Mit »Blockbuster-Interaktionen« umgehen |
Juliane Brüggen |
29.03.2023 10:00 Uhr |
Da NSAR die Thrombozytenaggregation hemmen, können sie in Kombination mit oralen Antikoagulanzien das Blutungsrisiko erhöhen, vor allem wenn weitere Risikofaktoren hinzukommen. Laut einer Studie war das Blutungsrisiko bei einer Kombination von NSAR und dem direkten oralen Antikoagulans (DOAK) Rivaroxaban um das Doppelte erhöht. Dementsprechend stuft die ABDATA diese Interaktion als schwerwiegend ein. Gleiches gilt für den Vitamin-K-Antagonisten Phenprocoumon. Ist hier eventuell ein INR-Monitoring die Lösung? Feige: »Es macht natürlich Sinn, den INR im Auge zu behalten, aber ich kann anhand dessen nicht die Interaktion mit NSAR oder Glucocorticoiden beurteilen.« Der INR-Wert lasse keine Rückschlüsse auf Gewebsläsionen wie beschädigte Magenschleimhaut zu, die bei gleichzeitiger Einnahme von NSAR auftreten und das Blutungsrisiko erhöhen können. Zudem werde die Thrombozytenaggregation durch NSAR nicht erfasst.
Die Apothekerin riet, vor allem ASS 500 mg nicht in der Selbstmedikation an Patienten mit antikoagulativer Therapie abzugeben und auf Risikofaktoren zu achten. Hier sei ärztliche Kontrolle erforderlich. Es gelte wieder, NSAR in der niedrigsten Dosierung und so kurz wie möglich einzusetzen. Als Alternativen bieten sich Paracetamol, Metamizol und Opioid-Analgetika an.
Auch Nahrungsergänzungsmittel können in die Blutgerinnung eingreifen, warnte Feige. So hemmt Ingwer die Thromboxan-Synthetase und Ginkgo den plättchenaktivierenden Faktor. Die regelmäßige Einnahme der Mittel sollten Patienten, die Vitamin-K-Antagonisten einnehmen, ärztlich abklären lassen. Gleiches gilt, wenn ASS 100 mg mit Ginkgo kombiniert werden soll. Für diese Kombinationen liegen jeweils Fallberichte einer erhöhten Blutungsneigung oder klinisch relevanter Blutungen vor. Keine entsprechenden Beobachtungen gibt es für die Kombination von ASS 100 mg und Ingwer, hier ist die gemeinsame Einnahme laut Feige vertretbar. Um Interaktionen von pflanzlichen Präparaten mit den neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) zu beurteilen, empfahl sie eine Übersicht der European Heart Rhythm Association (Table 8).
Manchmal ist es erforderlich, die NSAR-Einnahme durch einen Protonenpumpenhemmer (wie Pantoprazol oder Omeprazol) zu begleiten, um den Magen zu schützen. Laut Feige ist dies der Fall, wenn mehrere Risikofaktoren für Magenblutungen vorliegen, eine Helicobacter-Infektion besteht, der Patient schon einmal ein Geschwür oder gastrointestinale Blutungen hatte oder sehr alt ist. »Das Fiese am Magenbluten ist, dass man es erst sehr spät merkt. Die Patienten müssen von vorneherein geschützt werden.« Auch in den Negativempfehlungen der DGIM wird der Magenschutz thematisiert. Demnach sollen systemische Glucocorticoide nicht ohne PPI-Schutz mit NSAR kombiniert werden.
Dieser Artikel wurde am 11. Juli 2023 aktualisiert.