Lupinen im Trend |
Hübsch anzusehen, nachhaltig und mit wertvollen Samen – das Gesamtpaket Lupine. / Foto: Adobe Stock/Tatiana
Ob Kaffeeersatz, Brotaufstriche, Eis und Joghurt, Mehl oder Bratlinge – vor allem im Bioladen stößt man immer häufiger auf die Zutat »Lupinen«. Als regionaler Proteinlieferant wird der Anbau der Lupinen vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen der »Eiweißpflanzenstrategie« seit 2013 gefördert. Denn die Europäische Union muss 70 Prozent ihres Proteinbedarfs aus Übersee importieren – vor allem für das Kraftfutter in der Tierhaltung. Die Förderung zeigt Erfolg: Auf knapp 24.000 Hektar Ackerfläche wachsen Lupinen mit ihren großen, farbenprächtigen Blütenständen. In der Europäischen Union ist Deutschland in der Anbaufläche führend. Auf der Suche nach nährstoffreichen und von Gentechnik freien Proteinlieferanten rücken die weißen, gelben und blauen Süßlupinen verstärkt in den Fokus von Wissenschaftlern, Landwirten und Lebensmittelproduzenten.
Lupinen zählen botanisch zu den Leguminosen, also zu den Hülsenfrüchten wie Sojabohnen, Erbsen und Linsen. Etwa 200 Arten der Lupinenfamilie sind bekannt, wobei sich in den Regionen der Erde verschiedene Sorten etabliert haben. Die europäischen Sorten entstammen allesamt dem Samenpool der Mittelmeerländer. Überlieferungen deuten darauf hin, dass Lupinen schon im alten Ägypten und Griechenland als Nahrungsmittel angebaut wurden. In Südamerika – vor allem in Bolivien, Peru und Ecuador – werden Lupinensamen in bestimmten Regionen noch heute als Öllieferanten genutzt.
Die krautige Pflanze mit langstieligen Blättern wächst bis zu eineinhalb Meter hoch und bildet aufrechte Blütenstände. Nach der Blüte hängen an den Stängeln drei bis sieben Zentimeter lange Schoten, die abgeflachte und je nach Sorte unterschiedlich gefärbte Samen enthalten. Traditionell wurden die Samen vor der Zubereitung mehrfach gewässert und das Wasser entsorgt. Auf diese Weise wurde der ursprünglich hohe Anteil an bitteren und teilweise auch giftigen Alkaloiden reduziert. In der natürlich wachsenden Gartenlupine sind die giftigen Stoffe, die eine Atemlähmung verursachen können, noch immer vorhanden. Eine frühe Auslese weniger bitterer Sorten und moderne Züchtungen haben die bedenklichen Stoffe jedoch aus den für die Landwirtschaft verwendeten Samen weitgehend herausgezüchtet. Die hierzulande für die menschliche Ernährung genutzten Sorten müssen einen Alkaloidgehalt von unter 0,02 Prozent aufweisen und werden daher als Süßlupine bezeichnet. Für die Verwendung in Lebensmitteln und Tierfutter eignet sich auch die in Südamerika wachsende Andenlupine.
Mit einem Anteil von 35 bis 45 Prozent gehören die flachen, gelblich-beigen, teilweise gefleckten Lupinensamen zu den besonders proteinreichen Nahrungsmitteln. Herausragend ist die biologische Qualität des Proteins: Es enthält alle unentbehrlichen (früher essenziell genannten) Aminosäuren, Enzyme und anderes mehr. Der geringe Gehalt an verdaulichen Kohlenhydraten ist wie bei allen Hülsenfrüchten frei von Gluten. Etwa 10 bis 20 Prozent beträgt der Anteil an Fett, das sich überwiegend aus einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren zusammensetzt; bis zu acht Prozent macht die alpha-Linolensäure aus, die zu den gesundheitlich besonders wertvollen Omega-3-Fettsäuren zählt. Auch der Gehalt an Mineralstoffen wie Calcium, Kalium, Magnesium und Eisen kann sich sehen lassen. An Vitaminen ragen die Gehalte an Beta-Carotin, Vitamin B1 und E heraus. Der hohe Ballaststoffgehalt von bis zu 19 Prozent und eine breite Palette an sekundären Pflanzenstoffen komplettieren die Liste der Nährstoffe. Zu Letzteren zählen unter anderem Phytoöstrogene wie die Isoflavonoide Genistein und Daidzein, die in verschiedenen Studien krebshemmende sowie antioxiative Wirkungen gezeigt haben. Im Vergleich zu anderen Hülsenfrüchten enthalten Lupinen nur sehr wenige Purine und einen geringeren Anteil an blähenden Substanzen. Sie gelten daher als besonders gut verträglich.
Lupinen zeichnen sich durch ihren hohen Proteingehalt und die sehr gute Verdaulichkeit auch für die Schweine- und Geflügelfütterung aus. / Foto: Adobe Stock/kozorog
Um die Importe der an Proteinen reichen Sojabohnen zu verringern, hat sich die Forschung zunächst auf die Frage fokussiert, inwieweit Lupinen einen Ersatz für die eiweißreiche Zutat im Tierfutter darstellen können. Fütterungsversuche zeigten, dass sie durch ihren hohen Proteingehalt und sehr gute Verdaulichkeit besonders für die Schweine- und Geflügelfütterung interessant sind. Derzeit bauen in Deutschland vor allem ökologisch wirtschaftende Betriebe die recht anspruchslose Pflanze als Tierfutter an. Durch ihre tiefen, mit Knöllchenbakterien besetzten Wurzeln trägt sie gleichzeitig dazu bei, den Boden mit Stickstoff anzureichern und ihn aufzulockern. Lupinenmehl eignet sich auch als Fischfutter und könnte in Zukunft aufwändig und energieintensiv produzierte Futtermittel wie Fischmehl ersetzen. Der besonders geförderte Anbau auf den sandigen Böden Nord- und Ostdeutschlands hilft zudem, die heimische Landwirtschaft in strukturschwachen Regionen zu unterstützen und stärker in Richtung nachhaltiger Bewirtschaftung auszurichten. Dort wird die Lupine auch als Soja des Nordens bezeichnet.
Die heimische Hülsenfrucht eignet sich aber auch bestens für die Ernährung von Menschen. Um neue Möglichkeiten für ihren Einsatz zu entwickeln, hat das Ernährungsministerium bis 2013 das Verbundvorhaben »PlantsProFood« gefördert. Dabei haben sich Forschungsinstitute und Unternehmen zusammengetan mit dem Ziel, aus der blauen Süßlupine hochwertige Proteinisolate und Ballaststoffe für die Verwendung in der Lebensmittelindustrie herzustellen.
Nach dem Auslaufen der staatlichen Förderung haben Unternehmen die weitere Vermarktung von Lebensmitteln mit Bestandteilen aus Lupinen selbst in die Hand genommen. Etliche Produkte, die Lupinen als Ganzes oder Bestandteile daraus enthalten, haben den Sprung in die Regale von Supermärkten geschafft. Die Vielfalt hat inzwischen enorm zugenommen: vom glutenfreien Burger über das vegane Steak bis hin zum Laktose-freien Speiseeis bedienen die Produkte ganz unterschiedliche Käuferschichten. Viele dieser Lebensmittel gibt es bereits in gut sortierten Bioläden und Supermärkten, vor allem aber bieten Onlineshops mit Spezialsortimenten für Veganer und andere Zielgruppen die noch ungewohnte Produktgruppe an. Der Anteil an Eiweiß aus Lupinen fällt in den Produkten allerdings mit um die sieben Prozent nicht besonders hoch aus.
Die isolierten Pflanzenproteine werden auch als Grundstoff für Produkte in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung, die an der Entwicklung von Produktinnovationen beteiligt waren, empfehlen sie aus verschiedenen Gründen: Die Lupinenproteine stabilisieren das Fett im Produkt und erhöhen die Emulgierfähigkeit, sie sind geschmacksneutral und binden Wasser in verarbeiteten Produkten. Darüber hinaus kann der Zusatz der isolierten Lupinenfasern den Ballaststoffgehalt in Backwaren, Nudeln oder anderen Lebensmitteln steigern.
Doch es geht auch weniger verarbeitet: Wie Erbsen, Linsen oder Bohnen eignen sich auch getrocknete Lupinensamen für die Verwendung in der Küche. Eingelegt in Salzwasser sind ganze Lupinenkerne im Glas erhältlich und können Gemüsepfannen oder Salate mit einem Nährstoffkick bereichern. Geröstet und gesalzen sind sie in den Mittelmeerländern als Knabberware beliebt. Eine leckere Alternative für alle, die einen empfindlichen Magen haben oder Coffein nicht gut vertragen, ist Lupinenkaffee. Geröstete und gemahlene Samen werden wie echter Pulverkaffee zu einem angenehm vollmundig schmeckenden Heißgetränk überbrüht. Geschmacklich hat es mit Kaffee allerdings wenig zu tun. Ein Hersteller aus der Pfalz setzt für seine Fleischersatz-Produkte ebenfalls auf die Verwendung der kompletten Samen.
Vermahlen eignen sich die Samen als glutenfreies Lupinenmehl beispielsweise gut für Menschen mit Zöliakie. Die Backeigenschaften sind jedoch nicht besonders ausgeprägt, weil das Klebereiweiß fehlt. Daher müssen für Brote oder Gebäck andere Mehle zugemischt werden. Lupinenmehl bindet allerdings relativ viel Wasser und macht den Teig elastisch und feucht. Der im Vergleich zu Getreide hohe Fettgehalt unterstützt die Teigbindung zusätzlich. Aufgrund der antioxidativ wirkenden Inhaltsstoffe trägt Lupinenmehl außerdem zur längeren Haltbarkeit der Produkte bei. Das Mehl gilt daher als wertvoller Zusatz zu anderen Backmehlen. Der mild-nussige Geschmack und die leicht gelbe Färbung machen den Einsatz von Lupinenmehl in Brot und Gebäck zusätzlich attraktiv. Im Zuge des Trends zu einer an Kohlenhydraten armen Ernährung setzen einige Bäckereien Lupinenmehl als Bestandteil von sogenannten »Eiweißbroten« ein. Im Einzel- oder Online-Handel erhältlich sind auch Schrot, Grieß oder Crunchys und Flocken fürs Müsli. Nudeln mit Lupinenmehl stellen ein weiteres Produkt auf der langen Liste dar.
Derzeit finden sich immer mehr Produkte in den Supermärkten und Drogerien, die mit Protein angereichert sind. Waren diese anfangs vor allem in der Fitnessszene gefragt, greifen inzwischen auch viele Veganer zu angereicherten Cerealien, Getränken oder Packungen mit Proteinpulver, um ihre Proteinversorgung zu verbessern. Zur Herstellung von veganem Proteinpulver nutzen einige Unternehmen bereits Lupinensamen beziehungsweise die isolierten Proteine daraus. Meist mischen sie zusätzlich Erbsen-, Reis- und Sojaproteine unter.
Lupinen zählen botanisch wie Sojabohnen, Linsen und Erbsen zu den Hülsenfrüchten. / Foto: Adobe Stock/Pixel-Shot
Veganer sollten zur Proteinversorgung zwar regelmäßig Hülsenfrüchte konsumieren, müssen dazu aber nicht zu Proteinpulver oder angereicherten Lebensmitteln greifen. Ernährungswissenschaftler empfehlen für die optimale Nährstoffversorgung bei rein pflanzlich ausgerichteter Kost täglich 150 bis 220 Gramm gegarte Hülsenfrüchte plus 50 bis 100 Gramm weitere Proteinalternativen. Das vielfältige Angebot an Lupinenprodukten aus dem ganzen Samen kann da eine willkommene Abwechslung auf dem veganen Speiseplan darstellen. Für alle, die ihren Calciumbedarf ohne Milchprodukte decken müssen oder wollen, sind Lupinen aufgrund ihres hohen Calciumgehaltes ebenfalls interessant. Da sie ähnlich wie Milchprodukte schmecken, sind sie auch bei Laktoseintoleranz eine interessante Alternative.
In Fleischersatzprodukten finden Lupinen ebenfalls Verwendung. Dafür kommt zum einen das isolierte Protein zum Einsatz, das zu einer faserigen Masse verarbeitet wird. Zum anderen lassen sich die isolierten Ballaststoffe der Lupinensamen verwenden, um pflanzliche Frikadellen, Schnitzel oder Würstchen zu produzieren. Wieder andere Hersteller setzen den gesamten Samen als Basis für ihre Produkte ein. Für die nötige Konsistenz und den gewünschten Geschmack sind allerdings zahlreiche weitere Zutaten notwendig.
Enthält die tägliche Ernährung Bestandteile von Lupinensamen, scheint sich das positiv auf die Gesundheit auszuwirken. Eine Studie am Institut für Ernährungswissenschaften in Jena konnte nachweisen, dass die Aufnahme von 25 Gramm Lupinenballaststoffen am Tag günstige Effekte auf die Cholesterolwerte bei Menschen mit erhöhtem Cholesterolspiegel zeigte. Teilweise sanken auch die Triglyzeridspiegel der Probanden. Die Wissenschaftler konnten zudem belegen, dass der Verzehr eines Produkts aus Lupinenfasern unter anderem das Stuhlvolumen signifikant steigerte, die Transitzeit beschleunigte und die Ausscheidung von primären Gallensäuren erhöhte. Sie stufen Lupinen daher als geeignet zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Dickdarmkrebs ein.
Eine weitere kleinere Versuchsreihe mit 37 Typ-2-Diabetikern ergab, dass ein höherer Verzehr von pflanzlichem Protein den HbA1c-Wert deutlich senken konnte. Aufgrund der positiven Ergebnisse plädieren Forscher dafür, neuartige Produkte aus Hülsenfrüchten – unter anderem Lupinen – zu entwickeln, um größere Käufergruppen zu erreichen und so die Gesundheit der breiten Bevölkerung zu verbessern. Die Bundesregierung fördert daher verschiedene Projekte, um über Innovationen die Akzeptanz gesunder Produkte zu erhöhen und so beispielsweise die Ernährung von 50- bis 70-Jährigen positiv zu beeinflussen. Ein Zusatz von Lupinen in Backwaren, Cerealien oder Wurstwaren könnte beispielsweise die Proteinqualität verbessern, zu einer günstigen Fettzusammensetzung beitragen und den Ballaststoffanteil verarbeiteter Lebensmittel erhöhen.
Klimaforscher, Mediziner und Ernährungswissenschaftler sind sich einig, dass der Fleischkonsum reduziert werden muss. Und tatsächlich wächst die Zahl der Menschen, die sich dauerhaft oder zeitweise vegetarisch oder vegan ernähren. Parallel dazu entwickelt sich die Vielfalt an Produkten, die ohne tierische Zutaten auskommen. Hier findet das Angebot an Lupinenschnitzel, -würstchen und Co. seinen Platz. Es lohnt durchaus, die pflanzlichen Alternativen einmal auszuprobieren. Die großen Vorteile von Lupinen sind ihr Nährstoffreichtum, ihre regionale Herkunft und ihr umweltverträglicher Anbau – in Zeiten des Klimawandels wichtige Argumente. Nicht zuletzt sind auch gesundheitliche Vorteile gute Gründe für das ein oder andere Lupinenprodukt im Einkaufswagen.
Foto: Adobe Stock/gossip7
Lupinen weisen ein allergenes Potenzial auf und zählen zu den vierzehn Hauptallergenen, die laut EU-Kennzeichnungspflicht auf allen Lebensmittelverpackungen aufgelistet werden müssen. Eine kleinere Studie aus dem Jahr 2014 konnte aufzeigen, dass die Häufigkeit einer Sensibilisierung auf Lupinen mit der von Erbsen, Erdnüssen und Sojabohnen etwa vergleichbar ist. Es besteht ein erhöhtes Risiko für eine allergische Reaktion auf Lupinen bei denjenigen, die gegen Hülsenfrüchte allergisch sind. Vorsicht sollten vor allem die Menschen walten lassen, die nach dem Verzehr von Erdnüssen allergische Symptome zeigen. Sie weisen zu 30 bis 60 Prozent eine Kreuzallergie auf Lupinen auf.