Laxanzien auch auf lange Sicht sicher |
Isabel Weinert |
13.11.2024 14:00 Uhr |
Greifen die allgemeinen Maßnahmen nicht, kommen Laxanzien zum Einsatz. Die Leitlinien formulieren: »Konventionelle Laxanzien sollen zur Behandlung der chronischen Verstopfung gegeben werden bei Patienten, bei denen die bisherigen Basismaßnahmen nicht ausreichend effektiv oder schlecht verträglich waren«. Das Wort »sollen« bedeutet in Leitliniensprache die stärkste der möglichen Empfehlungen, führte Madisch aus. Es gebe also keinen Zweifel daran.
Mittel der ersten Wahl sind laut Leitlinien Macrogole, Natriumpicosulfat und Bisacodyl. Für die Beratung ganz wichtig: »Eine Begrenzung des Einnahmezeitraums ist unbegründet«. Darüber hinaus können die genannten Mittel auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden sowie bei geriatrischen Patienten. Sie zeigten in aussagekräftigen Studien und Metaanalysen, dass sich unter der Therapie die Stuhlkonsistenz bessert und die Beschwerden abnehmen. Die Lebensqualität der Patienten steigt wieder. Mitunter seien Hauptsymptome einer chronischen Obstipation Blähungen. Dann müsse man dennoch zuerst die Verstopfung behandeln, führte Madisch aus.
Viele Patienten befürchteten Elektrolytverluste bei einer langfristigen Einnahme von Laxanzien, so Madisch. »Es passiert aber überhaupt nichts dergleichen, das zeigen Studien ganz deutlich«, so der Mediziner. Natürlich beginne man die Therapie mit einer ausreichenden Dosis, aber sei diese so hoch, dass sie Durchfälle verursache, senke man sie natürlich. »Man tastet sich mit der Zeit an die individuell passende Dosierung heran«. Sie steht dann, wenn der Stuhlgang ohne Verstopfung funktioniert, der Stuhl auch weich ist, aber normal geformt, weder breiig noch flüssig.
Das größte Problem in der Therapie der chronischen Verstopfung sei nicht die Erkrankung, sondern der Mangel an konsequenter Umsetzung. »Bei neun von zehn Patienten läuft das leider nicht gut«, so Madisch.
Ein Review entkräftet auch die größte Befürchtung von Patienten und Hausärzten: Osmotische und stimulierende Laxanzien könnten die Darmwand schädigen und am Ende womöglich Krebs verursachen. Die Literaturrecherche erstreckte sich von 1968 bis 2023. Insgesamt erfüllten 43 Studien die Kriterien, die darauf zielten, Schäden an der Darmwand oder am Darmnervensystem zu eruieren sowie etwaige Genveränderungen und Kanzerogenität.
Es lagen 24 präklinische Studien vor, aus denen sich weder eine toxikologische Wirkung noch ein karzinogenes oder mutagenes Potenzial ablesen ließen. Auch die 21 klinischen Studien zeigten keinerlei morphologische Veränderungen, keine Mutagenität und keine Kanzerogenität. Genau das Gegenteil sei der Fall, konstatierte Madisch: »Verstopfung, nicht behandelt, erhöht das Darmkrebsrisiko durch die lange Verweildauer des Stuhls mit der Schleimhaut.«
Der Mediziner fasste zusammen: »Es gibt überhaupt hinsichtlich der Darmsicherheit keine Belege dafür, dass wir auch bei einer langfristigen Einnahme von Laxanzien irgendwelche Probleme bekommen.« Deshalb auch die klare Aussage der Leitlinie für eine konsequente langfristige Therapie der Obstipation. Das sei auch deshalb so bedeutsam, weil ein Mensch mit einer chronischen Obstipation diese in aller Regel nicht mehr loswerde. Zwar könne man Auslassversuche der Medikation vornehmen, dann käme die Verstopfung erfahrungsgemäß aber wieder zurück. Und sie könne sich mit zunehmendem Alter oder auftretenden Krankheiten wie Parkinson zum Beispiel auch verschlechtern. Es sei also nicht die Frage, ob man Laxanzien bei chronischer Obstipation langfristig einnehmen sollte – für den Experten ein klares Ja – sondern auch, in welcher Dosis.