Mehr Therapie bei Myasthenia Gravis |
Isabel Weinert |
22.06.2023 15:28 Uhr |
Eine schnelle Ermüdung von Muskeln kann Symptom der Autoimmunerkrankung Myasthenia Gravis sein. / Foto: Adobe Stock/B. Boissonet/BSIP
Bei einer Myasthenia gravis (MG) entstehen Autoantikörper – in der Regel vom Typ IgG – gegen Rezeptoren der Muskulatur, und hier meistens gegen Acetylcholinrezeptoren. Die Krankheit ist sehr selten und verläuft verschieden schwer. Sie kann das Ungeborene vorübergehend betreffen, sich nur am Auge auswirken oder aber – und das ist meistens der Fall – generalisiert Beschwerden bereiten. Die Muskulatur der Betroffenen wird geschwächt und ermüdet besonders bei Bewegung schnell. Schwere Verläufe sind durch ausgeprägte Lähmungen, Schluck- und Atemstörungen gekennzeichnet.
Um über die richtige Therapie zu entscheiden, bestimmen Ärzte den Antikörperstatus und schätzen die Schwere der Erkrankung sowie die Krankheitsaktivität ein. Das angestrebte Ziel ist eine bestmögliche Kontrolle über das autoimmune Geschehen, so gibt es die aktualisierte Leitlinie der DGN aus, die im Februar dieses Jahres erschien. Acetylcholinesterasehemmer können den Abbau von Acetylcholin verlangsamen und damit die Symptome bessern. Glucocorticoide oder Immunsuppressiva bremsen die autoimmune Reaktion.
Quelle: neurologienetz.de
Seit 2022 steht der humanisierte monoklonale Antikörper Efgartigimod zur Verfügung. Efgartigimod ist ein Fc-Rezeptorantagonist, das heißt, es bindet an den neonatalen Fc-Rezeptor, reduziert so krankheitsverursachende Immunglobulin G (IgG)-Antikörper und blockiert den IgG-Recyclingprozess. Fc-Rezeptoren sind Oberflächenmoleküle verschiedener Immunzellen, die den konstanten Fc-Teil von Immunglobulinen binden. An den neonatalen Fc-Rezeptor (FcRn) bindet Rozanolixizumab und blockiert damit FcRn. Er bewies seine Wirksamkeit bei generalisierter Myasthenia gravis zusätzlich zu einer Basistherapie mit Cholinesterasehemmern und Immunsuppressiva in der MycarinG-Studie, so die DGN. Während Efgartigimod nur an Betroffenen untersucht wurde, bei denen AchR-Antikörper vorlagen, waren in der MycarinG-Studie auch Probanden mit MuSK-Autoantikörpern eingeschlossen.
Die Ergebnisse der Studie bestätigten die Wirksamkeit einer FcRn-Blockade bei einer generalisierten Myasthenia gravis sowohl bei AChR- als auch bei MuSK-Antikörper-positiven Menschen. Über eine Zulassung des Arzneistoffs in der EU entscheidet die EMA in naher Zukunft. »Mit Rozanolixizumab bestünde – sofern die Zulassung dies auch bestätigt - eine zusätzliche Therapieoption für eine seltene MG-Subgruppe«, erläutert Professor Heinz Wiendl, Münster, in der DGN-Pressemitteilung. MuSK-positive Patientinnen und Patienten haben nämlich oft einen schwereren Krankheitsverlauf und sind schwieriger zu behandeln, da sie ein schlechteres Therapieansprechen auf die bisherigen Medikamente zeigen.
Etliche Arzneistoffe können eine Myasthenie verstärken. Von MG Betroffene fürchten diese Nebenwirkung, wenn sie Medikamente verordnet bekommen. Vorsicht ist vor allem bei der Auswahl von Antibiotika geboten, denn hier kommt zu einer Verschlechterung der Erkrankung im Rahmen des Infekts noch die mögliche Myasthenie-fördernde Wirkung des Medikaments hinzu. Wichtig: Cephalosporine sind bei Myasthenia gravis sicher. Fluorchinolone (Gyrasehemmer), Tetracykline, Aminoglykoside, Ampicillin und Makrolide können hingegen eine Myasthenie verstärken.