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Mit Pause oder kontinuierlich

Medikamente gut gekühlt

Es ist Sommer, die Temperaturen steigen und die Frage nach einer Kühlung von Arzneimitteln beim Transport ist wieder ein Thema. Aber auch die Lagerung in den Apothekenbetriebsräumen sowie zu Hause beim Patienten gilt es gemäß den Vorschriften einzuhalten.
AutorKontaktIngrid Ewering
Datum 03.07.2020  13:00 Uhr

Die Apothekenbetriebsordnung definiert beispielswiese in § 4 die Beschaffenheit der Apothekenbetriebsräume, die unter anderem »soweit erforderlich zu klimatisieren« sein sollen. Denn die Medikamente sind so zu lagern, dass ihre Qualität nicht nachteilig beeinflusst wird. (§ 16 Abs. 1 ApBetrO).

Tabelle 1 gilt genau genommen für die Analytik. Doch schaut man sich die Hinweise bei den Fertigarzneimitteln an, so scheinen sich auch deren Hersteller daran orientiert zu haben. Beispielsweise soll Benuron® Saft, eine Suspensionszubereitung mit dem Wirkstoff Paracetamol, nicht über 25 °C gelagert werden. Denn bei höheren Temperaturen lösen sich feine Paracetamol-Partikel und rekristallisieren dann beim Abkühlen. Umgekehrt steht auf dem Generikum Paracetamol Saft STADA®, dass es nicht unter 8 °C gelagert werden darf. Durch den sehr hohen Propylenglykol-Anteil ist die Zubereitung nicht nur konserviert, sondern der Arzneistoff liegt gelöst vor. Aufgrund der hohen Sättigung drohen bei niedrigen Temperaturen im Kühlschrank Rekristallisationen. Auch nach dem Öffnen des Behältnisses darf es nicht in den Kühlschrank oder ins Eisfach.

Bezeichnung Temperatur Einige ungewöhnliche Beispiele
Raumtemperatur 15 bis 25 °C Manche Hersteller erlauben sogar die ­Lagerung von 15 bis 30°C
kalt oder kühl 8 bis 15 °C Natives und raffiniertes Olivenöl Ph.Eur.
Kühlschrank 2 bis 8 °C Sativex® Cannabis Mundspray, Tafluoprost oder Latanoprost-Augentropfen (Generika), Nuva® Verhütungsring, Malathion-Shampoo (Prioderm®)
tiefgekühlt unterhalb von – 15 °C Blutprodukte, Fibrinkleber bei ≤ – 20 °C ­lagern und nach dem Auftauen bis max. 25 °C lagern
Tabelle 1: Temperaturangaben nach Ph.Eur.1.2

Kühl zu lagern ist beispielsweise Olivenöl, dass laut Ph.Eur.-Monographie nicht unter 10 °C aufbewahrt werden darf. Ansonsten trübt es sich, bei etwa 0 °C verfestigt es sich sogar zu einer butterartigen Masse. Aber auch eine zu hohe Temperatur schadet dem Öl mit den ungesättigten Fettsäuren, die bei Wärme oxidieren oder hydrolysieren.

Benuron® Saft Paracetamol Saft STADA®
Darreichungsform Suspension Lösung
Lagerhinweise nicht über 25 °C lagern
nach Anbruch bei einer Temperatur bis maximal
25 °C zwölf Monate haltbar
nicht unter 8 °C lagern
nicht im Kühlschrank lagern
nach dem Öffnen des ­Behältnisses 12 Monate ­haltbar
Tabelle 2: Zwei Klassiker mit dem Wirkstoff Paracetamol

Diese Lagerbedingungen lassen sich auf der Packungsbeilage, in der Fachinformation oder auf dem Umkarton nachlesen. Auch die Aufbewahrung bei Raumtemperatur kann Probleme bereiten, etwa, wenn im Winter stark geheizt wird. Darreichungsformen wie Suppositorien und Dermatika wie Cremes, Salben und Gele verlieren ihre Konsistenz. Galenisch anspruchsvolle Systeme wie Dosieraerosole mit Treibgas sowie Transdermale Therapeutische Systeme (TTS) tolerieren ebenfalls keine Temperaturen über 25 °C. Gerade an heißen Sommertagen sollte der Patient deshalb mit diesen Medikamenten zügig nach Hause gehen.

Gerne werden Arzneimittel in der Küche oder im Bad gelagert, wo zeitweise, zum Beispiel nach dem Kochen oder Duschen, höhere Temperaturen herrschen können. Auch spielt die erhöhte Luftfeuchtigkeit eine entscheidende Rolle. Dann zerfallen Schmelztabletten vorzeitig oder Pulverinhalatoren verklumpen. Hydrolytische Reaktionen der Arzneistoffe bedingen den Verlust an Wirksamkeit, und die mikrobielle Anfälligkeit erhöht sich ebenfalls.

Davon abzugrenzen ist die Lagerung bei tieferen Temperaturen. Gibt man in der Apotheke den Rat, das Medikament kühl zu lagern, so stellt der Patient das Präparat in den Kühlschrank. Doch dies entspricht nicht den Vorgaben des Gesetzgebers! Eigentlich mein der Begriff »kühl lagern« Temperaturen, die üblicherweise im Keller herrschen.

Aber auch die Lagerung im Kühlschrank birgt Gefahren. Viele Patienten legen die Medikamente ins oberste Fach der Kühlschranktür. Denn so befinden sie sich außerhalb der Reichweite von Kindern, sind bei Bedarf schnell greifbar, und die Fächer dort eignen sich gerade für kleine Packungen gut. Leider herrschen hier jedoch zu niedrige Temperaturen. Denn die kühle Luft fällt nach unten. Als Alternative darf jedoch auch nicht das Gemüsefach im unteren Bereich des Kühlschranks gewählt werden. Denn bei modernen Geräten herrschen Temperaturen bis nahe am Gefrierpunkt. Aus demselben Grund dürfen Medikamente aber auch nicht in den hinteren Teil des Kühlschrankes geschoben werden. Denn dort befinden sich die Kühlschlangen.

Ideal ist die Position über dem Gemüsefach. Ein ebenfalls dort platziertes Thermometer gibt Auskunft über die tatsächlich herrschende Temperatur.

Der feine Unterschied

Medikamente mit Eiweißen wie Insuline, die modernen Insulinanaloga und Biologicals sind kühlpflichtig. Auch Toxoid-Impfstoffe, inaktivierte Impfstoffe und einige Zytostatika zählen dazu. Für diese Medikamente braucht der Patient keine Kühlakkus, sollte sie aber unverzüglich nachhause bringen. Denn diese sogenannte Ambient-Ware toleriert kurzfristig Temperaturen über 15 °C. Deshalb lagert der Patient sein Insulin oder das Asthmamedikament Alvesco® oder andere Formoterol-haltige Dosieraerosole während des Gebrauches bei Raumtemperatur. Vorräte muss er jedoch immer im Kühlschrank aufbewahren. Genau umgekehrt verhält es sich zum Beispiel bei Antibiotika-Säften. Ist der süße Saft für die Kinder mit Wasser zubereitet, so gehört die Flasche in den Kühlschrank. Bitte das kräftige Aufschütteln bei Suspensionen vor Gebrauch nicht vergessen, denn im kalten Zustand gestaltet sich dies schwieriger.

Immer gleich kühl

Davon abzugrenzen sind die kühlkettenpflichtigen Medikamente wie Lebendimpfstoffe gegen Masern, Röteln oder Mumps. Auch Medikamente wie Prolia® gegen Osteoporose und viele andere humane Antikörper zählen dazu. Diese Eiweißstoffe tolerieren auch nicht für kurze Zeit die Abweichung von 2 bis 8 °C. Sie verbringen ihr gesamtes »Arzneileben« ohne Unterbrechung bei Kühlschranktemperaturen. Beim Transport im Isolierbehälter mit Kühlakkus ist das Medikament geschützt. Bei direktem Kontakt droht jedoch ein Einfrieren. Ein Stück dicke Pappe, die nicht verrutschen kann, verhindert das. Auch die Anlieferung über Nacht oder an den Wochenenden birgt Probleme. Es ist nicht bekannt, wie lange die Lieferboxen die erforderliche Temperatur sicher gewährleisten. Eine Untersuchung ergab beispielsweise, dass nur zwei von insgesamt sieben Bestellungen von kühlpflichtigen Medikamenten per Internet nach Erhalt eine Temperatur im vorgeschriebenen Bereich hatten.

Temperaturlogger für den Ist-Wert

Ein Datenlogger, ein mobiles batteriebetriebenes Temperaturmessgerät, sichert die Kühlkette, indem es die tatsächliche Temperatur in bestimmten Zeitabständen misst und dokumentiert. Dabei kann das Gerät entweder die Daten selbst speichern oder es schickt sie per Sender an einen Computer. So lässt sich nachverfolgen, ob Medikamente dauerhaft im richtigen Temperaturbereich lagen oder man sie verwerfen muss, wenn das nicht der Fall war. Bei Zweifeln an der Einhaltung der Kühlkette vom Großhandel zur Apotheke, zum Beispiel durch Überprüfung der Medikamente mit Hilfe eines Infrarotthermometers, kann anhand der Aufzeichnungen eine Entscheidung getroffen werden. Zeigt die beim Großhändler gespeicherte Temperaturkurve tatsächlich, dass der Korridor von 2 bis 8 °C verlassen wurde, so ist das Medikament zu verwerfen. Den Schaden trägt der Lieferant.

Auch die laut Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebene kontinuierliche Überprüfung von Kühlschränken ist damit problemlos umsetzbar und ersetzt die tägliche Dokumentation mit einem Min-Max-Thermometer. Für diesen Einsatz sollte das Messgerät kalibriert sein. Über einen USB-Anschluss landen die gemessenen Daten automatisch auf dem PC der Apotheke und sind bei jeder Revision verfügbar. Es gibt auch Kühlschränke mit integrierten Datenloggern, die einen Alarm auslösen oder sogar über das Wochenende eine SMS zum Apothekenleiter schicken. So sind die wertvollen Medikamente noch zu retten.

Am 22. Oktober 2019 traten Änderungen zur Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ein, die auch den Botendienst mit kühlpflichtigen Medikamenten betreffen. Der Gesetzgeber verlangt die kontinuierliche Dokumentation der Einhaltung der Kühlkette bis einschließlich der Abgabe an den Patienten. Konkret bedeutet dies, dass auch beim Botendienst die Temperaturlogger einzusetzen sind. Als Alternative eignen sich eventuell auch Aufkleber, die sich bei Abweichungen der Lager- oder Transporttemperatur verfärben.

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