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Expertenbericht

Klimawandel hat deutliche Auswirkungen auf die Gesundheit

Die Klimaerwärmung wirkt sich bereits heute deutlich auf die Gesundheit vieler Menschen aus, insbesondere die von Kindern. Bei einem Weiterwirtschaften wie bisher »wird das Leben jedes heute geborenen Kindes tiefgreifend vom Klimawandel beeinträchtigt werden«, berichtet das Konsortium The Lancet Countdown, zu dem rund 100 Experten gehören.
dpa
14.11.2019  11:15 Uhr

Einen halben Monat vor der UN-Klimakonferenz in Madrid bilanzieren die Experten aus 35 Institutionen wie der Weltgesundheitsorganisation WHO und Universitäten im Fachjournal »The Lancet« die aktuellen und künftigen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit. Gehe der CO2-Ausstoß weiter wie bisher, werde ein derzeit geborenes Kind an seinem 71. Geburtstag im Schnitt in einer um 4 Grad wärmeren Welt leben.

Kinder seien von den Auswirkungen des Klimawandels am stärksten betroffen, betonte Nick Watts, der Chef des Lancet-Konsortiums. Ihr Körper und ihr Immunsystem entwickele sich noch und Schäden in der Kindheit könnten bleiben. Auch Ernterückgänge durch den Klimawandel und infolgedessen Unterernährung träfen sie am schlimmsten, schreiben die Forscher. Sie litten stärker an Durchfall und an von Mücken übertragenen Erkrankungen wie Dengue. Neun von zehn Jahren mit besten Bedingungen für Dengue-Mücken gab es laut Report seit dem Jahr 2000.

Auch die Bedingungen für den Cholera-Erreger hätten sich seit Anfang der 80er Jahre verbessert. Eine Gruppe von Bakterien, die Vibrionen, werde eine zunehmende Gefahr, auch in der Ostsee, heißt es in dem Lancet-Report auch. Die Erreger können Magen-Darm- und Wundinfektionen verursachen. Seit den 1980er Jahren habe sich aufgrund höherer Wassertemperaturen die Anzahl der Tage verdoppelt, an denen man sich mit Vibrionen in der Ostsee anstecken kann. 2018 waren es 107 Tage.

Würde die Erderwärmung dagegen auf 1,5 Grad begrenzt – wie im Pariser Klimaabkommen gewünscht – und Versprechen der Länder eingehalten, sehe es anders aus, so die Forscher. Ein Kind in England könnte dann mit sechs Jahren den Kohleausstieg erleben, in Frankreich mit 21 Jahren den Abschied von Benzin- und Dieselautos und alle heute Geborenen weltweit könnten mit 31 Jahren erleben, dass nur noch so viel CO2 produziert wird, wie von der Natur oder mit technischen Mitteln aufgenommen werden kann. Zugleich könnte die Luft reiner und die Infrastruktur besser sein.

»Eine nie dagewesene Herausforderung verlangt eine nie dagewesene Reaktion und es benötigt die Mitarbeit der 7,5 Milliarden derzeit lebenden Menschen, um sicherzustellen, dass ein heute geborenes Kind nicht durch ein sich wandelndes Klima bestimmt wird«, betonen die Autoren.

Klimawandel in Deutschland

Im Jahr 2018 erlebten über 65-Jährige in Deutschland mehr Hitzewellen als im Schnitt der Jahre 1986 bis 2005. Das geht aus einer gesonderten Mitteilung des Lancet-Teams hervor, die Daten für Deutschland zusammenfasst. Im Jahr 2016 trug demnach die Feinstaubbelastung (PM 2,5) zu über 44.800 frühzeitigen Todesfällen in der Bundesrepublik bei, 8000 davon seien auf die Verbrennung von Kohle zurückzuführen. Feinstaub stammt unter anderem auch aus dem Verkehr und der Industrie. Wirtschaftliche Verluste und Gesundheitskosten durch Feinstaub beliefen sich dem Bericht zufolge auf 20 Milliarden Euro. Die Luftverschmutzung insgesamt habe 2016 weltweit zu 7 Millionen Todesfällen geführt, 2,9 Millionen davon habe Feinstaub verursacht.

»Das Thema Gesundheit spielte beim Klimawandel lange keine Rolle«, erläuterte Sabine Gabrysch, Professorin für Klimawandel und Gesundheit an der Berliner Charité. Das habe sich geändert. Schon heute sind Auswirkungen auch hierzulande zu spüren, wie ein zusätzlicher Bericht von Wissenschaftlern für Deutschland belegt.

Nach einer Analyse des Helmholtz Zentrums München gibt es bereits jetzt mehr Herzinfarkte und Todesfälle infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen an heißen Tagen. Das Problem kann nach dem »The Lancet«-Bericht noch ganz andere Dimensionen bekommen: Wenn sich nichts am Ausstoß von Treibhausgasen ändert, rechnen die Forscher bis zum Ende dieses Jahrhunderts mit jährlich fünf zusätzlichen Hitzewellen in Norddeutschland und mit bis zu 30 mehr in Süddeutschland.

In Alten- und Pflegeheimen sei künftig mehr Personal nötig, etwa um sicherzustellen, dass Senioren ausreichend trinken, sagte Reinhardt. Neben Hitzschlägen drohe sonst akutes Nierenversagen durch Flüssigkeitsmangel. Am stärksten durch Hitze gefährdet seien neben älteren Menschen Säuglinge, chronisch Kranke und Arbeitskräfte im Freien, darunter Bauarbeiter und Landwirte. »Wir begreifen es als unsere ärztliche Pflicht, diese Auswirkungen klar zu benennen und entsprechende Maßnahmen einzufordern.«

Zecken und Mücken als Überträger tropischer Infektionskrankheiten spielen mit steigenden Temperaturen auch in unseren Breiten zunehmend eine Rolle. West-Nil-Fieber wurde in diesem Jahr erstmals bei Menschen in Deutschland festgestellt, die sich mit dem Virus nicht bei Reisen im Ausland, sondern beim Stich heimischer Mücken ansteckten. Zika-Infektionen durch dort heimische Tigermücken wurden erstmals aus Südfrankreich gemeldet. Die Mücken können auch Dengue und Chikungunya übertragen.

Allergieforscher Torsten Zuberbier von der Charité in Berlin begrüßt den Report grundsätzlich. Es fehle jedoch ein wichtiger Aspekt, der auch die Schulleistungen betreffe: Durch den Klimawandel habe sich Pollenflug verstärkt und die Blütezeit verlängert. Zudem breiteten sich allergene Pflanzenarten wie etwa Ambrosia in Europa weiter aus. Daher sei es unverständlich, dass der Report Allergien komplett ignoriere.

Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig sagte, deutsche Ärzte müssten zunehmend von Mücken übertragene Erreger »auf dem Schirm« haben. »So blieben dieses Jahr zum Beispiel die meisten West-Nil-Virus-Infektionen unerkannt, weil bei Grippe-ähnlichen Symptomen niemand an diesen Erreger dachte.« Nötig seien Fortbildungen und gute Testsysteme.

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