Mikrobiom stärken und gesünder leben |
Verena Schmidt |
19.09.2025 15:00 Uhr |
PTA-Forum-Redakteurin Elke Wolf (links) traf Professorin Dr. Michaela Axt-Gadermann zum Gespräch auf der Expopharm. / © PZ/Alois Müller
»Wir wissen aus 20 Jahren Mikrobiomforschung, dass das Mikrobiom eine wichtige Grundvoraussetzung ist für eine ganzheitliche Gesundheit«, sagte Axt-Gadermann beim PTA-Forum-Talk in der Pharmaworld auf der Expopharm. Die Dermatologin und Ernährungsmedizinerin kennt sich aus: An der Hochschule Coburg erforscht sie unter anderem die Zusammenhänge zwischen Haut und Darmmikrobiom.
Die Grundlage sei auf jeden Fall eine gesunde, ausgewogene Ernährung: »Wenn die Ernährung nicht stimmt, haben es auch Probiotika schwer, sich im Darm anzusiedeln«, so die Expertin. Das Mikrobiom brauche vor allem präbiotische Ballaststoffe als Futter für die Bakterien. Neben der Ernährung beeinflussen aber auch andere Lebensstilmaßnahmen das Mikrobiom: Bewegung etwa macht es vielfältiger und damit auch gesünder, wie Studien zeigen. Zu viel Hygiene hingegen schadet dem Mikrobiom. Schon lange ist beispielsweise bekannt, dass Kinder, die in einem sehr hygienischen Umfeld aufwachsen und wenig Kontakte mit Bakterien haben, häufiger unter Neurodermitis und Allergien leiden.
Das Darmmikrobiom beeinflusst auch Alterungsprozesse: So produzieren Darmbakterien unterschiedliche Metaboliten wie etwa Vitamine und kurzkettige Fettsäuren, die entzündungshemmend wirken. »Wir wissen, wenn das Mikrobiom im Alter seine Vielfalt verliert, werden die Menschen gebrechlicher«, so Axt-Gadermann. Besonders Ältere sollten daher Wert auf ein gesundes Mikrobiom legen, gerade im Altersheim, wenn sich die Ernährung ändert, riet sie. »Ein gesunder Darm ist zudem wichtig für ein gesundes Gehirn: in jungen Jahren für das Lernen und konzentriertes Arbeiten, in älteren Jahren zum Schutz vor neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz oder Morbus Parkinson«, so die Expertin.
Sind denn kommerzielle Mikrobiomtests, die man beispielsweise im Internet bestellen und zur Auswertung in ein Labor schicken kann, sinnvoll? Das wollte Wolf von Axt-Gadermann wissen. Solche Analysen funktionierten zwar relativ gut, so die Expertin, es gebe jedoch zu wenig Therapeuten, die aus dem Ergebnis die richtigen Schlüsse ziehen könnten. Sie nannte ein Beispiel: Wenn Bifidobakterien oder Lactobazillen fehlen, sei die Gabe von Probiotika zusammen mit präbiotischen Ballaststoffen eine gute Wahl. Zeigt das Ergebnis jedoch erhöhte Werte für Fusobacterium nucleatum – eigentlich ein Mundschleimhautbakterium, das im Darm unter anderem zu Entzündungen führen und das Wachstum von Polypen und auch Tumoren fördern kann – stehe zunächst mal ein Besuch beim Zahnarzt an, um die Mundschleimhaut zu sanieren. Die Medizinerin empfiehlt eine solche Analyse dann, wenn jemand Magen-Darm-Beschwerden hat und gleichzeitig eine chronische Erkrankung vorliegt, beispielsweise Diabetes, Depressionen oder Hauterkrankungen. »Dann macht es Sinn, mal einen Blick auf das Mikrobiom zu werfen.«