Krankheit mit vielen Gesichtern |
Ein Schmetterling-förmiges Erythem im Gesicht kann einen Lupus Erythematodes anzeigen, ist aber bei Weitem nicht das einzige mögliche Symptom. / Foto: Adobe Stock/Dave
Lupus erythematodes ist eine seltene Erkrankung, die zur Gruppe der entzündlich rheumatischen Erkrankungen gehört. In der Praxis treten Gelenkschmerzen oder -schwellungen ausschließlich bei der am weitest verbreiteten, systemischen Variante des Lupus, dem systemischen Lupus erythematodes (kurz: SLE) auf. Etwa 90 Prozent der Patienten nehmen sie zum Anlass, um erstmals einen Arzt aufzusuchen. Betroffen sind meist die Finger-, Hand- und Kniegelenke.
Typisch für den SLE ist auch das sogenannte Schmetterlingserythem, eine fleckige Rötung, die sich symmetrisch über den Nasenrücken und die Wangen erstreckt. Zwischen 60 und 70 Prozent der SLE-Betroffenen entwickeln das Schmetterlingserythem im Krankheitsverlauf, oft tritt es in aktiven Phasen der Erkrankung auf. Bei 30 bis 50 Prozent ist es sogar das erste Symptom der Erkrankung. Da es jedoch häufig in Kombination mit Sonneneinstrahlung entsteht, wird es oft als Sonnenbrand fehlgedeutet.
Darüber hinaus gibt es eine Vielfalt an weiteren Symptomen, doch nicht jeder SLE-Betroffene zeigt alle Symptome. In der Regel ergibt sich ein ganz individuelles Bild, das die Abgrenzung zu anderen Erkrankungen und die Diagnose erschwert. Um diese zu vereinfachen, hat das American College of Rheumatology (ACR) Klassifikationskriterien entwickelt (siehe Kasten). Sind mindestens vier Symptome vorhanden, besteht der dringende Verdacht auf einen SLE .
SLE-Betroffene sind überwiegend weiblich. Im Haupterkrankungsalter zwischen dem 16. und 45. Lebensjahr sind Frauen zehnmal häufiger betroffen als Männer. Experten vermuten, dass Estrogen hierbei eine entscheidende Rolle spielen könnte. Im Kindesalter hingegen ist die Geschlechtertendenz noch nicht so stark ausgeprägt. Das Verhältnis Mädchen zu Jungen liegt bei 5:1.
Bei der zweiten großen Erkrankungsgruppe, dem kutanen Lupus erythematodes (kurz: Haut-Lupus) ist das Geschlechterverhältnis mit 3:1 bis 3:2 Frauen zu Männern ausgeglichener. Wie der Name bereits vermuten lässt, beschränkt sich die Symptomatik hier ausschließlich auf die Haut, kann aber wie beim SLE sehr verschieden aussehen. Mediziner unterscheiden vier Hauptvarianten sowie einige Unterformen. Bei allen zeigen sich erste Symptome überwiegend zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Bei etwa 20 Prozent der Betroffenen geht der Haut-Lupus binnen drei bis fünf Jahren in einen SLE über.
Die bekannteste Form des Haut-Lupus ist vermutlich der scheibchenförmige (diskoider) Lupus (CDLE), der unbehandelt zu deutlich sichtbaren Narben wie beim britischen Sänger Seal führt. Ausgehend von einem Haarfollikel entwickeln sich vor allem im Kopf- und Halsbereich stark gerötete und verhornte, münzförmige Läsionen. Diese können einzeln oder an vielen Stellen auftreten und auch zusammenwachsen. Beim Abheilen bilden sich die typischen unter dem umliegenden Hautniveau liegenden Narben (atrophe Narben). Sie zu verhindern oder zumindest abzuschwächen, ist nur durch eine frühzeitige Behandlung möglich. Der Haarfollikel wird während des Prozesses zerstört, sodass im betroffenen Bereich ein unumkehrbarer Haarverlust auftritt. Zudem können Hypopigmentierungen und sichtbar erweiterte Blutgefäße auftreten. Bei einigen Betroffenen werden zusätzlich die Mund-, Nasen- und Genitalschleimhaut von der Krankheit erfasst.
Ausgeprägte Narben hinterlässt auch der Lupus erythematodes profundus (LEP). Hier entwickeln sich an Armen, Oberschenkeln, Brust oder im Gesicht schmerzhafte, tief sitzende Knoten, die mit einer Hautrötung einhergehen und als atrophe Narbe abheilen.
Eine Sonderstellung in der Gruppe des Haut-Lupus nimmt der akute kutane Lupus erythematodes (ACLE) ein. Zwar sind die Symptome hier ebenfalls auf die Haut beschränkt, allerdings ist er fast immer mit einem systemischen Lupus erythematodes assoziiert. Die Hautsymptome sind häufig nur das erste Anzeichen oder zeigen einen kommenden Schub an. Neben dem Schmetterlingserythem, das von einem leichten Ödem und Hautschuppung beim Abheilen begleitet werden kann, treten bei einem ACLE knotig-fleckige Hautausschläge auf. Sie treten vor allem an UV-exponierter Haut auf, wobei typischerweise die Fingerknöchel ausgespart bleiben. Haarverlust, Geschwüre im Schleimhautbereich und eine Erweiterung der Blutgefäße an der Nagelfalz sind weitere Anzeichen. Hautveränderungen durch einen ACLE heilen in der Regel ohne Narbenbildung ab, allerdings können postinflammatorisch Hyper- und Hypopigmentierungen auftreten.
Ebenfalls ohne Narben, dafür aber mit der Gefahr großflächiger Pigmentstörungen, heilt der subakut kutane Lupus erythematodes (SCLE) aus. Er ist gekennzeichnet durch symmetrische Hautveränderungen an Rücken, Hals, Brust und Armstreckseiten, die einer Psoriasis ähneln. Neben scheibchenförmigen Plaques mit randständiger Schuppung, zeigen sich seltener auch ringförmige Läsionen.
Abhängig von äußeren Einflüssen sind der Lupus erythematodes tumidus (LET) und der Chilblain Lupus erythematodes (CHLE). Während sich ersterer ein bis zwei Wochen nach einer UV-Exposition mit scharf begrenzten, rötlichen Papeln und Plaques bemerkbar macht, tritt letzterer vor allem in der feuchtkalten Jahreszeit auf. Hier bilden sich symmetrische, schmerzhafte, bläulich-rote Schwellungen, die in große polsterartige Knoten übergehen können und vor allem Zehen, Fersen und Fußsohlen, aber auch Finger, Ohren und Nase betreffen.
So individuell wie die Symptome gestaltet sich beim Lupus erythematodes auch die Therapie. Zu den Basistherapeutika gehören Antimalariamittel wie Hydroxychloroquin. Sie werden sowohl beim SLE als auch beim Haut-Lupus eingesetzt. Neben einer immunmodulierenden Wirkung sollen sie beim Haut-Lupus das Risiko einer Vernarbung oder Pigmentstörung reduzieren. Bis sich die Hautsymptome bessern, dauert es im Durchschnitt etwa drei Monate. Bei milden Verläufen mit Hautbeteiligung und muskuloskelettalen Beschwerden kommen zudem bedarfsgesteuert topische und systemische Glucocorticoide und nicht steroidale Antirheumatika zum Einsatz. Ergänzend stehen verschiedene Immunsuppressiva sowie Methotrexat zur Verfügung. Die Biologika Belimumab und Rituximab sind therapierefraktären Verläufen vorbehalten.
Ziel der Behandlung ist es, Krankheitsschübe und Organschäden zu vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen langfristig zu erhalten. Dies gelingt heute im Gegensatz zu früher sehr gut. Betroffene haben keine Einschränkung ihrer Lebensqualität mehr zu erwarten, und mit einer gut abgestimmten Behandlung sind symptomfreie Intervalle von mehreren Jahren möglich. Zudem kann sich die Symptomatik mit zunehmendem Alter abschwächen.
Ergänzend können Patienten einiges tun, um die Krankheit unter Kontrolle zu behalten. Dazu gehört der Schutz vor UV-Strahlung, die als Trigger für Hautsymptome gilt. Empfohlen werden das Tragen lichtundurchlässiger Kleidung inklusive Kopfbedeckung und das Verwenden eines Sonnenschutzmittels (LSF 50+). In diesem Zusammenhang können PTA und Apotheker ihre Kunden noch einmal darauf hinweisen, dass Fensterglas und Autoscheiben für UV-A-Strahlung durchlässig sind und Sonnenschutzmaßnahmen deshalb auch im vermeintlich geschützten Innenbereich erforderlich.
Die Leitlinie »Diagnostik und Therapie des kutanen Lupus erythematodes« der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft empfiehlt außerdem, aktives und passives Rauchen zu vermeiden. Beide gelten als Risikofaktor für den Haut-Lupus und können die Symptomatik verstärken. Betroffene können zudem über das Köbner-Phänomen aufgeklärt werden. Unspezifische Reize wie Kratzen oder Traumata durch Tätowierungen, Kontaktallergien, Verbrennungen oder Wundverletzungen können das Auftreten eines scheibchenförmigen Lupus provozieren. Zur Vorsicht wird auch bei einigen Medikamenten geraten. Das Antimykotikum Terbinafin, das Diuretikum Hydrochlorothiazid und der Calcium-Kanalblocker Diltiazem können Lupus-Symptome auslösen und sollten gemieden werden.