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Spannungstyp oder Migräne?

Kopfschmerzen unterscheiden und loswerden

Geht es um Kopfschmerzen, kann fast jeder aus eigener Erfahrung mitreden. Manche leiden an Migräne, Spannungskopfschmerzen hat jeder mal. Tatsächlich ist Kopfschmerz vom Spannungstyp der weltweit am häufigsten auftretende Kopfschmerz. Doch wie unterscheiden sich die Kopfschmerztypen und wie bekommt man sie in den Griff? 
dpa
PTA-Forum
05.09.2024  12:00 Uhr

Wie entstehen Kopfschmerzen überhaupt?

Was dabei ganz genau im Körper passiert, wissen Forschende noch gar nicht. »Das Gehirn selbst ist schmerzunempfindlich. Es geht also eher um Strukturen rund ums Gehirn«, sagt Professor Ulrich Pulkowski, Chefarzt der Klinik für Neurologie an der Schön Klinik Rendsburg.

Der Begriff Spannungskopfschmerz legt nahe, dass eine schmerzhafte Verspannung von Kopfmuskeln die Ursache sein muss. Aber so einfach ist es nicht. Es wirken mehrere Mechanismen zusammen, sagt Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung. Eine Rolle etwa spielen die Schmerzrezeptoren, die in der Muskulatur von Hals, Nacken und Kopfhaut sitzen. Durch äußere Umstände wie etwa Stress können sie aktiviert werden. »Dann schalten diese Schmerzrezeptoren auf Alarm und vermitteln das ans Gehirn«, so Frank Erbguth. Wir empfinden also Schmerz.

Passiert das an mindestens 15 Tagen im Monat über einen Zeitraum von drei Monaten hinweg, gilt so ein Kopfschmerz als chronisch. Tückisch daran ist, dass der Schmerz sich verselbstständigen kann. »Die Filter für die Wahrnehmung schmerzhafter Ereignisse im Gehirn werden mit der Zeit eher empfindlicher – und nicht robuster«, erklärt Erbguth. So kann es dazu kommen, dass irgendwann schon vergleichsweise kleine Belastungen zu Spannungskopfschmerzen führen.

Spannungskopfschmerz oder Migräne?

Der Kopf fühlt sich an, als wäre er in einem engen Helm eingeklemmt. Oder als läge darum ein eisernes Band, das sich enger und enger zuzieht. So beschreiben viele Menschen, wie sich Spannungskopfschmerz für sie anfühlt. Dieser Kopfschmerz vom Spannungstyp, wie er in der Medizin genannt wird, tritt in aller Regel auf beiden Seiten des Kopfes auf. Er lässt sich als eher dumpf und in der Intensität »leicht bis mittel« beschreiben, so Pulkowski.

Anders ist das bei einer Migräneattacke: Dort sitzt der Schmerz in vielen Fällen nur auf einer Seite – links oder rechts. »Der Schmerz ist zum Teil stechend und klopfend – er ist drastischer«, sagt Erbguth. Oft pulsiert er regelrecht.

Während es mit Spannungskopfschmerz oft noch möglich ist, einigermaßen durch den (Arbeits-)Alltag zu kommen, geht bei Migräne meist gar nichts mehr. »Wenn Sie sich mit einer Migräne körperlich anstrengen oder einfach nur eine Treppe hochgehen, haben Sie das Gefühl: Es wird deutlich schlimmer«, so Pulkowski. Dazu erleben viele Betroffene Übelkeit und Lichtempfindlichkeit – sodass sie es nur in abgedunkelten Räumen aushalten können. Bei einem Teil der Migräne-Betroffenen kündigt sich der Schmerz durch eine sogenannte Aura an: Typisch ist dabei etwa ein Flimmern im Gesichtsfeld, das das Lesen schwermachen kann. Es können auch Taubheitsgefühle auftreten, etwa in den Händen oder im Gesicht.

Was tun bei akutem Spannungskopfschmerz?

Sie haben eine Vermutung, warum der Schädel so dröhnt? Dann ist es im ersten Schritt sinnvoll, den Auslöser aus der Welt zu schaffen, rät Neurologe Erbguth. Hat man zu wenig getrunken, ist ein großes Glas Wasser fällig. Könnte akuter Stress dahinterstecken, ist eine Pause angesagt. Ist der Nacken verspannt, kann etwas Bewegung oder Dehnung Lockerung bringen und damit lindernd wirken.

Und abgesehen davon? »Wissenschaftlich belegt ist, dass Pfefferminzöl an der Schläfe und auf der Stirn hilft«, sagt Erbguth. Es sollte sich um 10-prozentiges Pfefferminzöl handeln, am besten trägt man es dreimal im Abstand von je 15 Minuten auf die genannten Stellen auf. »Das brennt ein bisschen und dadurch wird dem Kopf ein neuer Reiz gesendet.« Vereinfacht gesagt, entscheidet das Gehirn: Ich beschäftige mich mit diesem neuen Reiz und höre nicht mehr auf die Schmerzrezeptoren.

Auch Kälte kann helfen, etwa in Form einer kühlenden Kompresse im Nacken – das ist aber nicht wissenschaftlich belegt. »Es gibt auch Menschen, die gehen dann unter die kalte Dusche und sagen: ›Das hilft wunderbar!‹. Anderen hingegen hilft eher Wärme«, sagt Frank Erbguth. Am Ende kommt es also auch darauf an, was einem der eigene Körper signalisiert.

Wann sollte man bei Kopfschmerzen zu Tabletten greifen?

Zur Linderung akuter Spannungskopfschmerzen empfiehlt die neue S1-Leitlinie »Diagnostik und Therapie des Kopfschmerzes vom Spannungstyp« Acetylsalicylsäure (ASS) 500 bis 1000 mg, Ibuprofen 400 mg und Paracetamol 1000 mg. Eine Präferenz für einen bestimmten Wirkstoff gibt es dabei nicht, da es nur wenige direkte Vergleiche zwischen den einzelnen Wirkstoffen gibt. Auch Naproxen und Diclofenac kommen infrage, jedoch liegt für diese Wirkstoffe eine geringere Anzahl aussagekräftiger Studien vor.

Dröhnt der Kopf nur gelegentlich, gibt es aus medizinischer Sicht keinen Anlass, die Zähne zusammenzubeißen und sich die Schmerztablette zu verkneifen. Im Gegenteil: »Man sollte sie relativ früh nehmen. Je länger man wartet, desto schwieriger kann es werden, auf den Schmerz Einfluss zu nehmen«, sagt Pulkowski.

Sind Kopfschmerzen jedoch ein ständiger Begleiter, ist ab einem gewissen Punkt Vorsicht angesagt, was Schmerzmittel angeht. »Wenn man sie an mehr als 15 Tagen im Monat einnimmt, droht Medikamentenübergebrauchs-Kopfschmerz«, sagt Frank Erbguth. Die Tabletten bringen dann als Nebenwirkung selbst Kopfschmerzen mit sich – Startpunkt für einen Teufelskreis.

Und was ist mit Kombipräparaten, die einen oder mehrere Wirkstoffe mit Koffein kombinieren? Studien zufolge sind sie etwas wirksamer als die einfachen Präparate. Da sie jedoch mit mehr Nebenwirkungen einhergehen, gilt laut Pulkowski: »Erstmal den reinen Wirkstoff nehmen – nur Ibuprofen etwa. Wenn man merkt, dass das nicht genügt, kann man auf die Kombination mit Koffein zurückgreifen.« Übrigens: Kombipräparate mit Koffein sollte man nur an maximal 10 Tagen im Monat einnehmen, um keinen Übergebrauchskopfschmerz zu riskieren.

Wann sollte man mit Kopfschmerzen zum Arzt gehen?

Ein stechender Kopfschmerz – mit einer Wucht, die Sie so noch nie erlebt haben? Das ist ein Grund, ihn ärztlich abklären zu lassen. So wie alles, was in Sachen Kopfschmerzen untypisch erscheint, neu aufgetreten ist oder den Alltag stark einschränkt.

»Tritt Migräne nach dem 40. Lebensjahr zum ersten Mal auf, sollte man das zum Beispiel auch abklären lassen, das ist nämlich eher ungewöhnlich«, sagt Pulkowski. Auch bei Lähmungserscheinungen und anderen neurologischen Auffälligkeiten ist es sinnvoll, das Gespräch mit dem medizinischen Profi zu suchen. So lässt sich ausloten, was man tun kann, um die Kopfschmerz-Situation zu verbessern. Infrage kommen zum Beispiel eine Prophylaxe mit bestimmten Medikamenten oder auch Psychotherapie, um besser mit dem Schmerz umgehen zu können.

Wie kann ich Spannungskopfschmerzen vorbeugen?

Wer sich mit der Frage beschäftigt, wie er oder sie Stress besser bewältigen kann, macht schon einmal einen wichtigen Schritt. »Wenig Schlaf, viel arbeiten, danach aber nicht entspannen – das ist eine Lebensweise, die Spannungskopfschmerz unterhält«, sagt Ulrich Pulkowski. Hier kann man ansetzen und mehr Ruhe und Entspannung einbauen. Etwa durch Verfahren wie die Progressive Muskelrelaxation, bei der man bestimmte Muskelpartien bewusst anspannt – und dann loslässt.

Um Kopfschmerzen vorzubeugen, rät er zudem, regelmäßig Ausdauer- oder Krafttraining zu machen. Mindestens 30 bis 45 Minuten an drei Tagen pro Woche kann man sich vornehmen. Auch hier spielt eine Rolle, dass man durch Bewegung den Stress besser loslassen kann und damit die Häufigkeit von Kopfschmerzen verringern kann.

Was tun bei Migräne?

Viele von Kopfschmerzen betroffene greifen auch bei Migräne zu den klassischen Schmerzmitteln Ibuprofen, Paracetamol oder ASS, die auch in den Leitlinien von Fachgesellschaften empfohlen werden. Bei schwerer Migräne versagen diese Schmerzmittel jedoch oft.

In diesen Fällen könnten spezielle Migränemedikamente – Triptane – zum Einsatz kommen, erklärt Christian Maihöfner, Sprecher der Kommission Schmerz der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klinikum Fürth. Diese gebe es mittlerweile in verschiedenen Darreichungsformen: »Triptane können als Spritze, als Tablette oder mittlerweile sogar als Nasenspray verabreicht werden.« Letzteres sei bei Migräne mit Übelkeit von Vorteil.

Seit kurzem stehe mit den Ditanen zudem eine neue Wirkstoffklasse zur Verfügung – vor allem für jene, die aufgrund von Herzkreislauferkrankungen oder einem früheren Schlaganfall auf Triptane verzichten sollten, so Maihöfner. Ditane wirken ähnlich wie Triptane, indem sie Nerven daran hindern, Substanzen freizusetzen, die Migräne auslösen

Darüber hinaus werden Betablocker, Antidepressiva und vereinzelt auch Epilepsie-Mittel vorbeugend eingesetzt. Letztere können allerdings fruchtschädigend wirken. Manche Betroffene berichten von positiven Erfahrungen mit Magnesium oder Vitamin B2. Bei chronischer Migräne, von der man bei mehr als 15 Tagen im Monat spricht, können darüber hinaus Botulinumtoxin-Injektionen verschrieben werden.

Entspannung, Bewegung und Achtsamkeit helfen auch bei Migräne

Auch bei Migräne gilt: Bevor Prophylaxe-Medikamente genommen würden, sollten allerdings nichtmedikamentöse Optionen versucht werden. »Hier spielen Entspannungsverfahren wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung eine wichtige Rolle, aber auch Meditation und Achtsamkeit«, zählt Maihöfner auf. Ebenso könne Ausdauersport in Form von Schwimmen, Joggen oder Nordic Walking helfen.

Gudrun Goßrau, Generalsekretärin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft unterstreicht zudem die Wichtigkeit eines regelmäßigen Tagesablaufs: »Zur gleichen Zeit essen, zur gleichen Zeit und ausreichend schlafen, den Alltag nicht zu voll packen: Gerade bei wiederkehrender Migräne ist das wichtig.« Die Neurologin betont auch die Bedeutung von Aufklärung: So kämen Triptane aus Angst vor Nebenwirkungen zu selten zum Einsatz, Männer seien unterbehandelt – nicht zuletzt, weil Migräne als Frauenkrankheit gelte – und zudem werde das Auftreten in jungen Jahren vernachlässigt. Tatsächlich sind laut DMKG fast zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen betroffen.

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