Kunstherz als Alternative |
Auf eine Herztransplantation warten jedes Jahr weit mehr Menschen als Spenderorgane vorhanden sind. / Foto: Adobe Stock/fivepointsix
Die Gründe, warum ein Herz zu versagen droht, sind vielfältig. Eine Herzmuskelentzündung, ein langjähriger Bluthochdruck, ein überstandener Herzinfarkt oder angeborene Herzfehler können das Herz so sehr belasten, dass es nicht mehr die notwendige Leistung erbringt. Mediziner sprechen von einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche) und unterscheiden die akute von der chronischen Form. Erstere tritt innerhalb weniger Minuten bis Stunden ein und äußert sich unter anderem mit stechenden Brustschmerzen, Atemnot, Angstgefühlen, Schwindel und Bewusstlosigkeit.
Nach Angaben der Deutschen Herzstiftung kommt es pro Jahr zu über 465.000 Klinikeinweisungen aufgrund einer Herzschwäche. Bei vielen der Patienten stellt sich heraus, dass hinter dem akuten Notfall eine chronische Herzinsuffizienz steckt. Neben der Behandlung der auslösenden Grunderkrankung helfen Diuretika, ACE-Hemmer, ARNI und Beta-Blocker, das Herz wieder zu entlasten. Viele Patienten können so weiterhin ein normales und aktives Leben führen, von ihrer Herzschwäche bemerken sie im Alltag nichts. Auf der New York Heart Association (NYHA) Skala entspricht dieser Zustand dem Stadium I.
Mitunter schreitet die Erkrankung trotz Ausschöpfung aller medikamentösen und chirurgischen Maßnahmen fort. Beschwerden der Herzschwäche zeigen sich nun zunächst bei starker körperlicher Belastung (Stadium II), später bei leichter körperlicher Belastung (Stadium III) und zuletzt auch in Ruhe (Stadium IV). Bis erwachsene Patienten Stadium IV erreichen, vergehen häufig Monate bis Jahre. Bei Kindern mit schweren Herzfehlern verschlechtert sich der Zustand oft wesentlich schneller. Unabhängig von der Schnelligkeit steht am Ende das terminale Herzversagen. Um dieses zu verhindern, bleiben nur noch zwei Optionen: Herztransplantation oder Kunstherz.
Neben dem persönlichen Wunsch des Patienten spielen bei der Wahl der richtigen Option zahlreiche medizinische Kriterien eine Rolle. So ist zum Beispiel der Ausschluss bösartiger Tumorerkrankungen, chronischer Infektionskrankheiten oder weiterer schwerwiegender Erkrankungen, die ein lebensbedrohliches Risiko für den Erfolg der Transplantation darstellen, Voraussetzung für die Aufnahme auf die Transplantationswarteliste. Während der Wartezeit werden Aufnahmekriterien und Indikation zur Transplantation regelmäßig überprüft. Die Patienten werden zudem gebeten, auch vorübergehende Hinderungsgründe für eine Transplantation immer bekannt zu geben. Dazu gehören neben harmlosen Infektionen zum Beispiel Reisen, die verhindern, dass der Betroffene erreichbar ist und innerhalb kürzester Zeit im Transplantationszentrum eintreffen kann.
Die Organvermittlung erfolgt in Deutschland über die Eurotransplant-Stiftung mit Sitz in den Niederlanden. Neben Deutschland gehören die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Österreich, Kroatien, Slowenien und Ungarn zu den Staaten, in denen postmortale Organspenden ausschließlich über Eurotransplant vermittelt werden. Mit Hilfe eines Computersystems, das neben medizinischen Kriterien die Wartezeit einbezieht, ermittelt Eurotransplant für jedes Spenderorgan die in Frage kommenden Empfänger. Dabei wird im Fall der Herztransplantation darauf geachtet, dass neben der Blutgruppe auch Größe und Gewicht von Empfänger und Spender übereinstimmen. Abweichungen von etwa 15 Prozent können toleriert werden.
Die endgültige Entscheidung, ob ein Spenderorgan zum angedachten Empfänger passt, wird durch das Explantationsteam vor Ort getroffen. Spricht etwas gegen das Organ oder befindet sich der Empfänger nicht mehr in einem transplantationsfähigen Zustand, bietet Eurotransplant es dem nächsten passenden Patienten auf der Warteliste an.
Verläuft die Transplantation komplikationslos, können Patienten bereits nach zwei bis sieben Tagen auf die Normalstation und ein bis zwei Wochen später in eine Nachsorgeklinik verlegt werden. Neben der körperlichen Rehabilitation liegt hier der Fokus darauf, dass Betroffene lernen, Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Medikamente müssen regelmäßig und zu festgelegten Zeitpunkten eingenommen werden, Veränderungen am eigenen Körper bemerkt, protokolliert und gegebenenfalls mit den behandelnden Ärzten geklärt werden.
Immunsuppressiva sind ein wesentlicher Bestandteil des Lebens nach einer Transplantation. Immer wieder müssen die behandelnden Ärzte die Balance zwischen der Unterdrückung der Abstoßungsreaktion und dem Risiko einer erhöhten Infektanfälligkeit finden. Häufig können sie jedoch mit der Zeit die Menge und Anzahl der Medikamente schrittweise reduzieren. Neben Immunsuppressiva erhalten die meisten Patienten zudem Medikamente zur Förderung der Nierenfunktion und um Cholesterinspiegel und Blutdruck zu senken. Antimykotika werden zur Prophylaxe einer Pilzinfektion im Magen-Darm-Bereich verschrieben, Virostatika verhindern die Vermehrung von Viren, und Cotrimoxazol beugt einer möglichen Lungenentzündung vor. Dazu kommen weitere individuell abgestimmte Medikamente.
Seit der ersten Herztransplantation im Jahr 1969 haben sich die Bedingungen für herztransplantierte Menschen deutlich verbessert. Abgesehen von häufigen Kontrolluntersuchungen und Medikamenteneinnahmen können Herztransplantierte einen nahezu normalen Alltag leben. Sie sind belastbar, können Sport treiben und mitunter gelingt auch die Rückkehr in den Beruf. Die durchschnittliche Lebenserwartung nach der Operation liegt heute bei rund zehn Jahren. Ein Jahr nach der Transplantation funktionieren in Deutschland noch etwa 76 Prozent der Spenderorgane, nach fünf Jahren sind es etwa 67 Prozent. Versagt das transplantierte Herz, kommt manchmal eine erneute Transplantation in Frage. Zu den langfristigen Risiken zählen die chronische Abstoßungsreaktion und Folgeerkrankungen durch die langjährige immunsuppressive Behandlung. Dazu gehören Nierenfunktionsstörungen, Herzinsuffizienz, Tumorerkrankungen und Diabetes.
Laut Eurotransplant wurden 2019 in Deutschland 344 Herzen transplantiert. Gleichzeitig standen 722 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Trotz Hochdringlichkeitslistung müssen die meisten Patienten mehrere Monate Wartezeit überbrücken. Um zu verhindern, dass der Zustand sich währenddessen so sehr verschlechtert, dass eine Transplantation nicht mehr möglich ist, wurden Mitte der 1980er Jahre die ersten Herzunterstützungssysteme eingeführt. Eine kleine Pumpe im Körper des Patienten senkt die Arbeitslast des Herzens oder übernimmt sie vollständig. Das künstliche Herz wird über ein Verbindungskabel, das durch die Bauchdecke gelegt wird, von außen mit Strom versorgt, eine Steuereinheit überwacht sämtliche Vorgänge.
Etwa 1000 Herzunterstützungssysteme werden inzwischen pro Jahr in Deutschland implantiert. Schon längst geht es dabei nicht mehr ausschließlich um die Zeitüberbrückung bis zur Transplantation. Die Geräte sind so ausgereift, dass sie für Patienten, die aufgrund weiterer Erkrankungen nicht transplantiert werden können, eine gute Therapieoption darstellen. Die Überlebenswahrscheinlichkeit ist fast so gut wie nach einer Herztransplantation. So leben ein Jahr nach der Operation noch etwa 70 Prozent der Patienten. Die Lebensqualität wird durch die Implantation eines Kunstherzens deutlich verbessert. Viele Patienten können wieder ihren gewohnten Aktivitäten nachgehen und leichten Sport treiben. Allerdings sind die Betroffenen durch das Gerät eingeschränkter als nach einer Transplantation. Die Kabel sind empfindlich und sollten nicht zu stark geknickt werden. Auf Baden muss verzichtet werden, da die Geräte nicht wasserfest sind. Kurzes Duschen ist mit wasserfester Duschtasche und Abkleben der Durchtrittsstelle des Verbindungskabels meist jedoch möglich. Dazu kommt die psychische Belastung, weil das Leben an einem Gerät hängt.