Lungenkrebs betrifft nicht nur Raucher |
Wer in einem Radon-Risikogebiet lebt, kann Wohnräume auf die Belastung mit radioaktiver Strahlung testen (lassen). / Foto: Adobe Stock/contrastwerkstatt
In Deutschland erkranken jährlich rund 57.500 Menschen an Lungenkrebs. Mit rund 36.000 Erkrankten pro Jahr ist er bei Männern die zweithäufigste, bei Frauen mit rund 21.000 Erkrankten die dritthäufigste Krebsform. Im Vergleich zu anderen Krebserkrankten haben von Lungenkrebs Betroffene meist eine schlechte Prognose. Pro Jahr versterben rund 29.300 Männer und 16.500 Frauen an Lungenkrebs. Er gilt damit bei Männern als die häufigste, bei Frauen als die zweithäufigste Krebs-Todesursache.
Verantwortlich für die schlechte Prognose ist in erster Linie das Fehlen von Beschwerden im Anfangsstadium. Zeigen sich Symptome, sind diese zunächst unspezifisch. Husten oder Schmerzen in der Brust können Anzeichen sein, werden mitunter aber zunächst auf eine Bronchitis oder Lungenentzündung zurückgeführt. Werden die Symptome auffälliger, ist die Erkrankung in der Regel bereits deutlich fortgeschritten. Dringend abklärungsbedürftig sind nun: Kurzatmigkeit und Atemnot, Gewichtsverlust, anhaltende Schwäche und Müdigkeit, ein stärker werdender schleimiger oder ein blutiger Auswurf, Schmerzen im Brustbereich sowie Fieberschübe. Manchmal verursacht auch erst die Bildung von Metastasen auffällige Beschwerden. Diese treten vor allem im Gehirn, den Knochen, der Leber oder Nebennierenrinde sowie in den Lymphknoten im Brust- und hinteren Bauchraum auf. Einige Lungenkarzinome bilden zudem hormonartige Substanzen, die zu Blutbildveränderungen, neurologischen Symptomen oder Hautveränderungen führen können.
Mediziner gehen heute davon aus, dass sich Lungenkrebs über mehrere Stufen und Jahre hinweg entwickelt. Ganz am Anfang steht dabei der Kontakt mit einem Karzinogen. Auf der nächsten Stufe folgen durch das Karzinogen ausgelöste Mutationen in den Zellen der unteren Atemwege oder in der Lunge. Erst auf der dritten Stufe kommt es – nach einer Latenzzeit von bis zu 40 Jahren – zum ungehemmten Wachstum der geschädigten Zellen.
Die häufigste Ursache für die Entwicklung von Lungenkrebs ist das Rauchen. Hier besteht eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung. Je länger man raucht, je früher man mit dem Rauchen anfängt und je mehr man pro Tag raucht, umso höher ist das Risiko, im späteren Leben an Lungenkrebs zu erkranken. Das gilt nicht nur für den Raucher selbst, sondern auch für Passivraucher. Umgekehrt lässt sich das Risiko ebenso beeinflussen: Wer mit dem Rauchen aufhört, steigert sein Risiko nicht mehr. Und je länger der Rauchstopp zurückliegt, umso weiter sinkt das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken.
Im Durchschnitt werden Frauen mit 69 Jahren, Männer mit 70 Jahren diagnostiziert. Bei einem Großteil lässt sich die Erkrankung auf das Rauchen zurückführen. So sind Schätzungen zufolge etwa 60 Prozent der weiblichen und 90 Prozent der männlichen Lungenkrebserkrankten aktive oder ehemalige Raucher. Unter den Betroffenen finden sich aber auch Menschen, die nie geraucht haben. Hier kommen andere Schadstoffe als Auslöser in Betracht, die in einigen Fällen identifiziert werden können.
Experten schätzen, dass bei etwa 5 Prozent der Erkrankten das radioaktive Edelgas Radon Auslöser der Erkrankung ist. Radon kommt natürlicherweise in Gegenden mit hohem Uran- oder Thoriumgehalt im Boden vor. In einigen Gebieten wie dem Harz, dem Erzgebirge, dem Bayerischen Wald und dem südlichen Schwarzwald kann es vermehrt aus dem Boden dringen und sich in Kellern und Souterrains anreichern.
Wird Radon mit der Raumluft eingeatmet, kann die bei seinem Zerfall entstehende Alphastrahlung direkt auf das Lungengewebe einwirken. Grundsätzlich gilt: Je höher der Radongehalt in der Luft, umso höher ist das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken.
Wie hoch die Radonbelastung in einem Gebäude ist, lässt sich mit einem sogenannten Kernspurdosimeter unproblematisch ermitteln. Hierbei handelt es sich um kleine Plastikbehälter mit einer Detektorfolie, die weder Strom benötigen noch Licht oder Geräusche aussenden. Ist Radon in der Raumluft enthalten, hinterlassen die beim Zerfall entstehenden Alphateilchen winzige Spuren auf der Detektorfolie. Anhand der Spuren kann im Labor die Radonkonzentration in der Raumluft bestimmt werden.
Wer den Radongehalt in seinem Haus oder der Wohnung bestimmten möchte, kann die Messgeräte über ein Messlabor anfordern. Eine Übersicht von Anbietern findet sich zum Beispiel beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Die Detektoren werden mit der Post verschickt und für mindestens drei, besser zwölf Monate im Keller an der Eintrittsstelle der Ver- und Entsorgungsleitungen sowie in den wichtigsten Aufenthaltsräumen des Hauses platziert. Das BfS weist darauf hin, dass die Art und Weise, wie der Raum üblicherweise genutzt und belüftet wird, während der Messung nicht verändert werden sollte. Anschließend werden die Messgeräte wieder zurückgeschickt. Das Labor ermittelt nun den Jahresmittelwert in den einzelnen Räumen.
Der Referenzwert für Radon in Gebäuden liegt bei 300 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft. Wird dieser Wert überschritten, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um diesen Wert zu senken. Dazu gehören zum Beispiel regelmäßiges Lüften, das Abdichten von Türen und Leitungen zum Keller sowie Eintrittswegen in den Keller. Empfohlen wird, einen Radon-Experten mit einzubeziehen, um Aufwand und Erfolgsaussichten einzelner Sanierungsmaßnahmen gegeneinander abzuwägen. Betroffen von hohen Radonwerten sind meist ältere Häuser ohne durchgehende Grundplatte aus Beton und moderne Feuchteisolation sowie Häuser mit offensichtlichen Eintrittswegen für Bodenluft. Bei Neubauten sieht das Strahlenschutzgesetz heute vor, dass schon beim Bau Maßnahmen getroffen werden müssen, die den Zutritt von Radon in das Gebäude zuverlässig verhindern.
Die berufliche Exposition ist für 9 bis 15 Prozent der Lungenkrebsfälle verantwortlich. So ist bereits seit den 1950er Jahren bekannt, dass Asbest Lungenkrebs auslösen kann. Ebenfalls als krebserregend gilt das Einatmen von Arsen, Cadmium, Chromaten, Nickel, Siliziumdioxid und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Gefährdet sind zum Beispiel Arbeitnehmer, die in der Verchromung, der Herstellung von Chrom-Nickel-Stahl oder in der Kohlegasproduktion tätig sind. Ebenfalls als Risikofaktor gilt ionisierende Strahlung, die auf Flugpersonal oder Bergbaubeschäftigte einwirkt.
Auch der Wohnort und das Ernährungsverhalten können das Risiko für eine Lungenkrebserkrankung geringfügig beeinflussen. So gilt eine sehr hohe Schadstoffbelastung der Luft besonders durch Feinstaub und Dieselruß als Risikofaktor. Eine vitaminarme Ernährung erhöht bei Rauchern das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken auf das Doppelte. Im Vergleich zum schädigenden Einfluss des Rauchens, ist die Rolle der Ernährung bei der Entstehung jedoch nur klein.
Diskutiert wird außerdem, ob es einen Zusammenhang zwischen Viren und Lungenkrebs geben könnte. So konnte bei einigen Lungenkrebspatienten das Humane Papillomavirus nachgewiesen werden und auch HIV-Patienten erkranken häufiger an Lungenkrebs. Ob Viren das Risiko zu erkranken erhöhen oder es einen anderen Zusammenhang gibt, ist bisher jedoch völlig offen. Hinweise gibt es zudem, dass eine Veranlagung zu Lungenkrebs vererbt werden könnte. Das Risiko selbst zu erkranken, steigt auf das Zwei- bis Dreifache, wenn ein Elternteil erkrankt war.
Die Behandlung von Lungenkrebs unterscheidet sich in den Grundzügen nicht von der anderer Krebserkrankungen. Die operative Entfernung des Tumors, Chemotherapie, Bestrahlung und immuntherapeutische Behandlungsmethoden stehen zur Verfügung. Welche Maßnahmen zum Einsatz kommen, hängt vom vorliegenden Tumor-Typ, dem Krankheitsfortschritt und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Betroffenen ab.
Mediziner unterscheiden auf Grundlage der Zelleigenschaften des Tumors zwischen dem sogenannten kleinzelligen und dem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs. Beide Formen sind auch unter den englischen Abkürzungen SCLC = small cell lung cancer (kleinzelliger Lungenkrebs) und NSCLC = non small cell lung cancer (nicht-kleinzelliger Lungenkrebs) bekannt. Nicht zum Lungenkrebs gezählt werden Metastasen anderer Krebserkrankungen. Ihr Gewebe besitzt in der Regel nach wie vor die Eigenschaften des Ursprungstumors, was eine andere Behandlung erforderlich macht.
Die meisten Lungenkrebs-Betroffenen (80 bis 85 Prozent) erkranken an einem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs. Dieser wächst im Vergleich zum kleinzelligen Lungenkrebs langsamer und wird nochmal in drei Unterformen unterteilt: Das Adenokarzinom entwickelt sich aus Zellen der Lungenbläschen, die den Feuchtigkeitsfilm für den Gasaustausch produzieren. Es ist bei Nichtrauchern die häufigste Lungenkrebsform. Bei Rauchern treten überwiegend Plattenepithelkarzinome auf, die sich aus den Epithelzellen der Schleimhaut entwickeln, die Lunge und Atemwege auskleidet. Die dritte Untergruppe bilden die großzelligen Karzinome. Hier werden alle Tumore eingruppiert, die weder den Adeno- noch den Plattenepithelkarzinomen eindeutig zugeordnet werden können.