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Heuschnupfen

Klimawandel fördert Allergien

Heuschnupfen ist eine Unterform der allergischen Rhinitis. Die Erkrankung wird oft als Bagatellerkrankung eingestuft. Zu Unrecht, denn die Beschwerden sind meist erheblich. Was den Betroffenen zunehmend zu schaffen macht, ist der Klimawandel.
Annette Immel-Sehr
31.03.2020  09:30 Uhr

Längst hat die Heuschnupfensaison wieder begonnen. Je nachdem, gegen welches Allergen ein Mensch reagiert, kämpfen Betroffene schon seit Jahresanfang mit den typischen Beschwerden. Noch vor etwa 20 Jahren konnten sich Pollenallergiker auf den Winter als Erholungsphase von ihren Beschwerden verlassen. Das ist längst vorbei. Aufgrund des Klimawandels ist der Winter schneller vorbei und die Durchschnittstemperaturen liegen höher. Frühblüher beginnen derzeit etwa zehn bis 14 Tage eher zu blühen, Tendenz steigend. Am deutlichsten zeigt sich die Veränderung beim Haselnussstrauch. Hier rechnen Wissenschaftler mit einer Verschiebung von bis zu zwei Monaten. Viel gravierender für Pollenallergiker als der frühere Beginn der Blüte ist die Zunahme der Pollenmenge. Die Dichte der Pollen in der Atemluft steigt an. Langzeitmessungen in zahlreichen europäischen Ländern belegen dies. In den Städten ist der Anstieg demnach besonders stark. Im Durchschnitt lag der Zuwachs der Pollenmenge dort bei drei Prozent pro Jahr, im ländlichen Raum bei einem Prozent. Während sich bei den Gräsern bislang nicht viel verändert hat, verlängern andere Pflanzen die Pollensaison bis in den November.

Dass die Beifuß-Ambrosie (auch beifußblättriges Traubenkraut) für Pollenallergiker zunehmend zum Problem wird, hat sich unter Allergikern herumgesprochen. Die aus Nordamerika stammende Pflanze, deren Samen wahrscheinlich über Vogelfutterimporte eingeschleppt wurden, hat sich aufgrund der für sie zunehmend günstigen Temperaturbedingungen in weiten Teilen Deutschlands ausgebreitet. Ihre Pollen zählen zu den stärksten Allergenen. Vor allem Beifuß-Allergikern macht die Ambrosie zu schaffen. Sie blüht im Spätsommer, nachdem die Blütezeit des gemeinen Beifußes weitgehend abgeschlossen ist. Da eine Kreuzallergenität zu Beifuß besteht, ist die Pollensaison und damit die Beschwerdedauer von Beifuß-Allergikern deutlich verlängert.

Allergene Mögliche Kreuzallergie
Baumpollen (zum Beispiel Birke oder Hasel) Apfel, Pfirsich, Pflaume, Nektarine, Kiwi, Kirsche, Birne, Mandel, Haselnuss und andere Nüsse, Karotte, Sellerie, Kartoffel (roh), Soja, Litschi
Ambrosiapollen Melone, Banane, Tomate, Gurke
Beifußpollen Möhre, Sellerie, Kümmel, Petersilie, Koriander, Anis, Fenchelsamen, Mango, Weintraube, Litischi, Sonnenblumenkerne
Gräser- und Getreidepollen (zum Beispiel Weizen und Roggen) Dinkel, Gerste, Hafer, Hirse, Mais, Weizen, Roggen (auch daraus gewonnene Mehle und Kleie), Tomate, Hülsenfrüchte
Eschenpollen/Olivenpollen Ananas, Meerrettich
Mögliche Kreuzallergien zwischen Pollen und Lebensmitteln

Sensibel auf Olivenpollen

Auch andere Pflanzen breiten sich in Deutschland wegen der veränderten klimatischen Bedingung aus oder werden gezielt angepflanzt. Eine Studie des Umweltbundesamtes in Kooperation mit Universitäten in Aachen und München zeigte, dass Olivenpollen-Sensibilisierungen hierzulande offenbar keine Seltenheit mehr sind.

Darüber hinaus haben Wissenschaftler beobachtet, dass auch der Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre dazu führt, dass mehr Pollen entstehen. Abgase wie Dieselrußpartikel, Stickoxide oder Ozon können zudem die Struktur der Pollen verändern und ihr allergenes Potenzial erhöhen. Allerdings sind hier noch viele Fragen offen, die die Forscher klären müssen.

Das bedeutsamste Allergen unter den Pollen in Europa ist nach wie vor die Birke, gefolgt von Gräsern, Erle und Esche. Wenig beachtet wurde bislang die Buche. Dabei spielen Buchenpollen für die allergische Rhinitis im Frühjahr eine bedeutende Rolle. Dies hat nicht zuletzt mit einer Kreuzallergenität mit Eiche und Birke zu tun. Da die Sekundärstrukturen der Buchenpollen denen der Birke stark ähneln, haben Menschen mit Birkenpollenallergie auch bei der Buchenblüte gesundheitliche Probleme.

Reaktion auch auf Ähnliches

Überhaupt sind Kreuzallergien ein Thema für Pollenallergiker. Sie reagieren nicht nur auf »ihr« Allergen, sondern auch auf ähnliche Allergenstrukturen, die botanisch oftmals gar nicht verwandt sind. Dies können andere Pollen in der Atemluft sein – zum Beispiel Kreuzallergie Beifuß/Ambrosie – oder auch Lebensmittel (siehe Tabelle). 60 Prozent der Pollenallergiker entwickeln eine Kreuzreaktion auf Nahrungsmittel. Am häufigsten trifft das Birkenpollen-Allergiker. Wer auf Gräser-/Getreidepollen oder Beifußpollen reagiert, hat dagegen weniger mit solchen Pollen-assoziierten Lebensmittelallergien zu tun. Die häufigsten Beschwerden sind Kribbeln auf den Lippen und der Zunge, Ohrenjucken bis hin zu Schwellungen im Halsbereich mit Schluckstörungen und Atemnot.

Auch wenn Kreuzallergien mit Lebensmitteln bei Pollenallergikern keine Seltenheit sind, so treten sie doch nicht bei jedem auf. Der Deutsche Allergie- und Asthmabund e.V. (DAAB) kritisiert, dass Pollenallergiker oft ohne weitere Erläuterung lange Lebensmittel-Verbotslisten bekommen. Viele Patienten schränkten deswegen ihre Lebensmittelauswahl drastisch ein – auf Kosten einer vielseitigen gesunden Ernährung und auf Kosten der Lebensqualität. Oft genug sei die Einschränkung beim Essen nicht gerechtfertigt und ohne Nutzen.

Diät oft nicht nötig

Ein positiver Allergietest sollte nicht automatisch eine Diät nach sich ziehen. Bei Verdacht auf eine pollenassoziierte Lebensmittelallergie empfiehlt der DAAB, sich professionell beraten zu lassen. Der Patient soll dabei über die für ihn möglicherweise kritischen Lebensmittel aufgeklärt werden sowie über Alternativen, Triggerfaktoren und Zubereitungen, die ein Lebensmittel besser verträglich machen. Denn die meisten Allergene im Rahmen von Pollen-assoziierten Lebensmittelallergien sind hitzeempfindlich. Das heißt, durch Dünsten, Kochen oder Backen vertragen Allergiker die Lebensmittel.

Heuschnupfenallergiker haben nicht nur stark unter ihren Beschwerden zu leiden, sie werden häufig auch nicht ernst genommen. Die Allergische Rhinitis gilt vielfach als Bagatellerkrankung. Auch manche Ärzte können sich – wie eine Untersuchung zeigt – nicht ganz davon freimachen. Sie schätzen den Schweregrad der Erkrankung oft deutlich geringer ein als die Patienten selbst. Dabei schränkt die Allergische Rhinitis die Lebensqualität stark ein. Die offensichtlichsten Beschwerden sind Bindehautentzündung, geschwollene Lider, Kribbeln in der Nase und geschwollene Nasenschleimhäute. Viele unterschätzen die durch die Allergie oft deutlich verminderte Schlafqualität. Allergiker leiden im Vergleich zu Gesunden deutlich häufiger unter Ein- und Durchschlafstörungen, wachen früh auf und fühlen sich tagsüber müde. Auch die Leistungsfähigkeit sinkt dadurch, sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen, so die Ergebnisse einiger Studien.

Ernsthaftes Interesse

Kunden, die mit akutem Heuschnupfen in die Apotheke kommen, werden dankbar sein, wenn sie sich von PTA und Apotheker verstanden wissen und konkrete Tipps bekommen, wie sie die Beschwerden so weit wie möglich in den Griff bekommen können. Der erste Rat wäre, einen Verdacht auf eine Allergie ärztlich abklären zu lassen. Nur wenn der Betroffene weiß, worauf er reagiert, besteht die Chance, das Allergen zu meiden oder zumindest den Kontakt damit möglichst einzuschränken. Bei Pollen, die der Wind kilometerweit durch die Luft treibt, ist dies schwierig. Es hilft allerdings schon, sich über den aktuellen Pollenflug zu informieren und wenn möglich den Aufenthalt im Freien etwas einzuschränken. In Patientenbroschüren und im Internet finden Betroffene zahlreiche Tipps, wie sich der Kontakt weiter mindern lässt, etwa kontaminierte Kleidung nicht mit ins Schlafzimmer nehmen, die Haare vor dem Schlafengehen waschen und den Filter in der Lüftungsanlage des Autos regelmäßig austauschen. Auch Luftreiniger für Allergiker im Wohnraum und Schlafzimmer können die Beschwerden reduzieren.

Allergen wegspülen

Bei starkem Pollenflug kann eine Nasendusche Heuschnupfenpatienten helfen. Mit dieser einfachen Maßnahme werden die Pollen mit isotonischer Salz-Lösung von der Nasenschleimhaut einfach weggespült. Angenehm wirkt sich auch aus, die Schleimhaut zu befeuchten. Auf diese Weise lässt sich oft der Bedarf antiallergischer Medikamente reduzieren.

Ursächlich lassen sich manche Allergien mit einer spezifischen Immuntherapie (Hyposensibilisierung) behandeln. Orale und lokale Antihistaminika, intranasale Glucocorticoide und Mastzellstabilisatoren können die Symptome wirkungsvoll lindern. Ziel all dieser Maßnahmen ist es letztlich, die Beschwerden zu beseitigen oder zumindest deutlich zu reduzieren. Eine konsequente Behandlung ist nicht nur für die Lebensqualität wichtig, sondern auch, um zu verhindern, dass sich die allergische Rhinitis zu einem allergischen Asthma ausweitet.

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