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Thermotherapie

Mit Wärme gegen den Schmerz

Millionen Deutsche leiden an chronischen Schmerzen – oft jahrelang ohne nachhaltige Linderung. Während immer mehr Menschen zu Schmerzmitteln greifen, werden einfache, aber wirksame Alternativen wie die Wärmetherapie häufig unterschätzt. Dabei kann die gezielte Anwendung von Wärme eine gut verträgliche, effektive Ergänzung oder sogar Alternative zur medikamentösen Behandlung sein.
Melanie Wellnitz
24.06.2025  12:00 Uhr

Die schmerzlindernde Anwendung von Wärme ist nicht neu – sie ist seit Jahrhunderten eine bewährte Methode in der Medizin. Tatsächlich zählt die Wärmetherapie zu den ältesten Heilverfahren und ihre Wirksamkeit wird heute durch zahlreiche wissenschaftliche Studien gestützt. So zeigen Untersuchungen, dass eine kontinuierliche Anwendung von Wärme die Beweglichkeit verbessern und Schmerzen lindern und sogar Vorteile gegenüber einer medikamentösen Behandlung mit Ibuprofen oder Paracetamol haben kann. Auch in puncto Kosten ist die Wärmetherapie Schmerzmitteln oft überlegen.

Durch die Wärmezufuhr kommt es zur Vasodilatation und damit zu einer verbesserten Durchblutung. Der Stoffwechsel wird angekurbelt: Durch einen erhöhten Sauerstofftransport und Abtransport von Abbauprodukten werden Entzündungsprozesse gehemmt. Die Muskeln entspannen sich, die Beweglichkeit  verbessert sich und Schmerzen werden gelindert. Die Wärmetherapie reguliert außerdem die Ausschüttung von Stresshormonen und führt damit auch zur allgemeinen Körperentspannung. Die aufgelegte Wärme wird von bestimmten Wärmerezeptoren (unter anderem dem TRPV1-Rezeptor) erkannt; diese sitzen als freie Nervenendigungen in der Haut und werden bei Temperaturen von etwa 30 bis 43 °C aktiviert.

Die Wärmereize gelangen über afferente Nervenfasern in das Rückenmark, wo der Reiz weiterverarbeitet und durch hemmende Signale moduliert werden kann. Das bedeutet: Nicht schmerzhafte Reize wie Wärme können die Weiterleitung von Schmerzsignalen an das Gehirn abschwächen – das Schmerzempfinden wird reduziert. Auf diesem Prinzip basiert die sogenannte Gate-Control-Theorie von Melzack und Wall, die davon ausgeht, dass ein »Schmerz-Tor« im Rückenmark die Signalweitergabe reguliert – je nachdem, welcher Reiz dominiert.

Fango, Moor und Schlick

Fangopackungen enthalten mineralischen Schlamm vulkanischen Ursprungs. Dieser wird in einem Wasserbad auf die gewünschte Temperatur gebracht und in ein dünnes Handtuch eingeschlagen. Die Anwendung erfolgt meist im Rückenbereich – zwischen Körper und Liege positioniert. Moorpackungen basieren auf natürlichem Torf, der Inhaltsstoffe wie Huminsäuren, Mineralstoffe und Spurenelemente enthält. Die Packungen haben eine durchlässige Hülle, über die Wärme und Wirkstoffe auf die Haut übertragen werden. Sie lockern die Muskulatur, lindern Schmerzen und wirken entzündungshemmend.

Diese Anwendungen werden häufig in therapeutischen Einrichtungen durchgeführt. Es gibt jedoch auch Produkte zur Anwendung zu Hause, die PTA empfehlen können, wie Fangopress Kompressen® oder SonnenMoor Moorpackung Natur®. Beratende in der Apotheke sollten auch auf mögliche Kontraindikationen hinweisen. Dazu zählen unter anderem akute Entzündungen, offene Wunden, Fieber und schwere Herzerkrankungen. Vor Beginn der Wärmetherapie ist eine ärztliche Abklärung sinnvoll, um Risiken auszuschließen.

Pflaster, Cremes und Salben

Wärmepflaster oder -salben enthalten oft Capsaicin (zum Beispiel ABC Wärme-Pflaster Capsicum Hansaplast med®, Rheumaplast® oder Capsagamma Dolor Creme 0,05 %) oder das synthetische Derivat Nonivamid (wie in ABC Wärme-Pflaster sensitiv Hansaplast med® oder Capsi-Med Wärmepflaster®). Beide Wirkstoffe stimulieren Hitzerezeptoren in der Haut: Es kommt zur Freisetzung der Substanz P, einem Neuropeptid, das zunächst starkes Brennen verursacht. Bei wiederholter Anwendung desensibilisieren die Schmerzfasern und die Vorräte der Substanz P, die unter anderem Schmerzsignale vermittelt, entleeren sich allmählich. Die Schmerzsignale werden nicht mehr weitergeleitet, sodass Schmerzen lang anhaltend gelindert und entzündliche Prozesse gehemmt werden.

Im Unterschied zu Capsaicin reizt das synthetische Nonivamid die Haut weniger stark und eignet sich daher besser für empfindliche Haut. In Kombination mit Nicoboxil (zum Beispiel Finalgon® Wärmecreme Duo) verstärkt sich zusammen mit Nonivamid die hyperämisierende Wirkung, was besonders bei akuten stechenden Schmerzen hilfreich sein kann.

Wärmepflaster und -cremes sollten auf sauberer, trockener und intakter Haut angewendet werden. Augennähe und Schleimhäute sind zu meiden. Zum Schutz vor Hautirritationen sollten beim Auftragen der Cremes und Pflaster Handschuhe getragen werden. Niedrig dosierte Pflaster können zwischen vier und zwölf Stunden auf der Haut verbleiben, danach ist eine Pause von mindestens zwölf Stunden einzuhalten.

Zur Behandlung bestimmter neuropathischer Schmerzen haben sich hochdosierte Wärmepflaster mit 8 Prozent Capsaicin (wie Qutenza®) bewährt. Diese sind verschreibungspflichtig und müssen unter ärztlicher Aufsicht appliziert werden. Studien belegen die Wirksamkeit: Hochdosiertes Capsaicin lindert nicht nur Schmerzen deutlich, sondern kann bei gleichzeitiger Opioidtherapie den täglichen Opioidbedarf senken. Laut der »Praxis Depesche«, einem Fachmagazin für Allgemeinmedizin und Innere Medizin, ist die Wirkung von hochdosiertem Capsaicin vergleichbar mit Pregabalin, das bei peripheren neuropathischen Schmerzen eingesetzt wird. Grundsätzlich sollten Personen mit empfindlicher Haut Wärmeanwendungen mit Vorsicht nutzen, da Nebenwirkungen wie Brennen, tränende Augen oder blasenbildende Hautausschläge auftreten können. Kontraindiziert sind die Produkte bei Personen mit Überempfindlichkeit gegen scharfe Substanzen, Säuglingen, Kleinkindern sowie Schwangeren und Stillenden.

Auch Pflaster mit Eisenpulver (zum Beispiel Thermacare®) sind beliebt. Sie erzeugen durch Luftkontakt eine konstante Tiefenwärme von circa 40°C über mehrere Stunden und werden bei Muskelverspannungen oder chronischen Rückenschmerzen empfohlen. Ein wichtiger Hinweis für die Kunden: Um eine gleichmäßige Wirkstoffverteilung zu gewährleisten und eine vorzeitige Aktivierung durch Luftkontakt zu vermeiden, sollten Wärmepflaster liegend gelagert werden.

Infrarot- und Rotlicht

Zur Linderung von Schmerzen, Entzündungen und zur Regeneration von Gewebe kommt häufig eine Infrarot- beziehungsweise Rotlichttherapie zum Einsatz. Während Rotlicht (600 bis 700 nm) oberflächlich durchblutungsfördernd und wundheilend wirkt, wird Infrarotstrahlung (800 bis 1000 nm) zur gezielten Tiefenerwärmung in Muskeln, Sehnen und Gelenken genutzt. Studien belegen die Wirksamkeit beispielsweise bei muskoskelettalen Beschwerden, neurologischen Symptomen oder bei der Wundheilung.

Im Handel angeboten werden Rotlichtlampen mit Halogen- oder Glühlampen (wie Philips InfraCare®, Beurer IL®, Sanitas® oder Medisana), LEDs oder größeren Paneelen für die Ganzkörperbestrahlung. Die Geräte sind freiverkäuflich und für die Selbstanwendung konzipiert. In Kliniken kommen meist leistungsstärkere und teils spezialisierte Geräte zum Einsatz, wie wassergefilterte Infrarot-A-Strahler. Sie filtern die hautbelastende IR-B- und IR-C-Strahlung heraus und ermöglichen hautschonendere Anwendungen.

Vor der Behandlung müssen Kontraindikationen wie akute Entzündungen und Verletzungen, schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden. Die Haut muss sauber und frei von Cremes sein. Lichtintensität, Dauer und Abstand von der Lichtquelle sind individuell anzupassen. Auch eine Schutzbrille sollte getragen werden, da Infrarotstrahlung die Augen reizen kann. Bei korrekter Anwendung gilt die Lichttherapie als gut verträglich und sicher. Mögliche Nebenwirkungen sind Hautrötungen, Juckreiz und Schwellungen, selten leichte Verbrennungen bei falscher Handhabung.

Insektenstiche »heilen«

Auch bei Insektenstichen kann Wärme helfen. So lindern elektronische Stichheiler wie Bite Away® oder Mosquito® Insekten-Stichheiler durch gezielten Wärmeimpuls schnell Juckreiz, Schwellung und Schmerzen nach einem Mückenstich. Eine prospektive Kohortenstudie mit 146 Teilnehmern zeigte eine signifikante Symptomreduktion innerhalb weniger Minuten. Auch wenn der genaue Wirkmechanisums noch nicht abschließend geklärt ist, wird vermutet, dass die lokale Hitzeapplikation die Aktivität der Mastzellen beeinflusst und so die Histamin-Ausschüttung hemmt.

Zusätzlich könnten Insektengifte durch den Hitzeimpuls denaturiert und somit unschädlich gemacht werden. Aber auch Hitzeschockproteine (HSP) könnten eine immunmodulierende Wirkung haben. Für eine wirksame Therapie muss das Gerät direkt auf die Einstichstelle gesetzt werden. Da Stichheiler keine Wirkstoffe enthalten und schnell wirken, eignen sie sich gut für Kinder, Schwangere und Allergiker. 

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