Kleine Kohl- und Knollen-Kunde |
Deftig, gesund und einfach lecker: Im Winter lässt sich kohltechnisch so richtig aus dem Vollen schöpfen. / Foto: Adobe Stock/Natallia
Wenn in der kalten Jahreszeit neben einer täglichen Portion Bewegung, ausreichend Schlaf und Entspannung auch häufig regionale Kohl-, Zwiebel- und Knollengemüse auf dem Speiseplan stehen, dann profitiert auch die Gesundheit. Sie sind die heimischen Superfoods der Saison. Viele Gemüsesorten zählten früher zum Arme-Leute-Essen, erfahren aber heute erfreulicherweise eine Renaissance.
Die meisten der bunten Kohlköpfe sind selbst extrem abgehärtet, denn sie lieben Kälte und Frost. In dieser Zeit wandeln sie einen Teil der Stärke in Zucker um und werden dadurch aromatischer und ihre Blattstruktur durch die Eiskristalle weicher. Rosenkohl, Rotkohl, Grünkohl oder Spitzkohl: Jede Kohlsorte hat ihren individuellen Vitalstoff-Cocktail, welcher die Abwehrkräfte stärkt und teils leichte antimikrobielle Effekte entfaltet.
Bemerkenswert ist der hohe Vitamin-C-Gehalt. Schon James Cook nahm fässerweise Sauerkraut mit auf seine Entdeckungsreisen, um sich und seine Seefahrer vor Skorbut zu schützen. Neben Brokkoli sind vor allem Grünkohl und Rosenkohl besonders Vitamin-C-haltig. Daneben ist Kohl reich an B-Vitaminen und antioxidativ wirkenden Carotinoiden wie Beta-Carotin und Lutein – wichtig für einen guten Durchblick und das Immunsystem. Beeindruckend: Grünkohl ist nach Möhren der zweitstärkste Lieferant des Provitamins A. Im Übrigen profitieren auch die Knochen von Kohl, denn die meisten Sorten sind sehr calciumreich.
Aber erst ihr hoher Gehalt an Senfölen, und dabei vor allem die Glucosinolate, macht sie zu einer beliebten Naturmedizin. Diese schwefelhaltigen Pflanzenstoffe, die dem Gemüse ihren charakteristischen Geruch und Geschmack verleihen, wirken antimikrobiell. Dem Rosenkohl und dem Brokkoli werden gar unterstützende krebspräventive Effekte nachgesagt. Achtung: Patienten mit einer Blutgerinnungsstörung, die mit Phenprocoumon-haltigen Arzneimitteln behandelt werden, sollten einen exzessiven Verzehr dunkelgrüner Kohlsorten aufgrund ihres hohen Vitamin-K-Gehaltes meiden oder zumindest darauf achten, dass die zugeführte Menge an Vitamin K aus Lebensmitteln nicht zu stark schwankt.
Der Palmkohl (oder Schwarzkohl) ist eine Variante des Grünkohls – wahrscheinlich seine Urform. Auch in Deutschland wurde er bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts kultiviert, verschwand aber dann aus den Gärten. In Italien, vor allem der Toskana, ist Palmkohl der Renner, deshalb ist er auch als italienischer Kohl bekannt. Gerne werden die schmalen blaugrünen Blätter dort in der toskanischen Gemüsesuppe »Ribollita« verwendet. Palmkohl passt aber auch hervorragend zu Pasta, in Salate und Smoothies. Er schmeckt milder als der uns bekannte Grünkohl, ist aber auch weniger kälte- und frostresistent.
Kohl wird im Winter gerne mit dem deftigen Klassiker »Grünkohl mit Mettwurst« assoziiert, der natürlich ab und zu die Gaumen erfreuen darf. Von Natur aus ist Kohl jedoch kalorienarm. So schmeckt auch eine Grünkohl-Cremesuppe oder ein Auflauf mit Grünkohl und geschichteten Kartoffelscheiben hervorragend und schmeichelt der Figur.
Wer beim Genuss von Kohl mit Blähungen und Krämpfen reagiert – etwa auf Sauerkraut -, der kann mit Gewürzen wie Kümmel- und Fenchelsamen die Verdauung erleichtern – als Würze im Essen oder als Tee nach dem Essen. Auch orientalische Gewürze wie Kreuzkümmel oder Kurkuma fördern die Verdauung. Neben Kohlrabi zählen Spitz- und Chinakohl zu den bekömmlicheren Varianten. Wie wäre es mit Spitzkohlrouladen und einer Füllung aus Bulgur? Oder als knackiger Rohkostsalat mit fruchtigen Zutaten, Nüssen und Joghurt-Dressing?
Bei diesem klassischen Wurzelgemüse ist es interessant, auch mal andere Sorten auszuprobieren wie die gelben und roten Vertreter oder die violette »Purple Haze«. Aufgrund ihres hohen Gehaltes an Pro-Vitamin A (Beta-Carotin) empfiehlt es sich, Möhren mit ein wenig Pflanzenöl zu verarbeiten oder sie zusammen mit einem Dip zu verzehren, um die Resorption zu fördern. Als pürierte, scharf-würzige Suppe mit Chili, Ingwer und Curry wärmen Karotten zudem von innen und bringen den Extra-Kick für das Immunsystem.
Möhren können noch viel mehr: Die bekannte »Möhrensuppe nach Moro« (nach dem österreichischen Kinderarzt Ernst Moro) hilft bei Durchfällen, die Krankheitsdauer zu verkürzen. Enthaltene Pektine regulieren Stuhlkonsistenz und -frequenz, und durch eine lange Kochzeit bilden sich Oligogalacturonsäuren, die den Angriff der Kommensalflora auf die gereizte Darmschleimhaut abpuffern. Allerdings sollte die Möhrensuppe eine Stunde köcheln, damit sich ausreichend Oligosaccharide bilden.
Möhren können lange gelagert werden und lieben es trocken, dunkel und kühl. Die Wintereinlagerung funktioniert als Möhren-Miete – klassisch als »Erdmiete« in einem Erdloch im Garten. Aber es funktioniert auch hervorragend im unbeheizten Keller, in der Garage oder auf dem Balkon mit einer einfachen Holzkiste, die Schicht für Schicht gefüllt wird: zunächst eine Schicht Sand, dann eine Schicht Karotten, dann wieder Sand und so weiter. Wichtig: Die Karotten vorher nicht waschen, denn kommen sie feucht in den Sand, könnten sie schimmeln. Vor der Einlagerung werden die Karotten lediglich von Hand oder mit einer weichen Bürste von der Erde befreit und der grüne Strunk mit der Hand abgedreht, sodass noch wenige Zentimeter daran verbleiben.
Pastinaken zählten noch im Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert zu den Grundnahrungsmitteln, wurden jedoch von Kartoffeln und Karotten abgelöst. Die auch als Hammel- und Hirschmöhren bezeichneten cremefarbenen Wurzeln werden durch Frosteinwirkung milder und aromatischer. Ebenfalls jetzt ist die Zeit der Petersilienwurzeln, die häufig mit Pastinaken verwechselt werden. Hier der Unterschied: Der Blattansatz der Pastinaken ist eingesunken, ihr Kopf dick und sie duften leicht nach Möhren. Petersilienwurzeln sind schmaler, ihr Blattansatz ist nach oben heraus gewölbt und sie duften nach Petersilie.
In trockener, kühler und dunkler Atmosphäre halten beide Gemüsesorten lange frisch. Der hohe Gehalt an ätherischen Ölen definiert den typischen würzigen Geschmack der Wurzeln: die Pastinaken eher fein, die Petersilienwurzeln kräftiger – auch als die deutlich bekanntere Blattpetersilie. Beide Wurzeln harmonieren perfekt mit anderen Wintergemüsesorten wie Möhren oder Hokkaido-Kürbis. Sie machen sich nicht nur gut im Suppentopf oder als Püree, sondern auch in der Pfanne als pfiffige Beilage zu Fisch oder Fleisch.
Pastinaken sind sehr bekömmlich und liefern wertvolle Inhaltsstoffe. Dank der enthaltenen ätherischen Öle wirken Pastinaken sogar leicht antimikrobiell. Der Nährstoff-Cocktail liefert reichlich Vitamin C, Mineralstoffe wie Calcium, Magnesium und Eisen sowie viele B-Vitamine. Die inneren Werte der Petersilienwurzel sind ähnlich. Aufgrund ihrer ätherischen Öle hat sie zudem eine leicht harntreibende Wirkung und wird in der Naturheilkunde gerne bei Blasenentzündungen empfohlen. Ihr Vitamin-C-Wert liegt zur Freude des Immunsystems bei beachtlichen 40 Milligramm pro 100 Gramm (etwa eine Petersilienwurzel).
Topinambur, die beige-rosafarbene Knolle, erhielt ihren Namen vom kanadischen Indianerstamm der Topinambou. Aus Nordamerika gelangte die Knolle 1612 nach Frankreich und wurde in Westeuropa äußerst beliebt. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Kartoffel zur Konkurrenz, denn diese war durch ihre robustere Schale länger lagerungsfähig. Vor allem gegart entwickelt die Knolle ihr nussartiges, süßes Aroma (etwa als Püree, Puffer, in Suppen), aber auch geraspelt im Salat ist sie ein Hochgenuss. Die Industrie nutzt Topinambur zum Süßen von Säften oder zur Herstellung des bekannten Topinambur-Schnapses.
In der Naturheilkunde wird die sehr nährstoffreiche Knolle nicht ohne Grund als Geschenk des Himmels bezeichnet: Sie soll Beschwerden von Leber, Galle und Magen lindern und ist vor allem eine leckere Infektprävention. Denn: Inulin wirkt präbiotisch auf die Mikrobiota des Darms – als Schaltzentrale des Immunsystems. Personen mit einer Fruchtzucker-Unverträglichkeit sollten die Portionen der gesunden Knolle klein halten. Da der Fruchtzucker aber an Inulin gebunden ist, wird der Zucker erst im Dickdarm freigesetzt und belastet den Blutzucker weniger stark.
Meerrettichwurzeln weisen einen hohen Gehalt an scharfen Senfölen, den sogenannten Glucosinolaten, sowie Vitamine und Mineralstoffe auf. Bei zähem Hustenschleim hat sich die Meerrettichwurzel naturheilkundlich bewährt und in Kombination mit Kapuzinerkresse auch in der Selbstmedikation zur Infektabwehr von Bronchitis, Sinusitis und Harnwegsinfektionen.
Entweder frisch gerieben oder aus dem Glas verfeinert es Gemüse, Fisch, Fleisch und Co. auf pikante Art und Weise. Lauchgewächse wie Zwiebel, Porree und Knoblauch, die ebenfalls botanisch dem Wurzelgemüse zuzuordnen sind, wirken aufgrund ihrer schwefelhaltigen Pflanzenstoffe wie Allicin ebenfalls mild antimikrobiell.
Der Extra-Tipp gilt Winterportulak: Die Herzen eines jeden Rohkostfans schlägt höher, wenn er einmal Winterportulak (oder Winterpostelein, Kubaspinat) probiert hat. Dieser tauchte bereits in einer alten babylonischen Schrift aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. als Heilpflanze auf. Sein dezent nussiges Aroma erinnert an Feldsalat und die Blätter und Stängel passen hervorragend in Salate, Dips, grüne Smoothies oder als Brot-Topping. Winterportulak liefert viel Vitamin C, Magnesium, Eisen, Zink und sekundäre Pflanzenstoffe - ein Mix, der den Abwehrkräften entgegenkommt.