Lauterbach hält an PTA-Vertretung fest |
Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat den Entwurf für sein Apotheken-Reformgesetz vorgelegt. / Foto: IMAGO/Bernd Elmenthaler
Laut Bericht hat Lauterbach den Entwurf am Mittwochnachmittag in die Ressortabstimmung gegeben. Das 49 Seiten starke Papier hat das Ministerium wiederum der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zur Vorabveröffentlichung gesteckt – wie es das schon im September mit den ersten Eckpunkten gemacht hatte.
Lauterbach hält demnach trotz aller Kritik daran fest, dass Apotheken künftig ohne Apotheker geleitet werden können, wenn ein Approbierter per Video zugeschaltet werden kann. Mindestens acht Stunden pro Woche soll sich die Apothekenleitung aber in der Filiale aufhalten. Und die PTA-Vertretung darf keine Betäubungsmittel (BtM) abgeben.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat allerdings bereits klargestellt, dass sie dem Gesetzentwurf nicht zustimmen wird, wenn dieser Passus noch enthalten ist.
Lauterbach plant laut FAZ zudem mit 100 »Zweigapotheken«. Davon darf jeder Inhaber künftig zwei eröffnen – zusätzlich zu Haupt- und Filialapotheken. In unterversorgten Regionen müssen diese vier Stunden am Tag betrieben werden und benötigen keine eigene Rezeptur.
Neu ist die Liberalisierung des Filialapothekensystems: So soll es künftig möglich sein, Filialen auch außerhalb benachbarter Kreise in einem größeren Umkreis zu betreiben. Die Prüfung und Herstellung von Arzneimitteln sollen an einer einzigen Apotheke des Verbunds durchgeführt werden dürfen. Auch in diesem Punkt geht Lauterbach in Richtung »Apotheke light«.
Die Reform sieht außerdem vor, dass die Leitung einer Filiale in Zukunft zwischen zwei Apothekern aufgeteilt werden kann, damit Teilzeit möglich wird. Der Inhaber darf die Filialleitung auch selbst übernehmen. Für »unterstützende Tätigkeiten« sollen die Apotheken auch Personal ohne »apothekenspezifische Ausbildung« mit relevanten Kenntnissen einstellen dürfen.
Bei der Vergütung will Lauterbach das Fixum in zwei Schritten erhöhen: auf 8,66 Euro 2025 und auf 9 Euro im Jahr 2026. Parallel soll aber prozentuale Vergütung von derzeit 3 Prozent schrittweise auf 2,5 und dann auf 2 Prozent fallen. Auch das hatte der Minister schon in seine Eckpunkte geschrieben. Ab 2027 sollen der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband dann direkt über die Vergütung verhandeln.
Die Vergütung für die Notdienste soll angehoben werden. Pro Packung fließen künftig 28 statt bislang 21 Cent in den Nacht- und Notdienstfonds. Das soll zusätzlich rund 50 Millionen Euro in den NNF spülen. Allerdings wird das Geld den Apotheken an anderer Stelle weggenommen: Der Zuschlag für die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) soll von 20 auf 13 Cent gekürzt werden.
Dafür sollen Apotheken künftig nicht nur gegen Grippe und Covid impfen dürfen, sondern auch gegen Tetanus, Diphtherie, Kinderlähmung und FSME. Auch Schnelltests auf Influenza-, Noro-, Rota-, RS- und Adenoviren sollen in Apotheken verkauft werden dürfen. Eine Reduktion der Pflichtöffnungszeiten für alle Apotheken ist ebenfalls Teil der Reform. Und: Apotheken sollen BtM künftig auch im Kommissionierautomaten lagern dürfen und nicht mehr zwingend im Safe.
Erleichterungen soll es auch für ausländische Fachkräfte geben, deren Anerkennungsverfahren noch läuft. Auch dieser Punkt war in den Eckpunkten bereits enthalten.
Der Gesetzesentwurf hat eine lange Vorgeschichte. Die ersten Eckpunkte wurden am 26. September 2023 bekannt – am Tag vor dem Deutschen Apothekertag (DAT) standen die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Der erste Wurf hatte zusätzlich noch eine Erhöhung der Anzahl möglicher Filialapotheken pro Hauptapotheke vorgesehen sowie erleichterte räumliche Anforderungen für Filialen. So sollte Pflicht zur Vorhaltung eines Labors, eines Rezepturherstellungsplatzes und eines Notdienstzimmers entfallen. Zur Apothekenvergütung war nur allgemein von »Honoraranreizen für strukturschwache Standorte« die Rede.
Vor allem gegen die Abwertung von Apotheken war die ABDA Sturm gelaufen – zunächst offenbar mit Erfolg. Im Dezember war die Spitze der Berufsvertretung zum Gespräch ins BMG eingeladen. Doch statt das Eckpunktepapier zu besprechen, legte Lauterbach unangekündigt eine neue Version vor – die massiven Erleichterungen für Filialen waren nicht mehr drin. Diesmal wurden ausgewählte Medien quasi parallel vom BMG über die Eckpunkte informiert.
Der über die FAZ bekannt gewordene Entwurf einer sogenannten Apothekenreform bedrohe die Arzneimittelversorgung der Menschen, sei keine Weiterentwicklung der apothekerlichen Tätigkeit, sondern komme einem Trojanischen Pferd gleich, so ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. »Das ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt in der Versorgung der Patientinnen und Patienten.«
Kritisch sieht die ABDA vor allem die Pläne, dass die Abgabe von Medikamenten künftig auch ohne Anwesenheit eines Apothekers gestattet sein soll – Stichwort PTA-Vertretung. »Das ist ein schwerer Tabubruch! Einrichtungen ohne Apothekerinnen oder Apotheker sind keine Apotheken. Da hilft es auch nicht, wenn ein Apotheker oder eine Apothekerin für ein paar Stunden pro Woche vorbeischaut«, so Overwiening.
An der geplanten Honorarumstellung kritisierte die ABDA-Präsidentin, dass kaum weiteres Geld in das bereits seit Jahren unterfinanzierte System komme. »Hier fehlt es an jeglicher schneller Unterstützung.« Die Apotheken warteten schon lange auf eine bessere Honorierung, mehr Entscheidungskompetenzen, weniger Bürokratie und eine digitale Weiterentwicklung der apothekerlichen Aufgaben.