Medikamente gegen Covid-19 |
Ein wirksames Medikament gegen Covid-19, am besten als Tablette oder Kapsel – daran forschen viele Pharmaunternehmen. / Foto: Adobe Stock/Alexander Raths
Ein für alle Patienten zugelassenes Mittel, das speziell das Coronavirus SARS-CoV-2 bekämpft, fehlt weiterhin. Ärzte greifen stattdessen zu erprobten Arzneien, die je nach Verlauf einer Covid-19-Erkrankung bei bestimmten Komplikationen schützen. Oft bekommen Patienten im Krankenhaus etwa Blutverdünner – denn Covid-19 erhöht die Gefahr von Thrombosen, Infarkten und Schlaganfällen. Zudem können Antibiotika bei zusätzlich auftretenden bakteriellen Infektionen wirksam sein – gegen das Virus SARS-CoV-2 sind sie hingegen wirkungslos.
Als bisher einziges Mittel erhielt Remdesivir (Veklury®) von Gilead im Juli 2020 eine Zulassung in der EU – aber nur für Covid-19-Patienten mit Lungenentzündung, die zusätzlich Sauerstoff erhalten, aber noch keine invasive Beatmung benötigen. Das ursprünglich gegen Ebola entwickelte Medikament hemmt die Virusreplikation in den Zellen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht sich jedoch mittlerweile gegen den Einsatz von Remdesivir aus. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sieht in seiner Stellungnahme von Mitte September nur einen geringen Nutzen bei moderat Erkrankten und gar keinen Nutzen bei schwerer Erkrankten.
Dexamethason wird in Deutschland schon länger, auch ohne offizielle EU-Zulassung in diesem Anwendungsgebiet, in der stationären Covid-19-Therapie eingesetzt. Das Corticosteroid ist seit Jahrzehnten bekannt und soll bei Patienten auf der Intensivstation eine überschießende Immunreaktion bremsen, die bei Covid-19 häufig auftritt. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist der größte Nutzen bei invasiv beatmeten Patienten nachgewiesen. Dort könne die Sterblichkeit etwas gesenkt werden. Bei Menschen mit weniger schweren Covid-19-Erkrankungen könnte ein Einsatz dagegen »sogar nachteilig sein«, so das RKI. Bei einem unterdrückten Immunsystem können vermehrt Bakterien- und Pilzinfektionen auftreten.
Acht Medikamente zur Therapie von Covid-19 befinden sich bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA in verschiedenen Stufen des Zulassungsverfahrens – darunter Antikörper, die in Deutschland bereits bei milden Krankheitsverläufen im Einsatz sind. In speziellen Fällen wird eine Kombination der monoklonalen Antikörper Casirivimab und Imdevimab (Regn-CoV2) von Regeneron und Roche eingesetzt. Dieses ist das erste Medikament, das die WHO bei Patienten mit milden Symptomen, aber Risikofaktoren für einen schweren Verlauf oder eine Hospitalisierung empfiehlt.
Weitere derzeit untersuchte Antikörper sind die Kombination aus Bamlanivimab und Etesevimab von Eli Lilly, Regdanvimab (Regkirona) von Celltrion, Sotrovimab von GSK/Vir Biotechnology und Tocilizumab (Roactemra) von Roche.
Jüngste Studien mit den langwirksamen Antikörpern Tixagevimab und Cilgavimab (AZD7442, Evusheld) von Astra-Zeneca zeigten: Das Risiko, symptomatisch an Covid-19 zu erkranken, konnte mit der Antikörper-Kombination um 77 Prozent verringert werden. Am 14. Oktober 2021 begann die EMA mit dem Rolling-Review-Verfahren zur Zulassung. Im Gegensatz zu den anderen verfügbaren Antikörpern, die per Infusion gegeben werden, können Tixagevimab und Cilgavimab einmalig intramuskulär gespritzt werden. Zudem ist die Halbwertszeit der Antikörper länger als bei konventionellen Antikörpern.
Jüngst machte auch das Virustatikum Molnupiravir der US-Unternehmen MSD und Ridgeback Schlagzeilen, da eine Notfallzulassung in den USA beantragt wurde. Es wirkt ähnlich wie Remdesivir und ist ebenfalls für SARS-CoV-2-Infizierte mit milden bis moderaten Symptomen konzipiert, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf oder Hospitalisierung haben. Auch in der EU streben die Unternehmen eine Zulassung an. Einer klinischen Studie zufolge reduziert Molnupiravir die Wahrscheinlichkeit für sehr schwere Covid-19-Verläufe. Im Vergleich zur Placebogruppe mussten demnach nur halb so viele Patienten mit milden bis moderaten Symptomen, die das Medikament erhielten, innerhalb von 29 Tagen in das Krankenhaus eingeliefert werden oder starben. Während Remdesivir infundiert werden muss, soll Molnupiravir als Tablette oder Kapsel auf den Markt kommen.
Außerdem untersucht die EMA die immunsupprimierenden Wirkstoffe Anakinra (Kineret) und Baricitinib (Olumiant), die beide schon für andere Krankheiten wie etwa rheumatoide Arthritis zugelassen sind.
Umstritten ist der Einsatz von Ivermectin. Nach Berichten über angebliche Erfolge bei der Covid-19-Behandlung wurden in manchen Staaten die Regale leer gekauft – doch zeigt jüngst eine übergreifende Analyse von mehr als einem Dutzend klinischen Studien keinerlei Hinweis auf eine Wirksamkeit. Das RKI warnt vielmehr vor heftigen Nebenwirkungen und empfiehlt einen Einsatz »nur im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien«. Auch die Malaria-Medikamente Hydroxychloroquin und Chloroquin stellten sich als wirkungslos heraus. Auch hier rät das RKI von einer Verwendung außerhalb von kontrollierten Studien ab.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.