Kritik richtig anbringen |
Ohne geht es nicht: Richtig zuhören ist eine wichtige Zutat auch und gerade für unangenehme Gespräche. / Foto: Adobe Stock/BillionPhotos.com
Unangenehmen Gesprächen gehen die meisten Menschen gerne aus dem Weg - das gilt beruflich und privat. Wenn aber in der Apotheke bestimmte Verhaltensweisen von Kollegen dauerhaft stören, fachliche Leistungen immer wieder fehlerhaft sind oder die interne Zusammenarbeit einfach nicht richtig funktioniert, wird ein klärendes Gespräch früher oder später unumgänglich.
Wenn bei einem Kollegen wiederholt fachliche Fehler auftreten, ist ein Gespräch darüber, wie sich diese Fehler künftig vermeiden lassen, unbedingt erforderlich. Beginnen Sie das Gespräch freundlich, aber bestimmt: »Es geht um …..« oder »Ich möchte mit dir gerne einmal über …… sprechen.« Nennen Sie zurückliegende Fehler und schildern Sie die negativen Konsequenzen für Kunden, Kollegen, Arbeitsabläufe oder Qualität. Geben Sie dem Kollegen dann Gelegenheit, sich zu Ihren Aussagen zu äußern, indem Sie fragen: »Wie siehst du das?« Stellen Sie anschließend dar, welche Verbesserungen oder Veränderungen erforderlich sind. Fragen Sie den Kollegen nach konkreten Maßnahmen und eigenen Lösungsvorschlägen: »Was kannst du beziehungsweise was können wir tun, um ……… zu verbessern?« Machen Sie bei Bedarf eigene Vorschläge: »Ich schlage vor, dass….« Treffen Sie abschließend eine konkrete Vereinbarung über zukünftige Veränderungen. Oft hilft es dem Gesprächsklima, wenn man einen eigenen Fehler nennt und zugleich darauf hinweist, dass Fehler zwar nie ganz vermeidbar sind, aber keinesfalls wiederholt auftreten dürfen. Eigene Fehler zuzugeben signalisiert, dass man selber auch nicht perfekt ist und dass man das Gespräch daher nicht negativ betrachtet. Auf diese Weise fällt es dem Gesprächspartner leichter, eigene Fehler einzugestehen und die bisherige Arbeitsweise kritisch zu überdenken.
Neben fachlichen Fehlern können auch bestimmte Verhaltensweisen einzelner Kollegen die Zusammenarbeit beeinträchtigen. Vielleicht überzieht eine Kollegin häufig die Pausen, kommt regelmäßig zu spät oder gibt wichtige Informationen nicht zuverlässig weiter. Wenn Sie diese Verhaltensweisen nicht dauerhaft hinnehmen möchten, ist auch in diesen Fällen ein Gespräch unumgänglich. Sagen Sie dem Kollegen einleitend, dass Sie gerne mit ihm zusammenarbeiten. Erwähnen Sie dann, dass Ihnen etwas aufgefallen ist, worüber Sie gerne mit ihm sprechen möchten. Oder Sie beginnen mit der Einstiegsfrage: »Darf ich dir heute einmal etwas Persönliches sagen?« Das vermutlich folgende »Ja« des Kollegen ist die Erlaubnis, nun auch etwas Kritisches zu äußern. Sagen Sie dann, dass es Ihnen schwerfällt, das folgende Thema anzusprechen und beschreiben Sie anschließend die störende Verhaltensweise: »Ich möchte dir nicht zu nahe treten und es fällt mir wirklich sehr schwer, dir das jetzt zu sagen. Aber mir ist aufgefallen, dass du häufig die Pausen überziehst.« Betonen Sie, dass der Kollege sich sicherlich nicht absichtlich oder böswillig so verhält und dass ihm die Auswirkungen seines Verhaltens auf andere Mitarbeitende vermutlich gar nicht bewusst sind: »Bestimmt hast du das selbst gar nicht bemerkt.« Sprechen Sie dann gemeinsam, wie es künftig besser klappen könnte.
Wenn Sie Ihrem Gesprächspartner eine unangenehme Neuigkeit mitteilen müssen, so formulieren Sie Ihre Nachricht kurz und bündig - ohne lange »um den heißen Brei« herumzureden und ohne den Sachverhalt zu beschönigen. Erläutern Sie bei Bedarf die Ursachen der Situation und die erforderlichen Maßnahmen. Versuchen Sie, ein Wir-Gefühl zwischen Ihnen und dem Gesprächspartner herzustellen oder bei mehreren Betroffenen eine »Wir-sitzen-alle-in-einem-Boot«-Stimmung zu erzeugen. Unangenehme Situationen werden oft erträglicher, wenn sie nicht allein, sondern gemeinsam bewältigt werden und die berechtigte Hoffnung auf eine zukünftige Verbesserung besteht. Machen Sie daher möglichst ein Licht am Ende des Tunnels sichtbar, indem Sie einen positiven Ausblick auf die zukünftige Entwicklung geben.
Manche Menschen reagieren in unangenehmen Gesprächssituationen unsachlich, verärgert, aggressiv, ablehnend oder enttäuscht und traurig. Überlegen Sie sich daher vorab geeignete Verhaltensweisen und Formulierungen, mit denen Sie auf vorhersehbare emotionale Äußerungen reagieren können. Wählen Sie aus den folgenden Vorschlägen im Einzelfall diejenige Maßnahme aus, die am besten zu Ihrer individuellen Situation passt.
Zeigen Sie Ihrem Gesprächspartner zunächst, dass Sie seine emotionale Reaktion verstehen und mit ihm über eine konstruktive Lösung sprechen möchten. Wenn Sie sagen »Ich verstehe Ihre Reaktion«, bedeutet das ja nicht unbedingt, dass Sie derselben Meinung sind wie Ihr Gesprächspartner. »Ich verstehe« bedeutet in diesem Fall nur, dass Sie akzeptieren, dass Ihr Gesprächspartner auf eine bestimmte Art und Weise reagiert. »Ich verstehe« sorgt in vielen Fällen dafür, dass das Gespräch nicht weiter eskaliert, denn Ihr Gesprächspartner fühlt sich nun verstanden und ernst genommen.
Wenn der Gesprächspartner besonders verärgert und aufgeregt reagiert, hört er oft nicht mehr richtig zu und nimmt Ihre Aussagen daher nicht mehr vollständig auf. Wiederholen Sie bei Bedarf die wichtigsten Aussagen mehrfach, bis Sie das Gefühl haben, dass der Gesprächspartner ruhiger wird und Ihre Aussagen vollständig bei ihm angekommen sind.
Falls Ihr Gegenüber sich in seiner Wortwahl vergreift, so fordern Sie ihn ausdrücklich auf, sachlich zu bleiben. Beispiel: »Ich bin nicht bereit, mich in diesem Ton mit Ihnen zu unterhalten. Lassen Sie uns bitte ruhig und sachlich bleiben.« Bei taktlosen oder unsachlichen Äußerungen können Sie Ihren Gesprächspartner auch bitten, das Gesagte noch einmal zu wiederholen. Beispiel: »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe. Können Sie das bitte noch einmal wiederholen?« In der Regel wird dem Mitarbeiter dann bewusst, dass er zu weit gegangen ist, und er schwächt seine Aussage ab. Übergehen Sie in diesem Fall die ursprüngliche Aussage und führen Sie das Gespräch ruhig fort. Oder Sie schweigen nach der unsachlichen Aussage bewusst für einige Sekunden. Lassen Sie die Stille wirken und blicken Sie Ihrem Gesprächspartner fest in die Augen. Viele Menschen machen in dieser Situation einen Rückzieher: »Ich habe damit nur gemeint, dass .…!« Anschließend können Sie das Gespräch in Ruhe fortsetzen.
Wenn trotz der genannten Maßnahmen kein sachliches Gespräch möglich ist, so können Sie das Gespräch auch abbrechen, indem Sie sagen: »Ich glaube, es ist besser, wir beenden unser Gespräch an dieser Stelle und unterhalten uns morgen in aller Ruhe über dieses Thema.« Diese Verhaltensweise können Sie auch einsetzen, wenn Sie bereits vor Beginn des Gesprächs vermuten, dass Ihr Gesprächspartner sehr emotional reagieren wird. Geben Sie dem Betreffenden Gelegenheit, zunächst in Ruhe über Ihre Aussagen nachzudenken, indem Sie sagen: »Sie brauchen sich jetzt nicht sofort dazu zu äußern. Ich schlage vor, dass Sie einmal in Ruhe über diesen Punkt nachdenken und wir morgen über eine Lösung sprechen.« Hinter diesem Vorschlag steckt die Erkenntnis, dass sich viele Dinge leichter und weniger emotional besprechen lassen, wenn man eine Nacht darüber geschlafen hat. Dann verläuft das nächste Gespräch oft deutlich angenehmer und endet eher mit einem positiven Ergebnis.