tage, eintritt. Bei anderen Antidepressiva dauert es meist einige Wochen, bis der Arzt beurteilen kann, ob der Patient auf den Wirkstoff anspricht.
Aufgrund des hohen Missbrauchspotenzials gibt es in den USA einige Auflagen für die Anwendung, die es vermutlich auch in Europa geben wird. So darf Esketamin nur unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden, und der Patient muss danach mindestens zwei Stunden lang beobachtet werden
Auf dem Schwarzmarkt kursieren die verschiedensten bunten Pillen. Was genau sie enthalten, wird beim Drug-Checking untersucht. / Foto: Adobe Stock/Tibor13
Ketamin wird in der Drogenszene meist als kristallines Pulver konsumiert. Es ist, wie bei anderen Drogen auch, in der Regel unklar, wie viel Wirkstoff enthalten ist. Eine genaue Dosierung ist also kaum möglich und die Gefahr einer versehentlichen Überdosis groß.
In vielen Ländern gibt es daher Drug-Checking-Angebote, bei denen Konsumenten auf Partys oder Veranstaltungen illegale Drogen mit mobilen Schnelltests auf Reinheit und Gehalt testen lassen können. Konsumenten können dabei auch direkt vor Ort beraten und etwa vor besonders gefährlichen Pillen gewarnt werden.
In Deutschland ist Drug-Checking aktuell verboten. Das Land Berlin hat nun allerdings ein Modellprojekt gestartet: Ab dem kommenden Jahr sollen Konsumenten dort in drei Beratungsstellen ihre Drogen testen lassen können.