Hier ist die Welt in Ordnung. Eine hohe Biodiversität ist wie ein Netz, das uns gesundheitlich auffängt. / © Getty Images/piola666
Krankheiten des Menschen sind kein isoliertes medizinisches Problem. Nach dem One-Health-Ansatz ist die Gesundheit von Mensch, Tier und Ökosystemen untrennbar miteinander verbunden und voneinander abhängig. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den Klimawandel zur größten Gefahr für unsere Gesundheit benannt. Und: Das Zeitfenster für eine klimaresiliente Zukunft schließt sich, belegt einmal mehr der aktuelle Bericht des Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC).
Dabei ist es längst nicht nur die Hitze, die dem menschlichen Organismus in Form von Herz-Kreislauf- oder Lungen-Erkrankungen zusetzt. Durch die Erderwärmung können sich etwa auch infektionsübertragende Vektoren wie bestimmte Mücken- und Zeckenarten verstärkt ausbreiten. Erst Ende August meldete die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC zunehmende Infektionsraten mit dem Chikungunya- und West-Nil-Virus in Europa. Vor allem Infektionskrankheiten, die von der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) übertragen werden, seien als »neue Normalität« zu verstehen.
Wegen der wärmeren Temperaturen, längeren Sommer und milderen Winter in europäischen Gefilden konnte sich die eigentlich aus Südostasien stammende Asiatische Tigermücke immer weiter nördlich ansiedeln und vermehren. Laut ECDC ist sie mittlerweile in 16 europäischen Ländern und 369 Regionen heimisch – gegenüber 114 Regionen noch vor einem Jahrzehnt. Der Klimawandel wirkt für Zoonosen wie ein Treiber: So sind neu auftretende Infektionskrankheiten zu mehr als 75 Prozent Zoonosen, also Erkrankungen, die wechselseitig zwischen Menschen und anderen Wirbeltieren übertragen werden.
Der menschengemachte Klimawandel bedroht die biologische Artenvielfalt in fein austarierten, hochkomplexen Ökosystemen weltweit. »Der Verlust von intakten Ökosystemen ist keineswegs nur für die dort lebenden Organismen bedauerlich, sondern zerstört auch unsere Lebensgrundlage. Der Schutz von Biodiversität ist daher ein wichtiger Beitrag zum Schutz des Wohlergehens aller Menschen und nicht allein Ausdruck eines romantischen Naturbildes«, sagt Dr. Frauke Fischer, Biologin und Dozentin an der Universität Würzburg, wo sie die Lehre im Bereich Internationaler Naturschutz aufgebaut hat. »Der Klimawandel entscheidet darüber, wie wir in Zukunft leben, der Verlust von Biodiversität darüber, ob wir überleben«, konstatiert Fischer im Gespräch mit PTA-Forum.
»Deshalb sollten wir den Schutz der biologischen Vielfalt ganz oben auf die Agenda setzen. Ökosysteme bieten eine Reihe für uns lebenswichtige Services. Sie ernähren uns, indem sie für fruchtbaren Boden und Bestäubung sorgen, sie schützen uns vor Fluten, reinigen Wasser und Luft, liefern Arzneien und bieten Erholung«, schreibt die Biodiversitäts-Expertin in ihrem 2021 mit dem Umweltmedienpreis ausgezeichneten Buch „Was hat die Mücke je für uns getan?« (siehe Buchtipp).
Erstaunlich immens sind die Folgen des Biodiversitätsverlusts auf die Erforschung neuer Arzneistoffe: Eine Vielzahl heutiger Arzneimittel basiert auf Naturstoffen, insbesondere bei der Therapie von Krebs und Infektionskrankheiten. In den vergangenen 30 Jahren handelte es sich dabei bei schätzungsweise der Hälfte der zugelassenen Wirkstoffe um Naturstoffe oder daraus abgeleitete Derivate. Auch in der Landwirtschaft spielen Naturstoffe unter anderem bei der Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln eine wichtige Rolle.
Grundsätzlich lassen sich diese »Ökosystemdienstleistungen« nach den Ausführungen Fischers in versorgende, regulierende, kulturelle und Basisleistungen unterscheiden (siehe Grafik).
Der Mensch könne nicht auf eine einzige verzichten, ohne dass sich das Leben erheblich verändern würde, macht Fischer deutlich. »Das Problem ist, dass wir die meisten dieser Ökosystemleistungen selbst nicht ersetzen können oder nur – wie die Bestäubung von Nutzpflanzen – in viel geringerem Ausmaß, teurer, kleinräumig und äußerst aufwändig. Die Bereitstellung fruchtbarer Böden, die Verteilung von Regen oder die Erzeugung natürlicher Ressourcen kann nur die Natur leisten.«
Vielschichtig, ineinandergreifend und nichts geht ohne das andere: Die Leistungsfähigkeit von Ökosystemen ist unmittelbar mit der Biodiversität in ihnen verknüpft. (Quelle: »Was hat die Mücke je für uns getan?« von F. Fischer und H. Oberhansberg) / © PZ Grafik/Jens Ripperger
Egal, ob Ökosysteme von Natur aus artenarm (wie die Salzwiesen an der Nordsee) oder artenreich wie die tropischen Regenwälder sind – sie funktionieren nur, wenn die für sie charakteristische Biodiversität vorhanden ist. »Lebendige Vielfalt in Ökosystemen macht diese resilienter gegenüber Störungen. Das sieht man bereits an profanen Beispielen, etwa dass man in ländlichen Gebieten mit intakter Natur relativ ungestört einen Zwetschgenkuchen im Freien essen kann, ohne von einem Heer von Wespen heimgesucht zu werden wie in der Stadt.«
Mit der Vielfalt der Arten ist die Menschheit in den vergangenen Jahrzehnten nicht gerade sorgsam umgegangen. »In den vergangenen 50 Jahren haben wir fast 70 Prozent der Bestände aller Wirbeltiere, wie Amphibien, Reptilien, Vögel oder Säugetiere vernichtet. Die weltweite Biomasse von Säugetieren hat seit 1970 um 82 Prozent abgenommen – hinsichtlich wichtiger CO2-Speicher fatal. Geschätzte 40 Prozent aller Insekten sind bedroht. Und nur etwa ein Viertel der für Deutschland typischen Biotope gilt als ungefährdet«, nennt Fischer konkrete Zahlen.

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Wer einen Garten oder eine Terrasse hat, kann Schmetterlingen, Wildbienen und anderen nützlichen Insekten eine Heimat schaffen. Ihr Lebensraum geht durch Monokulturen, Pestizide und Bodenversiegelung zunehmend verloren.
Der beste Naturschutz bestehe darin, Natur erst gar nicht zu zerstören, so die Expertin. »Natur wiederherzustellen, liefert nur B-Ware. Ein Beispiel: Wir verlieren alle vier Sekunden ein Regenwaldstück von der Größe eines Fußballfeldes. Niemals kann es gelingen, so viel und so artenreich wieder aufzuforsten. Der Ara braucht aber einen Baum mit einer relativ großen Bruthöhle. Er kann nicht 100 Jahre warten, bis wieder ein Baum nachgewachsen ist. Dann ist er schon längst ausgestorben.«
Weltweit gelte es, Gelder in den Erhalt der Natur zu investieren; vor allem die »Hotspots der Biodiversität« müssten im Fokus stehen. »Noch haben wir die Möglichkeit zu handeln, nur muss es eben jetzt sein.« Hierzulande mache dagegen die Wiederherstellung der Natur mehr Sinn. »Wir greifen schon relativ lange in die Natur ein und die Einwohnerdichte ist eine ganz andere. Deshalb kommt der Renaturierung von Bächen und Teichen oder der Wiedervernässung von Mooren bei uns eine größere Bedeutung zu.«
Weltweit gibt es 34 solcher Hotspots, also Orte, die eine sehr hohe Biodiversität aufweisen und gleichzeitig stark bedroht sind. Sie machen zusammen aber nur 2,3 Prozent der Landesfläche der Erde aus. In diesen Hotspots leben die Hälfte aller Pflanzenarten, 55 Prozent aller Süßwasserfischarten und 77 Prozent aller Landwirbeltierarten. Besonders bedenklich: Rund 85 Prozent der ursprünglich einmal vorhandenen Hotspotflächen wurden bereits durch Menschen zerstört.
In Deutschland gibt es zwar keine – nach obiger Definition – klassischen Hotspots. Zwei außergewöhnliche Ökosysteme gibt es laut Fischer dennoch:
• das norddeutsche Wattenmeer und
• die (Rot)buchenwälder
Einst in Mitteleuropa weit verbreitet, sind letztere mittlerweile fast zerstört. Die in Deutschland vorhandenen Restvorkommen sind als Weltnaturerbe deklariert worden.
Professorin Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, Inhaberin des Lehrstuhls für Umweltmedizin der Universität Augsburg, beschreibt die biologische Artenvielfalt als eine Art Netz, »das uns gesundheitlich auffängt. Wird es löchrig – also bei Verlust der Diversität –, nehmen chronisch-entzündliche Erkrankungen wie Allergien und Asthma zu«.
Der exponenzielle Anstieg der Erkrankungsfälle von allergischer Rhinitis und Asthma bronchiale ist auf die schlechteren Umweltbedingungen zurückzuführen. / © Adobe Stock/New Africa
Es gebe einen klaren Zusammenhang mit der zunehmenden Urbanisierung/Industrialisierung, konstatiert sie im Gespräch mit PTA-Forum. »Der erste Diversitäts-Aspekt: Eine Vielfalt an Mikroben in der Umwelt geht einher mit einem Schutz vor Allergien. Das traditionelle Leben auf dem Bauernhof, wo eine hohe mikrobielle Vielfalt herrscht, schützt in gewisser Weise vor Allergien und Asthma. Zweitens: Je diverser die Ernährung vor allem im ersten Lebensjahr, desto geringer ist das Risiko für Allergien. Stillen in den ersten vier Monaten und dann eine vielfältige und gesunde Ernährung schützen vor Allergien. Doch unser Lebenswandel speziell in den Industrieländern hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten deutlich verändert. Dazu gehören eine zum Teil einseitige Ernährung mit Fast Food und weniger frischen Produkten direkt vom Erzeuger, weniger regelmäßige Bewegung in und Berührung mit der Natur und eine schlechtere Luftqualität durch starke Industrialisierung.«
Auch der Einfluss von Umweltschadstoffen sei nicht von der Hand zu weisen. Der Klimawandel beeinflusst die Pollenflugzeit; so gebe es bereits jetzt in Deutschland keinen Tag mehr, an dem keine Pollen fliegen. »Zudem produzieren einige Pflanzenarten bei höherem CO2-Gehalt in der Luft deutlich mehr Pollen und Umweltschadstoffe steigern selbst die Allergenität der Pollen«, verweist die Allergologin auf eigene Untersuchungen.
»In mehreren Versuchen konnten wir zeigen, dass Umweltschadstoffe wie Ozon, Feinstaub oder Stickoxide den Pollen selbst verändern. Allergieauslösende Proteine und andere proentzündliche Substanzen wie pollenassoziierte Lipidmediatoren (PALM) werden vermehrt darin produziert und sogar neuartige Allergene gebildet. Diese PALM sind Adjuvanzien, also Wegbereiter, und sie triggern das Immunsystem zu einer TH2-Antwort, sie sind also selbst entzündungsfördernd. Sie drängen das Immunsystem in eine proallergische Immunreaktion hinein, die TH2-Antwort wird erhöht.« Pollen beherbergen außerdem ein spezifisches Mikrobiom auf ihrer Oberfläche, also ein eigenes Ökosystem aus Mikroorganismen. Auch das Mikrobiom wird durch Umweltschadstoffe negativ beeinflusst.« Die Summe dieser Faktoren bewirke letztlich eine erhöhte Pollenallergenität um den Faktor 2 bis 3 etwa bei der Birke.
Umweltschadstoffe hätten einen unmittelbaren Einfluss auf unsere Haut-/Schleimhautbarrieren. »Wir wissen mittlerweile, dass Umweltschadstoffe – Feinstaub sind Schwebeteilchen der Luft, zusammengesetzt aus unterschiedlichen Stoffen wie Pollen, Rauch, Ruß oder Autoabgasen – auch auf den Menschen wirken. Sie machen unsere Schleimhäute durchgängiger, sie stören die Immunbarriere der Schleimhaut und machen uns damit empfänglicher für Allergien.«
Der Klimawandel führt zu einer lokalen Häufung extremer Wetterereignisse. Hierzulande nimmt vor allem die Gewitterhäufigkeit zu. Schwere Gewitter wiederum verschlechtern nachweislich Asthmaattacken. Das zeigen etwa Analysen der sogenannten Thunderstorm-Asthma-Events etwa in Melbourne oder London. Das Auftreten dreier Faktoren – nämlich eine hohe Pollenkonzentration von vor allem Gräsern, sehr starke Winde während des Gewitters und eine erhöhte Feinstaubbelastung – sorgten dafür, dass Klinikeinweisungen von Asthma-Notfallpatienten rapide anstiegen und die Todesfälle stiegen. Die Erklärung: In Kombination mit der Luftverschmutzung und besonders mit Gewittern platzen die Pollen durch die elektrostatische Aufladung der Luft, und die Bruchstücke gelangen tiefer in die Lunge.
Hier gilt es, durch die Beobachtung von Wetterlagen und Pollenkonzentrationen eine präzisere Frühwarnung für Allergiker zu entwickeln, als herkömmliche Pollenkalender sie bieten. Traidl-Hoffmann: »Ein Frühwarnsystem für Allergiker etwa bezüglich solcher Wetterlagen wäre ein gutes Instrument, um Klimaresilienz aufzubauen. Das Klima und die Folgen seiner Veränderung verhalten sich für den Menschen nicht linear. Natürliche Resilienz schützt und federt Veränderungen ab, eben bis zu einem Punkt, an dem das System kippt. Den Klimawandel aufhalten können wir nicht, wir können ihn nur abmildern, indem wir versuchen, eine Klimaresilienz aufzubauen, also Strategien zu entwickeln, wie wir trotzdem überleben können.«
Die seit Jahrzehnten weltweit stetig steigende Rate an antibiotikaresistenten Erregerstämmen schränkt die Therapiemöglichkeiten bei Mensch und Tier stark ein und kann negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Das Robert Koch-Institut (RKI) sieht in Antibiotikaresistenzen »eine der größten Herausforderungen für die globale Gesundheit dieser Zeit«. Auch von der »stillen Pandemie« ist die Rede. Ende August legte das Institut neue Zahlen für Deutschland vor.
Laut einer Studie von Forschenden des RKI, der Universität Washington und weiteren Einrichtungen starben im Jahr 2019 rund 45.700 Menschen in Deutschland in Zusammenhang mit antibiotikaresistenten Erregern. Nicht immer war dabei die Resistenz die direkte Ursache. Besonders häufig führten Blutstrominfektionen sowie Atemwegs- und Bauchrauminfektionen zum Tod. Rund 9600 dieser Menschen sind laut RKI jedoch unmittelbar aufgrund der Resistenz des Erregers gestorben – »wären die Betroffenen mit dem gleichen Erreger ohne Resistenz infiziert gewesen, hätten sie vermutlich überlebt«.
Antibiotikaresistenzen sind eine globale Gesundheitsbedrohung. Die Therapiemöglichkeiten bei Mensch und Tier werden dadurch stark eingeschränkt. / © Adobe Stock/analysis121980
Durch den immer häufigeren Einsatz von Antibiotika in der weltweiten Medizin entstehe Selektionsdruck: Bakterienstämme, die eine Resistenz gegenüber dem Antibiotikum besitzen, überleben und können sich weiter ausbreiten. »Ein wichtiger Ansatz zur Verringerung von Antibiotikaresistenzen ist daher der verantwortungsvolle und sachgerechte Einsatz von Antibiotika bei Mensch, Tier und in der Landwirtschaft«, schreibt das RKI auf seiner Website. Dies beinhaltet, den Antibiotikaeinsatz auf ein Minimum zu reduzieren, Antibiotika im Hinblick auf Therapiedauer, Dosierung und Darreichungsform indikationsgerecht anzuwenden und fachgerecht zu entsorgen.
Die weltweite Problematik der antimikrobiellen Resistenzen ist ein Paradebeispiel dafür, wie nötig das One-Health-Konzept ist, um in Sachen Klimaschutz etwas bewegen zu können. Der ganzheitliche Gesundheitsansatz braucht die vermehrte Zusammenarbeit von Politik, Behörden, Wirtschaft, Instituten und Wissenschaftlern verschiedenster Fachdisziplinen – und zwar sektorenübergreifend und über Ländergrenzen hinweg. Das hat das »Hochrangige Expertengremium für One Health« (One Health High-Level Expert Panel, kurz: OHHLEP), das von der Weltgesundheitsorganisation WHO, der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH), der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und deren Umweltprogramm (UNEP) gebildet wird, im Jahr 2021 festgeschrieben.
Wie können ökologisch nachhaltige Praktiken konkret in den Apothekenalltag integriert werden? Dazu hat sich die ABDA im Rahmen des Fraunhofer-Projekts »Ökologische Nachhaltigkeit im ambulanten Gesundheitswesen (ÖNaG)« aktuell an der Erstellung des Leitfadens »Ökologische Nachhaltigkeit in Apotheken« beteiligt. Die Empfehlungen und Checklisten sind Ende Juni veröffentlicht worden.
Die Leitfadenautoren betonen, dass das Gesundheitswesen für etwa 5 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich ist. Somit könnten auch die Apotheken vor Ort einen Beitrag dazu leisten, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Anhand von zehn Maßnahmen ließe sich der ökologische Fußabdruck sofort reduzieren:
Oftmals entscheidet zwar die ärztliche Verordnung über das Präparat, dennoch können die Apothekenteams bei der Beratung und Abgabe von Medikamenten das Thema Umweltschutz in das Gespräch einfließen lassen, dazu gehören etwa Informationen über die richtige Lagerung von Medikamenten – insbesondere während Hitzeperioden – sowie deren Entsorgung, die sich je nach Stadt oder Landkreis unterscheiden kann. Weitere Informationen gibt es hier und auf der Website arzneimittelentsorgung.de und unserer Serie Beratung kompakt.
Pharmazeutisches Personal kann zu One Health beitragen, indem es zu einem umweltbewussten Umgang mit Arzneimitteln berät / © Getty Images/PeopleImages
Der Leitfaden empfiehlt überdies, Patienten ihren Medikationsplan zu erklären sowie diesen bei Bedarf zu aktualisieren, ergänzt von Medikationsanalysen, zum Beispiel als pharmazeutische Dienstleistung bei Polymedikation. Das vermeidet Fehl- und Übermedikation. Klar kommuniziert werden sollten der Anwendungszeitraum und die Aufbrauchfrist. Die pharmazeutische Dienstleistung zu Inhalativa hat übrigens einen konkreten Umwelt-Benefit: Denn durch die richtige Anwendung von Inhalatoren wird der Übergebrauch vermieden.
In der Selbstmedikation hat das Apothekenpersonal selbst in der Hand, welche Präparate es empfiehlt. Die Leitfadenautoren schlagen vor, im Apothekenteam eine Liste mit umweltfreundlicheren OTC-Arzneimitteln zu erstellen. Beispielsweise könne die Empfehlung von Wirkstoffenantiomeren, etwa Levocetirizin statt Ceterizin oder Esomeprazol anstatt Omeprazol, beziehungsweise des wirksamen Metaboliten wie bei Desloratadin anstatt Loratadin, den Eintrag der Substanzen in die Umwelt reduzieren. Für eine derartige Liste sind auch Hilfsstoffe (zum Beispiel Aluminium, Titandioxid), Konservierungsmittel und die Verpackungsmaterialien relevant. Arzneimittel, die Inhaltsstoffe aus der sogenannten Spurenliste enthalten, wie Diclofenac, sind dagegen wenn möglich zurückhaltend zu empfehlen.