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Milchalternativen

Kuhmilch versus Pflanzendrinks

Ob aus Hafer, Mandel oder Soja – immer mehr Menschen ersetzen Kuhmilch durch Drinks auf pflanzlicher Basis. Dabei spielen neben gesundheitlichen Gründen vor allem Klimaaspekte und das Tierwohl eine Rolle. Was in den Milchalternativen steckt und wie sie ernährungsphysiologisch punkten
Barbara Döring
28.08.2024  08:30 Uhr

In vielen Cafés ist es heute selbstverständlich, dass der Latte macchiato oder Cappuccino nicht automatisch mit Kuhmilch zubereitet wird. Immer häufiger kann man eine oder mehrere pflanzliche Milchalternativen wählen. Auch fürs Müsli oder zum Backen greifen Verbraucher immer häufiger auf Pflanzendrinks zurück. Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Allein von 2020 bis 2022 hat sich der Absatz der veganen Ersatzprodukte verdoppelt, während 12 Prozent weniger herkömmliche Trinkmilchprodukte verkauft wurden.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Manch einer verträgt Kuhmilch nicht. Andere möchten mit der Wahl der pflanzlichen Alternative einen Beitrag zum Klimaschutz leisten oder leben aus ethischen Gesichtspunkten vegan. Auch wählt so mancher Verbraucher die Milchalternative zusätzlich zur Kuhmilch, um Abwechslung auf den Speiseplan zu bringen. Den Namen Milch dürfen rechtlich gesehen übrigens nur Produkte tragen, die aus dem Euter von Tieren stammen. Pflanzliche Milchalternativen werden deshalb in der Regel als Drinks bezeichnet oder als »Milchalternativen aus pflanzlichen Quellen« beworben.

In Sachen Klimabilanz schneiden die pflanzlichen Produkte besser ab, wie Untersuchungen zeigen. So errechnete das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) im Jahr 2019 für die Produktion eines Liter Haferdrinks inklusive Transport und Verpackung einen Wert von etwa 0,3 kg CO2-Äquivalenten. Die Wirkung auf das Klima ist damit für Kuhmilch im Schnitt viermal größer. Das liegt vor allem an den schädlichen Klimagasen, die Kühe bei der Verdauung in großen Mengen freisetzen und die beim Anbau von Futtermitteln und der Lagerung von Gülle freigesetzt werden. Obwohl Haferdrinks stärker verarbeitet sind als Kuhmilch, weist sie deshalb eine bessere Klimabilanz auf. Hafer stammt zudem in der Regel aus Deutschland oder Europa, sodass beim Transport wenig Emissionen entstehen.

Neben dem Klassiker Sojadrink, der schon vor Jahrzehnten den Weg in die Reformhausregale fand, und dem Verkaufsschlager aus Hafer, finden sich auch Drinks auf Basis von Mandeln, Reis und Nüssen sowie Dinkel. Im Kommen sind zudem Hülsenfruchtprodukte etwa aus Lupinen oder Erbsen. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit pflanzliche Drinks im Hinblick auf ihren Gehalt an Nähr- und Vitalstoffen mit Kuhmilch mithalten können, wenn sie diese ersetzen sollen. Im vergangenen Jahr hat das Max-Rubner-Institut (MRI) die Ergebnisse eines institutsübergreifenden Projekts aus den Jahren 2022/23 veröffentlicht. Wissenschaftler hatten dafür 36 Proben von Hafer-, Mandel- und Sojadrinks in Bioqualität im Hinblick auf ihre Qualität und Sicherheit überprüft. Dabei wählten sie ausschließlich Proben von ungesüßten und nicht mit Vital- oder Nährstoffen angereicherten Produkten.

Nährstoffverteilung

Insgesamt war die Spanne der Nährstoffgehalte der getesteten Pflanzendrinks groß. Sojadrinks lieferten insgesamt am meisten Eiweiß, wobei auch die Qualität der Sojaproteine am besten ausfiel. Der Proteingehalt der verschiedenen Drinks variierte zudem weniger stark als bei den Hafer- oder Mandelvarianten. Sojadrinks schnitten auch beim Ballaststoffgehalt gut ab: Sie enthielten den höchsten Gesamtballaststoff-Gehalt, während Haferdrinks bei den wasserlöslichen Ballaststoffen vorne lagen.

Ein Wermutstropfen der Hafergetränke: Sie enthielten aufgrund des enzymatischen Abbaus von Haferstärke von allen pflanzlichen Milchalternativen am meisten Zucker. Bei allen anderen Sorten war der Zuckergehalt sehr gering. Den höchsten Fettgehalt wiesen Mandeldrinks auf, wobei die günstigen Fettsäuren Ölsäuren und Linolsäure wie auch bei den anderen Sorten überwogen. Mandeldrinks enthielt vor allem Ölsäure, bei den Sojadrinks war der Anteil an α-Linolensäure am höchsten. Da fast allen getesteten Haferdrinks Sonnenblumenöl unterschiedlicher Qualität zugesetzt war, variierte hier das Verhältnis der Fettsäuren stark.

Im Hinblick auf Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente konnten Sojadrinks mit den höchsten Gehalten punkten. Die Konzentration an wasserlöslichen Vitaminen war jedoch bei allen Sorten gering. Vitamin C wurde in keiner Milchalternative nachgewiesen. Auch die Menge an Carotinoiden war insgesamt niedrig. Beim Calcium- und Magnesiumgehalt lagen Sojadrinks ebenfalls vorne, wobei die Bioverfügbarkeit von Calcium bei Sojadrinks durch den relativ hohen Gehalt an Phytat laut MRI eingeschränkt sein dürfte. Phytat kann die Aufnahme von Mineralstoffen und Spurenelementen stören. Als Calciumquelle liegen Haferdrinks mit durchschnittlich 4,4 mg pro 100 g auf dem letzten Platz.

Da alle Pflanzendrinks Phytat enthielten, ist nach den berechneten Mengenverhältnissen davon auszugehen, dass auch die Bioverfügbarkeit von Eisen und Zink bei allen Sorten beeinträchtigt ist, nicht jedoch die von Magnesium. Wegen der in Sojadrinks enthaltenen Isoflavone sollten diese von bestimmten Risikogruppen wie Frauen mit Brustkrebs oder Brustkrebs-Vorgeschichte, bei Schilddrüsenfehlfunktionen oder Jodmangel nur in Maßen bis etwa 250 g täglich verzehrt werden, um unter dem empfohlenen Wert von 50 mg Isoflavone pro Tag zu bleiben.

Vergleich mit Kuhmilch

Wer bei der Ernährung Kuhmilch durch Pflanzendrinks ersetzt, sollte vor allem seine Calcium- und Proteinversorgung im Blick behalten. Schließlich empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Milch und Milchprodukte explizit als Calciumquelle. Für Frauen sind sie zudem die wichtigste Proteinquelle, für Männer die zweitwichtigste. Das MRI hat die Pflanzendrinks aus Hafer, Mandel und Soja im Hinblick auf die Inhaltsstoffe mit Kuhmilch verglichen. Dabei wurde H-Milch herangezogen, da diese in Bezug auf Haltbarkeit und der damit verbundenen Verarbeitung den Pflanzendrinks am nächsten kommen. Die Milchalternativen waren auch in dieser Untersuchung nicht angereichert.

Dabei zeigte sich, dass die Proteinqualität der untersuchten Hafer- und Mandeldrinks aufgrund der geringen Gehalte an der Aminosäure Lysin und schwefelhaltigen Aminosäuren im Vergleich zu Kuhmilch geringer ist. Sojadrinks schnitten in dieser Hinsicht ähnlich gut ab wie das tierische Produkt, das jedoch insgesamt die günstigste Proteinqualität aufweist. Bei einer veganen Ernährung kann laut MRI der Konsum von Sojadrinks anstelle von Hafer- oder Mandeldrinks für die Proteinversorgung von Vorteil sein.

Der Gehalt an ernährungsphysiologisch eher ungünstigen gesättigten Fettsäuren war in den Pflanzendrinks niedriger als in Kuhmilch, der Anteil der günstigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren deutlich höher. Von Vorteil ist zudem der Gehalt an Ballaststoffen in allen Pflanzendrinks. Dagegen liegt Kuhmilch vorne, wenn es um Vitamine geht. Mit Ausnahme von Vitamin E und Folaten ist das tierische Produkt diesbezüglich die beste Quelle, vor allem für Vitamin B12. Ungünstig kann sich der Ersatz von Kuhmilch durch Pflanzendrinks auch im Hinblick auf die Versorgung mit Calcium, Jod und Zink auswirken. Den höchsten Gehalt an Calcium pro 100 g weisen Sojadrinks im Mittel 14,6 mg auf, während es Kuhmilch auf 120 mg bringt. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät, Pflanzendrinks mit zugesetztem Calcium zu wählen, wenn auf Milch und Milchprodukte verzichtet wird. Die Spurenelemente lagen bei den Pflanzendrinks zum Teil unter der Nachweisgrenze. Dagegen könnten Sojadrinks zu einer besseren Versorgung mit Magnesium und Eisen beitragen.

Gerade wegen des geringeren Gehalts an Calcium und meist auch Proteinen sind Pflanzendrinks nicht als gleichwertiger Ersatz zur Kuhmilch zu betrachten. Vor allem bei Kindern, die zum Beispiel wegen einer Allergie keine Milch vertragen, sollten Eltern nicht ohne ärztliche Diagnose und Beratung durch eine Ernährungsfachkraft auf Pflanzendrinks umstellen. Wichtig ist es dann, gezielt Lebensmittel zu wählen, die geeignet sind, alle essenziellen Stoffe adäquat zu ersetzen.

Eventuelle Risiken

Pflanzliche Rohstoffe können mit Schimmelpilzen befallen sein, die mitunter in verarbeitete Produkte übergehen. Das MRI hat Hafer-, Soja- und Mandeldrinks auch auf den Gehalt von Mykotoxinen wie Aflatoxin B1 sowie der vom Schimmelpilz der Gattung Fusarium hergestellten Fusarientoxine Deoxynivalenol (DON), T-2 und HT-2 untersucht. Aflatoxin ist genotoxisch und kanzerogen, wobei es im Hinblick auf die kanzerogene Wirkung keinen sicheren Schwellenwert gibt. DON wiederum kann, langfristig schon in niedriger Dosis aufgenommen, die Kindesentwicklung beeinträchtigen. In größeren Mengen verursacht es akut Magen- und Darmbeschwerden wie Erbrechen und Durchfall und kann Kopfschmerz oder Fieber auslösen. T-2 und HT-2 schädigen das Knochenmark und die Blutzellen und stören die Blutbildung.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat die nachgewiesenen Mengen an Mykotoxinen für die besonders empfindliche Gruppe der Kinder im Alter unter sechs Jahren gesundheitlich bewertet. Bei den geprüften Sojadrinks waren insgesamt nur in wenigen Proben Mykotoxine nachweisbar, sodass die Aufnahme als vernachlässigbar betrachtet wird. Weniger unbedenklich bewertete das BfR dagegen Mandeldrinks: In 23 von 24 Proben fand sich Aflatoxin B1. Bei einem regelmäßigen Verzehr könnte es deshalb zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen. In 33 von 37 Haferdrinkproben fand sich DON und in 29 Proben T-2 und HT-2, allerdings in Mengen, die auch bei langfristigem Verzehr keine gesundheitliche Beeinträchtigung erwarten lassen. Da jedoch auch andere Haferprodukte Fusarientoxine enthalten könnten, erhöht sich das Risiko, wenn mehrere Haferprodukte verzehrt werden. Da die Daten nicht repräsentativ erhoben wurden, geben sie laut BfR nur einen ersten Einblick zu den Gehalten der Pilzgifte in Pflanzendrinks.

Reisdrinks wurden in den Untersuchungen nicht berücksichtigt. Sie gelten von allen Milchalternativen als die allergieärmsten. Allerdings ist der Herstellungsprozess aufwendig und mit 0,3 g Eiweiß ist der Anteil der Proteine gering. Zudem gilt für Reis und Reisprodukte allgemein, dass sie aufgrund der möglichen Belastung mit Arsen nicht in übermäßiger Menge verzehrt werden sollten. Eltern ist zu raten, Säuglinge und Kinder nicht ausschließlich mit reisbasierten Getränken wie Reisdrinks oder Beikost wie Reisbrei zu ernähren.

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