Mit Bakterien Krebs bekämpfen |
Caroline Wendt |
01.09.2025 12:00 Uhr |
Krebszellen sind Meister der Tarnung und der Resistenzbildung. Bakterien eröffnen einen vielversprechenden neuen Ansatz in der Krebstherapie. (Symbolbild) / © Adobe Stock/SciePro
Bereits vor mehr als 100 Jahren bemerkten Forscher, dass sich einige Bakterien in sauerstoffarmen Tumorgewebe wohl fühlen, sich dort ansammeln und vermehren. Verschiedene Forschungsgruppen beschäftigen sich derzeit damit, wie sich die Mikroorganismen gezielt verändern lassen, sodass sie therapeutische Wirkstoffe wie Zytostatika, Immunmodulatoren oder Zytokine direkt im Tumorgewebe abgeben. Gegenüber herkömmlichen Krebstherapien hat diese Applikationsart den Vorteil, dass die Bakterien den Wirkstoff direkt im Tumorinnern freisetzen, also in Bereichen, die ansonsten kaum oder gar nicht erreicht werden können. In Studien werden dafür beispielsweise attenuierte Salmonellen-Stämme verwendet – Bakterien, die gentechnisch so verändert sind, dass sie für Menschen unschädlich sind.
Um die Genexpression von antitumoralen Molekülen gezielt zu steuern, sind verschiedene Methoden in der Erprobung. So kann die Wirkstoffproduktion beispielsweise durch die Gabe von Doxycyclin angestoßen werden.
Ein weiterer Mechanismus ist das sogenannte Quorum-Sensing – eine Art Kommunikation zwischen Bakterien. Über chemische Signalmoleküle ermitteln sie, wie viele Bakterien der eigenen Art sich in der Umgebung befinden. Sobald sich ausreichend Mitstreiter am Zielort eingefunden haben, wird gezielt ein Zerfall der Zellen ausgelöst (Lyse). Dadurch kann dann ein Wirkstoff freigesetzt werden.
Besonders in der Krebsimmuntherapie – also einer Behandlung, bei der das körpereigene Immunsystem gezielt gegen Krebszellen aktiviert wird – könnten modifizierte Bakterien künftig eine wichtige Rolle spielen, urteilt Professor Dr. Theo Dingermann, emeritierte Professor für Pharmazeutische Biologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und Senior-Editor der Pharmazeutischen Zeitung. Sie können mögliche Resistenzmechanismen der Tumoren überwinden und so die Wirkung der Immuntherapeutika (etwa PD-1-Blocker) unterstützen.
Das Beeindruckende: Bereits eine einzige Injektion dieser Bakterien direkt in den Tumor genüge, um eine Immunantwort im gesamten Körper auszulösen – und das ohne nennenswerte Nebenwirkungen, so Dingermann.