Migräneattacken in den Wechseljahren |
Viele Frauen leiden unter häufigeren Migräneattacken durch Hormonschwankungen in den Wechseljahren. / © Getty Images/miljko
Starke Kopfschmerzen, Orientierungsverlust, Übelkeit und Erbrechen – Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Etwa 20 Prozent der Frauen seien betroffen, erklärt Christian Maihöfner, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Klinikum Fürth und Experte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, zum Deutschen Kopfschmerztag am 5. September.
Für etwa jede Zweite von ihnen bedeute die Zeit vor der letzten Regelblutung, die sogenannte Perimenopause, dass ihre Krankheit schlimmer wird. Bei rund 40 Prozent bessere sich die Migräne während der Wechseljahre, bei rund 10 Prozent gebe es keine Änderungen.
Die Ursachen seien noch nicht abschließend erforscht. Als gesichert gilt, dass hormonelle Faktoren bei Migräne eine Rolle spielen. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Besonders die Östrogene sind von Bedeutung – und ihr Spiegel sinkt in der Perimenopause.
Eine verbreitete Erklärung lautet dem Professor zufolge, dass dies einen verminderten Serotoninspiegel nach sich zieht und damit eines zentralen Neurotransmitters in der körpereigenen Schmerzhemmung. Auch die Bildung des Botenstoffs Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP), der bei Migräne eine Schlüsselrolle spielt, scheine durch hormonelle Einflüsse gesteuert zu werden.
»Eine Hormonersatztherapie zur Anhebung des Östrogenspiegels kann die Migräne zwar lindern, muss jedoch sorgfältig abgewogen werden, da sie auch Risiken birgt, etwa ein erhöhtes Brustkrebsrisiko«, sagt Maihöfner. Diesbezüglich ist inzwischen jedoch bekannt, dass das Brustkrebsrisiko durch eine Hormonersatztherapie in so geringem Ausmaß ansteigt, dass immer noch von einem seltenen Ereignis gesprochen werden kann und vergleichbar mit dem erhöhten Risiko ist, dass durch zu wenig Bewegung oder zu viel Alkohol auftritt.
Zu den nicht hormonellen Methoden zählen Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Autogenes Training oder achtsamkeitsbasierte Programme wie MBSR. »Auch regelmäßiger Ausdauersport – beispielsweise dreimal wöchentlich Joggen – wirkt nachweislich günstig«, sagt der Experte.
Da sich in dem Alter bei Frauen oft Belastungen häuften, sei Stressmanagement wichtig. »Viele meiner Patientinnen sind erfolgreiche und sehr belastbare Frauen. Aber jeder Mensch hat nur begrenzte Ressourcen«, sagt Maihöfner.
Häufige Migräneanfälle wirkten sich auf das soziale Leben und den Arbeitsplatz aus. Nur Schmerztabletten zu nutzen, reiche nicht aus. »Das autonome Nervensystem ist aus dem Gleichgewicht geraten – durch Methoden wie Meditation oder gezielte Entspannungsverfahren lässt es sich wieder beruhigen und stabilisieren.« Migräne sei nicht vollständig heilbar, doch in den meisten Fällen könne sie mit der richtigen Behandlung spürbar gebessert werden.
Es muss auch nicht bei der Verschlimmerung der Schmerzanfälle bleiben: »Der Körper passt sich mit der Zeit an niedrigere Östrogenspiegel an – nicht selten bessern sich die Migräneattacken dadurch wieder, auch wenn hierzu bislang keine belastbaren Zahlen vorliegen.« Gudrun Goßrau, Leiterin der Kopfschmerzambulanz am Universitätsklinikum Dresden, bestätigt das. Bei etwa 20 bis 30 Prozent der Patientinnen bleibe die Migräne jedoch bis ins hohe Alter erhalten, sagt die Generalsekretärin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.
Bei der Therapie müsse die Situation jeder Patientin betrachtet werden, auch etwaige Begleiterkrankungen. »Man muss fragen, ob regelmäßig Pausen eingebaut werden, eine Entspannungstechnik helfen könnte und ausreichend Sport gemacht wird.« Migräne-Patientinnen brauchten Stabilität, auch in ihrem Alltagsablauf, sagt die Professorin.
Migräne sei auch mit Medikamenten behandelbar, so Goßrau. »Es gibt neue und spezifische Therapien, die sehr gut helfen. Sowohl bei der Prophylaxe als auch im akuten Fall. Hier kann und sollte man sich Hilfe holen, erster Anlaufpunkt ist dabei der Hausarzt.«
Die Mittel mit der besten Wirksamkeit bei akuten Migräneanfällen sind die Triptane (in alphabetischer Reihenfolge) Almotriptan, Eletriptan, Frovatriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Sumatriptan und Zolmitriptan. Hinsichtlich der Wirkstärke, -dauer und Schnelligkeit des Wirkeintritts bestehen allerdings Unterschiede zwischen den einzelnen Substanzen, die bei der Auswahl des jeweils am besten geeigneten Triptans berücksichtigt werden sollten.
Eine nicht verschreibungspflichtige Option zur Prophylaxe von Migräneattacken ist Magnesium. Die Studienlage zur Wirksamkeit ist zwar nicht eindeutig, aufgrund der guten Verträglichkeit ist die Einnahme von Magnesium dennoch sehr beliebt. Laut der S1-Leitlinie »Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne« eignet sich Magnesium durchaus für Patienten, die eine medikamentöse Therapie mit einem dafür zugelassenen Medikament nicht wünschen. Studien zufolge wurden mit der Einnahme von 500 bis 600 mg Magnesium täglich bessere Ergebnisse erzielt als mit Placebo.