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Klimawandel

Mit den Mücken kommen die Viren

Dengue-, West-Nil- oder Chikungunya-Viren: Weltweit nehmen die von Stechmücken und ihren Viren übertragenen Erkrankungen rasant zu. Welche Infektionskrankheiten sind für Deutschland und Europa zu erwarten? Und wie lässt sich entgegenwirken? Der jüngste Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin gab Antworten.
Elke Wolf
25.07.2023  09:00 Uhr

»Die Asiatische Tigermücke und die Gelbfiebermücke sind die größten Profiteure der Globalisierung und des Klimawandels«, sagte Professor Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin bei der begleitenden Kongress-Pressekonferenz. Erderwärmung und der zunehmende Reise- und Warenverkehr haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass sich diese beiden Mückenarten über den ganzen Globus ausgebreitet haben. In Europa, auch in Deutschland, ist es vor allem die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die sich breitmacht, erklärte der Experte. »Wir werden die Tigermücke nicht mehr loswerden.«

Aber: Durch sie übertragene Viren wurden hierzulande bisher nicht nachgewiesen, stellte er klar. Um Arboviren wie Dengue-, Chikunguya- oder Zika-Viren zu verbreiten, müssten die Stechmücken sie zuvor von einer infizierten Person aufgenommen haben. Dann spricht man von einer autochthonen Infektion, die von der in der Region lebenden Person quasi vor Ort erworben wird. »Mit dem Fortschreiten des Klimawandels und immer mehr Reisenden, die die Viren mitbringen, wird das auch hierzulande immer wahrscheinlicher. Das Risiko für Ausbrüche ist umso größer, je länger die sommerlichen Warmwetterphasen anhalten«, schätzt der Virologe die Lage hierzulande ein.

Dengue-, West-Nil-, Zika- und Chikungunya-Viren zählen zu den Arboviren, also solchen, die durch Blutsauger aller Art wie Mücken, Moskitos und Zecken übertragen werden. Aktuell ist das einzige hierzulande durch Stechmücken übertragene humanpathogene Arbovirus das West-Nil-Virus – es wurde im Sommer 2018 erstmals in Deutschland nachgewiesen. »Da die heimische Hausmücke Überträger ist, kann man nicht von einer invasiven Art sprechen. West-Nil-Fieber wird sich hier weiter ausbreiten und in den Spätsommern für kleinere Infektionsherde sorgen. Diese verlaufen jedoch fast immer sehr mild, oft sogar asymptomatisch«, informierte Schmidt-Chanasit.

Dengue auf dem Weg

Noch nicht in Deutschland etabliert ist das Dengue-Virus. 2019, vor der coronabedingten Einschränkung des Reiseverkehrs, hat eine Rekordzahl von annähernd 1200 Reisenden das Virus hierzulande eingeschleppt. »Mit seinen jährlich bis 400 Millionen Infizierten, von denen bis zu 400.000 Menschen sterben, gehört das Dengue-Fieber zu der sich am schnellsten ausbreitenden Infektionskrankheit. Derzeit ist Südostasien der Fokus, in 30 Jahren werden vermehrt der Südosten der USA, China und Japan betroffen sein. Seit 2010 beobachten wir auch in Südeuropa autochthone Übertragungen in den Sommermonaten«, so Schmidt-Chanasit. Er hält es für möglich, dass es in naher Zukunft auch in Deutschland zu kleineren Ausbrüchen kommen könnte.

Der Verlauf ist bei einer ersten Dengue-Infektion meist unkompliziert, auch wenn es in manchen Fällen zu hohem Fieber, heftigen Knochen- und Gelenkschmerzen kommen kann. Im Englischen ist deshalb auch die Bezeichnung »break bone fever« geläufig. Eine zweite Infektion kann hingegen äußerst heimtückisch verlaufen: Wenn es nämlich zum Phänomen kommt, dass die Antikörper, die nach der ersten Infektion gebildet wurden, paradoxerweise dem neuerlichen Virus den Eintritt in die Wirtszellen erleichtern – was einen Zytokinsturm und in der Folge einen hämorrhagischen Verlauf wahrscheinlich macht.

Mit Dengvaxia® gab es bereits seit 2018 einen Dengue-Impfstoff, allerdings nur für Menschen, die bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben und in einem Endemiegebiet leben. Qdenga® ist nun seit einem halben Jahr der erste Reiseimpfstoff zur Prävention von Dengue-Fieber. Der neue tetravalente abgeschwächte Lebendimpfstoff darf unabhängig von einer früheren Dengue-Exposition ab einem Alter von vier Jahren zum Einsatz kommen. Schmidt-Chanasit wies jedoch darauf hin, dass »seine Wirksamkeit über einen Zeitraum von drei Jahren abnimmt. Eine Boosterimpfung könnte dem entgegenwirken. Eine STIKO-Impfempfehlung für Reisende in Dengue-Endemiegebiete gibt es bislang noch nicht, wird aber in den nächsten Monaten erwartet«. Auch von neuen Methoden der Stechmücken-Kontrolle wie dem Einsatz von Wolbachia-infizierten Gelbfiebermücken, in denen sich Dengue-Viren praktisch nicht vermehren, erhofft sich der Experte Erfolge der Eindämmung.

Noch mehr Viren

Gegen andere Arboviren gibt es derzeit keine verfügbaren Impfstoffe. Am weitesten ist man mit einer Vakzine gegen Chikungunya-Viren vorangekommen, die sich derzeit in der klinischen Phase III befindet. Gegen West-Nil- und Zika-Viren sind laut Schmidt-Chanasit in den nächsten Jahren keine Impfstoffe zu erwarten. Er bezeichnete das Chikungunya-Fieber als »schwerwiegendes Public-Health-Problem«. Denn bei bis zu 40 Prozent der Infizierten folgt auf die akute fieberige Infektion eine chronische Arthritis, die über Monate anhalten kann. In Ermangelung einer vorbeugenden Impfung beziehungsweise Antivirustatika ist nur eine symptomatische Therapie des Chikungunya-Fiebers möglich.

Aktuell ist das Virus in Asien und Südamerika stark verbreitet, seit 2007 gibt es auch in südeuropäischen Ländern immer wieder Infektionsherde – etwa in Italien, mit Ausbrüchen von mehreren Hundert nachgewiesenen Fällen. Auch nicht beruhigend: Vor wenigen Jahren ist eine neue Variante identifiziert worden, die Mutationen aufweist, die eine bessere Adaptation an die Gelbfiebermücke ermöglichen.

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