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Sexuelle Orientierung

Lustlos oder asexuell?

Sex spielt in vielen Kontexten eine große Rolle – in TV-Serien, auf Partys, bei Gesprächen unter Freundinnen und Freunden. Wer dabei merkt, dass dieses Thema irgendwie nie das eigene ist, fragt sich vielleicht: Bin ich anders?
dpa
04.06.2025  14:00 Uhr

Tatsächlich gibt es Menschen, die sich nie zu anderen derart hingezogen fühlen, und für die das völlig stimmig ist. Asexualität nennt sich das. Nicht immer ist sofort klar, ob es sich dabei wirklich um eine sexuelle Orientierung handelt oder nur um eine Phase. Der Psychologe Robert Coordes erklärt im Interview, woran man Asexualität erkennen kann – und warum sie kein Problem sein muss.

Frage: Herr Coordes, woran kann ich erkennen, ob ich asexuell bin – und wo liegt der Unterschied zu Lustlosigkeit, Stress oder einer Phase?

Robert Coordes: Das Präfix »a-« stammt aus dem Griechischen und bedeutet »kein« oder »ohne«. Es wird verwendet, um das Fehlen oder die Abwesenheit von etwas auszudrücken. Asexualität erkennt man also daran, dass man weder sexuelle Lust in sich verspürt, noch sexuellen Fantasien und Tagträumen folgt. Asexualität ist keine Störung, sondern wird überwiegend wie eine sexuelle Orientierung verstanden. Wichtig ist: Das ist kein Problem, das man lösen muss – solange die Person selbst keinen Leidensdruck empfindet.

Der Unterschied zur vorübergehenden Lustlosigkeit liegt vor allem in der Konstanz. Wer unter Stress steht, in einer Beziehungskrise steckt oder gesundheitlich belastet ist, kann zeitweise wenig sexuelles Verlangen verspüren – das ist ganz normal. Asexuelle Menschen empfinden dauerhaft keine oder nur sehr geringe sexuelle Anziehung gegenüber anderen. Das Fehlen sexueller Anziehung bleibt oft über viele Jahre hinweg bestehen, unabhängig von äußeren Umständen.

Und: Asexuell zu sein, heißt nicht automatisch, dass man keine Nähe möchte. Viele Menschen, die sich selbst als asexuell beschreiben, führen sehr liebevolle, romantische Beziehungen. Viele Menschen entdecken erst spät, dass sie sich als asexuell beschreiben könnten – oft nach einer langen Zeit der versuchten Anpassung oder nach langem Versuchen, anders sein zu wollen.

Ich ermutige in meiner Praxis immer dazu, sich nicht vorschnell mit einem Label zu versehen, sondern sich selbst Zeit zu geben: Wie lange besteht der Zustand schon? Gab es Phasen mit sexueller Anziehung? Ist das Thema Sexualität grundsätzlich neutral, unangenehm – oder einfach nicht präsent?

Frage: Ist Asexualität immer eine sexuelle Orientierung – oder kann es auch ein Symptom sein, etwa von psychischen Belastungen oder traumatischen Erfahrungen?

Coordes: Asexualität wird in erster Linie als eine sexuelle Orientierung beschrieben – also ein stabiles Muster, bei dem Menschen keine oder nur sehr geringe sexuelle Anziehung gegenüber anderen empfinden. Das ist keine Krankheit, kein Defizit und auch kein Symptom im klassischen Sinn. Vor allem dann nicht, wenn die asexuelle Person nicht darunter leidet. Natürlich kann es auch Phasen im Leben geben, in denen sexuelles Interesse ausbleibt – etwa durch Depressionen, Überlastung oder wiederentdeckte Traumata. Dann sprechen wir eher von einer sekundären Lustlosigkeit oder Inappetenz, nicht von Asexualität.

Der entscheidende Unterschied ist: Bei psychischen Belastungen entsteht ein Leidensdruck wegen des fehlenden Verlangens. Asexuelle Menschen hingegen empfinden sich meist als stimmig, wenn sie verstanden haben, wer sie sind – den Druck erleben sie in der Regel als durch äußere Erwartungen bedingt.

In der Praxis schauen wir deshalb genau hin: Ist das Fehlen sexueller Anziehung ein stimmiger Ausdruck des eigenen Erlebens, oder eher ein Rückzug als Folge von Überforderung, Angst oder Schmerz? Das kann man nicht immer sofort unterscheiden. Und genau deshalb ist Selbstreflexion so wichtig – idealerweise in einem geschützten Rahmen, frei von Scham und mit viel Geduld.

Frage: Wie gehe ich mit Asexualität in Beziehungen um – besonders, wenn mein Gegenüber andere Bedürfnisse hat?

Coordes: Asexualität bedeutet nicht automatisch Beziehungsunfähigkeit. Viele Menschen, die kein Interesse an Sex haben, führen – wie schon gesagt – sehr liebevolle, stabile und verbindliche Partnerschaften. Wenn jemand, der sich selbst als asexuell erlebt, mit einer Person eine Beziehung führt, die sich ebenso erlebt, dann ist dies grundlegend kein Problem. Die Herausforderung liegt eher darin, dass die Bedürfnisse innerhalb der Beziehung offen und ehrlich verhandelt werden müssen – besonders, wenn ein Partner sexuelle Nähe wünscht und der andere sie nicht oder nur bedingt empfindet.

In solchen Konstellationen geht es nicht um richtig oder falsch, sondern um Kompatibilität und gegenseitiges Verständnis. Wichtig ist, dass beide Seiten ihre Bedürfnisse benennen dürfen – ohne Schuld, Druck oder Scham. Das kann auch heißen, gemeinsam kreative Lösungen zu finden: zum Beispiel andere Formen von Intimität, alternative Beziehungsmodelle, oder ein bewusst vereinbartes Maß an sexueller Aktivität, mit dem beide leben können.

Grundsätzlich gilt: Eine Beziehung muss nicht automatisch scheitern, wenn die sexuelle Anziehung unterschiedlich ist. Sie braucht aber bewusste Kommunikation, emotionale Offenheit und einen ehrlichen Blick darauf, was für beide tragbar ist.

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