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Umweltschutz

Medikamente nachhaltig herstellen

Mit rund 465.000 Beschäftigten und mehr als 190 Milliarden Jahresumsatz gehören die Chemie- und Pharmaindustrie in Deutschland zu den wichtigsten Industriesektoren. Die Herstellung von Grundstoffen und Arzneimitteln ist mit einem hohen Verbrauch an Rohstoffen, Lösungsmitteln und Energie sowie einem hohen Abfallaufkommen verbunden. Das bedeutet für die Umwelt eine nicht geringe Belastung.
Edith Schettler
13.04.2022  09:00 Uhr

Mehr Resistenzen

Vor einigen Jahren beschäftigte ein Umweltskandal in Indien die Medien. Britische Investigativjournalisten der Organisation Ecostorm hatten zusammen mit Wissenschaftlern der Universität Cambridge im Jahr 2016 an drei Produktionsstandorten der Pharmaindustrie in Indien hohe Konzentrationen antibiotikaresistenter Bakterien nachgewiesen. Sie konnten den Weg des Eintrages in die Gewässer bis zum Abwassersystem der Firmen nachverfolgen. Dabei fiel besonders die Firma Aurobindo, Rabattpartner großer deutscher Krankenkassen, durch besonders hohe Werte von Antibiotika, Antimykotika und Schwermetalle auf. Die Werte in Gewässerproben nahe des Standortes Hyderabad waren im Vergleich zu den deutschen Grenzwerten hundert- bis tausendfach überhöht. Sauberes Oberflächenwasser ist in Indien kaum noch verfügbar, trotzdem benutzen es die Bauern zum Wässern ihrer Felder und zum Tränken der Tiere, die Frauen zum Waschen, Männer zum Angeln, Kinder zum Baden. In Indien sterben schätzungsweise jährlich 60.000 Neugeborene an den Folgen einer Infektion mit multiresistenten Erregern.

Indische Umweltaktivisten haben sich bereits in einem Brandbrief an die EU-Kommission gewandt. »Im Namen unserer indischen Mitbürger schreiben wir, um Sie aufzufordern, Maßnahmen zu ergreifen und sich mit der schwerwiegenden Umwelt- und Gesundheitskrise zu befassen, die sich in Indien in Zusammenhang mit der Produktion von Arzneimitteln für globale Märkte, darunter die Europäische Union, entfaltet«, heißt es darin. Die Kommission arbeite an einem Strategiepapier zur Umweltverschmutzung durch pharmazeutische Stoffe, teilte ein Sprecher in der Antwort mit. Die indische Behörde Central Drugs Standard Control Organisation (CDSCO) erklärte, sie wolle die Kontrollen der GMP-Regeln im Land ausweiten, um die Anforderungen der jeweiligen geregelten Märkte einzuhalten, für die die Produkte bestimmt sind.

Leichter abbaubar

Bisher stehen bei der Entwicklung von Arzneistoffen pharmakologische und technologische Aspekte wie Stabilität, Freisetzung oder Magensäureresistenz im Vordergrund. Vor allem die Stabilität der Arzneistoffe bei verschiedenen pH-Werten und gegenüber der Darmflora werden nach ihrer Ausscheidung in der Umwelt zum Problem. Auf der Watchlist der Europäischen Kommission befinden sich derzeit die Antibiotika Amoxicillin, Ciprofloxacin, Erythromycin, Clarithromycin und Azithromycin sowie die Hormone Ethinylestradiol, Estron und Estradiol. Diese Stoffe spielen eher in den Einträgen der Tierproduktion eine Rolle als bei den europäischen Herstellern.

Grundsätzlich ist es heute schon möglich, die Struktur von Arzneistoffen so zu gestalten, dass sie in der Umwelt leicht abbaubar sind. Für fluorierte Moleküle zum Beispiel gibt es in der Natur keine Abbauwege, da Fluor kaum natürlich vorkommt. Trotzdem ist jeder vierte Arzneistoff eine Fluorverbindung. In jeder Substanzklasse gibt es jedoch bereits Alternativen ohne Fluor, beispielsweise Saxagliptin anstelle von Sitagliptin. Von Mikroorganismen oder Gewebekulturen produzierte Arzneistoffe wie die monoklonalen Antikörper sind aufgrund ihrer Proteinstruktur ebenfalls problemlos abbaubar. Sie haben außerdem den Vorteil, nur an einem ganz bestimmten Molekül, beispielsweise einem viralen Oberflächenprotein, zu binden und können daher sehr sparsam dosiert werden. Künftig sollte sich also die pharmazeutische Forschung noch umweltbewusster ausrichten.

Einige Firmen arbeiten dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie zufolge bereits daran, die Verteilung des Wirkstoffes im Körper zu optimieren, so dass weniger davon zur Ausscheidung kommt. Beispiele für bereits auf dem Markt befindliche Produkte sind Retardkapseln und Arzneistoffpflaster. Aus Retardformen gelangt der Wirkstoff langsam über den Tag verteilt in den Körper, so dass auch weniger davon ausgeschieden wird. Pflaster mit analgetischen Wirkstoffen wie dem für die Umwelt problematischen Diclofenac können nach der Anwendung im Hausmüll entsorgt werden, während Salben von der Haut abgeduscht werden oder über die Kleidung ins Abwasser gelangen. 

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