Manipulation entlarven |
»Du kannst das doch so gut« – Manipulationsversuche sind unabhängig vom Geschlecht. Wer sie erkennt, kann ihnen Einhalt gebieten. / Foto: ABDA
Der Begriff »Manipulation« stammt aus dem Lateinischen (manus = Hand, plere = füllen) und bedeutet so viel wie »etwas in der Hand haben«. Umgangssprachlich bezeichnet der Begriff Manipulation eine Vorgehensweise, durch die jemand andere Menschen »in der Hand« hat, weil er sie dazu bringen kann, sich so zu verhalten, wie er es gerne möchte. Egoistische Menschen, die mit Manipulationstechniken ihre eigenen Interessen durchsetzen möchten, nehmen sogar in Kauf, dass andere Personen dadurch Nachteile erleiden oder dazu veranlasst werden, gegen die eigenen Überzeugungen zu handeln. Der Begriff »Manipulation« hat daher für die meisten Menschen eine negative Bedeutung.
Es gibt verschiedene Manipulationstechniken, mit denen andere Menschen systematisch beeinflusst werden können. Je mehr dieser Techniken kombiniert werden, desto überzeugender ist die Argumentation. Manche Menschen haben sogar die Fähigkeit, immer genau die Methode auszuwählen, die beim jeweiligen Gesprächspartner die größte Wirkung hat.
Durch Lob und Schmeichelei wird versucht, das Wohlwollen des Gesprächspartners zu gewinnen und dadurch die Bereitschaft zu bestimmten Verhaltensweisen oder zur Erledigung schwieriger Aufgaben zu erreichen. Beispiel: »Wenn das überhaupt jemand schaffen kann, dann nur Sie. Das kann doch keiner so gut wie Sie.« Häufig wird bei solchen Aussagen bewusst die übliche körperliche Distanz unterschritten und die Hand auf den Unterarm oder die Schulter des Gesprächspartners gelegt, um auf diese Weise ein Gefühl der Vertrautheit und Verbundenheit zu erzeugen.
Der Manipulierende tut anderen Menschen zunächst bewusst einen Gefallen oder macht ihnen ein kleines Geschenk, weil er dafür später eine größere Gegenleistung einfordern möchte. Durch den vorangegangenen Gefallen oder das erhaltene Geschenk fühlen sich viele Menschen verpflichtet, die spätere Bitte dieser Person zu erfüllen. Beispiel: Ein Kollege bietet seine Hilfe an und nimmt Ihnen Arbeit ab. Kurze Zeit später kommt dieser Kollege mit der Bitte zu Ihnen, Arbeits- oder Urlaubszeiten nach seinen Vorstellungen zu tauschen.
Dem Gesprächspartner wird gezielt Angst gemacht, um sein Verhalten zu beeinflussen. Beispiel: »Beim letzten Mal ist der Chef bei solchen Vorschlägen extrem wütend geworden«. Durch diese Aussage soll verhindert werden, dass ein Kollege eine Idee präsentiert, die für den Manipulierenden nachteilig sein könnte. Oder es wird versucht, den Gesprächspartner durch abwertende Aussagen unter Druck zu setzen. Beispiel: »Wenn Sie diese Aufgabe nicht in der geplanten Zeit erledigen können, dann sind Sie für diesen Job wohl nicht geeignet«.
Manche Menschen treten ganz bewusst besonders laut und aggressiv auf. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Wünsche bei einem dominanten Auftreten immer besonders schnell erfüllt werden, weil die meisten Gesprächspartner eine weitere Auseinandersetzung oder eine Eskalation vermeiden möchten.
Wer falsche, unvollständige oder einseitige Informationen verbreitet, kann die Meinungen und Handlungen anderer Personen gezielt beeinflussen. Beispiel: Dem Gesprächspartner wird »im Vertrauen« berichtet, wie schlecht seine Kollegen und Chefs angeblich über ihn reden, um den Betreffenden damit zu einer Kündigung zu bewegen.
Je öfter eine Aussage wiederholt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Aussage als richtig akzeptiert wird. Die täglichen Werbespots im Radio und im Fernsehen sind ein gutes Beispiel für diese Art der Manipulation. Kein Anbieter würde auf die Idee kommen, einen Werbespot für sein Produkt nur ein einziges Mal zu senden. Erst durch die ständige Wiederholung der Werbeaussagen entsteht beim Zuschauer der Wunsch, das beworbene Produkt schließlich zu kaufen. Die anschließende Kaufentscheidung wird durch die Vermutung gestützt, dass ein dauerhaft beworbenes Produkt qualitativ gut sein muss.
Auch durch die Art der Fragestellung können andere Menschen manipuliert werden. Statt zu fragen: »Können Sie in der kommenden Woche eine zusätzliche Aufgabe übernehmen?« wird gefragt: »Welche der beiden Aufgaben können Sie in der kommenden Woche zusätzlich übernehmen: A oder B?« Dabei ist eine Aufgabe oft so unattraktiv, dass dem Fragenden vorab klar ist, für welche der beiden Aufgaben sich der Gefragte entscheiden wird. Bei dieser Fragestellung geht es nicht mehr darum, ob der Gefragte überhaupt eine zusätzliche Aufgabe übernehmen kann, sondern nur noch darum, welche der beiden Aufgaben er übernimmt. Dadurch fällt es schwerer, die zusätzliche Aufgabe völlig abzulehnen. Der Gefragte hat durch die Wahlmöglichkeit sogar noch das Gefühl, eine eigene Entscheidung zu treffen.
Wenn ein erwachsener Mensch plötzlich zu weinen beginnt, ist das für seinen Gesprächspartner meist sehr schwierig. Manche Menschen sind in der Lage, auf Knopfdruck in Tränen auszubrechen, damit der Gesprächspartner aus Mitgefühl nachgibt und die unangenehme Situation so schnell wie möglich beendet wird.
Der Sprecher stellt seine fachlichen Fähigkeiten oder beruflichen Erfahrungen dar, um damit das Vertrauen in die Richtigkeit seiner Vorschläge und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen zu erhöhen. Diese Aussagen sind allerdings durch den Zuhörer meist nicht nachprüfbar. Da eine Aufzählung der eigenen Fähigkeiten als übertriebene Selbstdarstellung gewertet werden könnte, werden die Kompetenzen gerne beiläufig anhand zurückliegender Erlebnisse und Situationen beschrieben. Beispiel: »Ich habe ja früher viele Jahre in der Funktion X gearbeitet und kenne derartige Situationen daher sehr gut. Daher schlage ich vor, dass ….!«
Die wichtigste Maßnahme gegen Manipulationstechniken ist das Erkennen unerwünschter Manipulationsversuche. Nur wer diese erkennt, kann sich wirksam dagegen wehren. In der Praxis ist es allerdings manchmal nicht einfach, eine Manipulation eindeutig zu identifizieren. Fragen Sie sich daher in Zweifelsfällen: Handelt es sich um eine berechtigte Bitte um Unterstützung oder um den Versuch, andere Menschen für egoistische Zwecke zu missbrauchen. Hinterfragen Sie alle Informationen und Aussagen kritisch, mit denen Ihre Entscheidung beeinflusst werden soll. Handelt es sich um subjektive Behauptungen oder um nachprüfbare Fakten? Bevor Sie eine Entscheidung treffen, können Sie sich zusätzlich fragen: Ist das wirklich meine persönliche Entscheidung? Tue ich das, was ich selber möchte oder wird mir diese Entscheidung von jemand anderem aufgedrängt?
Wenn Sie unsicher sind, können Sie sich auch Bedenkzeit ausbitten. Dann haben Sie Zeit, alle Argumente in Ruhe zu durchdenken. Wenn es in die Situation passt, können Sie erkannte Manipulationsversuche auch offen ansprechen, damit ihr Gesprächspartner weiß, dass Sie ihn durchschaut haben. So schützen Sie sich zukünftig vor erneuten Manipulationsversuchen.