»Menschen werden Verhalten nicht ändern« |
Aufgrund der kalten Witterung nehmen die Zahlen der Atemwegserreger gerade deutlich zu. / Foto: Getty Images/Paulo Amorim
Der Rostocker Infektiologe Emil Reisinger erwartet nach der Corona-Pandemie keine nachhaltige Auswirkung auf das Verhalten der Menschen etwa zu Erkältungszeiten. »Der Mensch vergisst solche Sachen relativ schnell«, sagte der Mediziner der Nachrichtenagentur dpa. Allerdings sei die letzte Corona-Welle erst ein Jahr her. Viele Menschen achteten daher etwa auf Impfungen und vermieden größere Veranstaltungen. Andere hingegen passten überhaupt nicht mehr auf. »Wenn man auf der Straße unterwegs ist, man sieht nicht viel Veränderung im Vergleich zurzeit vor Corona«, sagte Reisinger.
»Wir haben jetzt den Kälteeinbruch und die Zahlen der Atemwegserreger nehmen deutlich zu.« In den zurückliegenden Wochen ist den Daten zufolge der Anteil von Corona an den zugrundeliegenden Erregern stetig gewachsen. Coronaviren machten demnach zuletzt den größten Anteil aus. Auch SARS-CoV-2 nimmt nach Aussage Reisingers wieder deutlich zu. Das habe mit dem wiederkehrenden Auftreten neuer Stämme zu tun. Diese setzten sich deshalb durch, weil sie infektiöser seien. »Aber Gott sei Dank nicht krankmachender.« Die Verläufe seien in der Regel mild. Ein Großteil der Bevölkerung sei immunisiert durch Infektion oder Impfung. Er rechne nicht mit einer Überlastung der Krankenhäuser.
Laut Landesamt für Gesundheit und Soziales machten hinter den Coronaviren zuletzt Rhinoviren den größten Anteil aus. »Rhinoviren sind Lästlinge, machen aber in der Regel keine schwere Erkrankung«, sagte Reisinger. Sie verursachten Husten, Schnupfen, Heiserkeit oder leichtes Fieber. An dritter Stelle der Atemwegserreger seien zuletzt Adenoviren gekommen. Auch die verursachen Reisinger zufolge in der Regel keine allzu schwere Krankheit.
Mit der Ankunft der Grippe rechnet Reisinger man im Januar. »Es ist jetzt noch die Zeit, sich gegen Corona und Grippe impfen zu lassen.« Das gelte besonders für ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen, Menschen, die in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen arbeiteten oder viel Kontakt zu anderen hätten. »Und auch Schwangere sollten sich impfen lassen. Wir haben in Deutschland eine Schwangeren-Impfrate gegen Grippe von circa 17 Prozent. Das ist sehr niedrig.« Dabei komme es bei ihnen zu schweren Verläufen und auch Neugeborene seien dadurch betroffen. Auch gegen das Respiratorische-Synzytial-Virus (RSV) könnten sich Schwangere impfen lassen, um Kleinstkinder zu schützen. Der Erreger betreffe vor allem Kinder von null bis vier Jahren und ältere Menschen. Reisinger rechnet mit einer RSV-Welle um die Weihnachtszeit.
Maske trage er etwa noch, wenn im Zug oder im Flugzeug Menschen husteten, so Reisinger. Er sagte zudem: »Wenn man selbst erkrankt ist, macht es Sinn, Maske zu tragen.« Möglich wäre auch, wieder in Krankenhäusern das Tragen von Masken zu empfehlen, sollten die Zahlen deutlich steigen.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.