Kreidezähne mit Fragezeichen |
Ist das Gebiss gesund und kräftig? Oder zerbröseln die Zähne schier? Kreidezähne sind bei den Heranwachsenden ein zunehmendes Problem. / Foto: Adobe Stock/azamyatina
Etwa 230.000 Sechs- bis Neunjährige waren im Jahr 2019 wegen Kreidezähnen in zahnärztlicher Behandlung. Mindestens acht Prozent aller Heranwachsenden in dieser Altersgruppe waren damit von einem viel zu weichen Zahnschmelz betroffen. Tatsächlich dürfte die Quote sogar noch höher sein, da sie in ihrer leichten Ausprägung nicht invasiv behandelt werden müssen. »Kreidezähne sind besonders kariesanfällig und bedürfen bei schwerer Ausprägung lebenslang einer Behandlung beziehungsweise Folgebehandlungen. Dabei gibt es massive regionale Unterschiede beim Auftreten, die rein medizinisch nicht erklärbar sind«, sagt Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der Barmer.
Bei den genauen Ursachen für Kreidezähne - medizinisch Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) genannt -sind sich Wissenschaftler derzeit noch nicht einig. Verschiedene Auslöser stehen im Raum. „So kommen unter anderem Mikroplastik in Spielzeugen oder in kosmetischen Produkten, Kunststoffweichmacher wie Bisphenol A etwa in Babyprodukten, Probleme in der Schwangerschaft, die Einnahme von Antibiotika, aber auch Erkrankungen wie Windpocken infrage. Eine weitere Ursachenforschung zur Hypomineralisation ist dringend erforderlich.
Kreidezähne werden nach der Analyse bei Kindern in manchen Bundesländern beinahe doppelt so häufig vermutet wie in anderen Regionen. So reichte der Anteil der Sechs- bis Neunjährigen mit einer behandlungsbedürftigen MIH im Jahr 2019 von 5,5 Prozent in Hamburg bis hin zu 10,2 Prozent in Nordrhein-Westfalen. Demnach wären vor allem Heranwachsende im Westen und Nordosten Deutschlands von schwerer MIH betroffen. Bei der Betrachtung der einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte sind die potenziellen Unterschiede noch größer. Hier reichte die berechnete Prävalenz von 3,3 Prozent in Memmingen bis hin zu 14,7 Prozent in Kaiserslautern. Damit zeigte die Analyse der BARMER-Daten auch, dass Kreidezähne regional offenbar extrem unterschiedlich auftreten. Eine Beziehung zwischen Kreidezähnen und der Verteilung der Zahnärzte in Stadt und Land oder der Zahnarztdichte in einer Region als Ursache schlossen die Studienautoren aus.
Weiter geht aus der Analyse hervor, dass sowohl Kinder aus einkommensschwachen als auch aus sehr einkommensstarken Elternhäusern verstärkt wegen Kreidezähnen behandelt werden. »MIH scheint auch bei Kindern aus wohlhabenden Elternhäusern häufiger aufzutreten. Dabei sind einige Studien bisher davon ausgegangen, dass Kinder aus einkommensschwachen Schichten besonders betroffen sind«, sagt Marschall.
Die Schmelzbildungsstörung bei Kreidezähnen tritt meist an den ersten bleibenden Backenzähnen auf, häufig auch an den bleibenden Frontzähnen. In manchen Fällen sind schon Milchzähne betroffen. Sobald Kreidezähne festgestellt werden, müssen Prophylaxe-Maßnahmen verstärkt werden. Andernfalls ist das Risiko umso größer, dass die Zähne schneller porös werden und einzelne Stücke abbrechen.