Monoklonale Antikörper gegen Corona |
Monoklonale Antikörper gegen schwere Verläufe bei einer Covid-19-Infektion? Vielen Wissenschaftlern ist die Datenlage noch zu dünn. / Foto: Getty Images/Nanoclustering
Monoklonale Antikörper werden im Labor hergestellt und sollen das Virus nach einer Infektion außer Gefecht setzen. Monoklonal bedeutet, dass die eingesetzten Antikörper alle gleich sind und das Virus an einem fest definierten Ziel angreifen. Im Unterschied dazu bildet der menschliche Körper nach einer Impfung einen Mix an Antikörpern, die an das Virus an verschiedenen Stellen binden können. Fachleute sprechen in diesem Fall von polyklonalen Antikörpern.
Die US-amerikanische Firma Regeneron mischt für ihren Antikörper-Cocktail gegen Covid-19 zwei monoklonale Antikörper. Sie richten sich gegen zwei Regionen des Spike-Proteins auf der Oberfläche von SARS-CoV-2. Der Vorteil der Mischung sei, dass so die Wahrscheinlichkeit steige, dass mindestens ein Antikörper bei jeder speziellen Anwendung auch wirklich wirksam sein könne, erklärte die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek im NDR-Podcast »Coronavirus-Update«. Das Mittel der US-amerikanischen Firma Eli Lilly enthält im Gegensatz dazu nur einen monoklonalen Antikörper. Sowohl Regeneron als auch Eli Lilly haben seit November eine US-Notfallzulassung für ihre Medikamente.
Beide Mittel dürfen in den USA zur Behandlung von Patienten ab zwölf Jahren eingesetzt werden, bei denen das Risiko besteht, schwere Covid-19-Symptome zu entwickeln. Die Medikamente können laut der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA die Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs senken. Patienten, die sich im Krankenhaus befinden oder Sauerstoff benötigen, dürfen das Medikament nicht bekommen. Am stärksten profitierten Regeneron zufolge Probanden, deren Immunsystem noch keine eigenen Antikörper gegen das Virus gebildet hatte.
Innerhalb der ersten zehn Tage nach einer Infektion habe es in Studien die besten Ergebnisse gegeben, sagte FDA-Chef Stephen Hahn. Es gebe aber insgesamt noch nicht ausreichend Daten, sagen viele Wissenschaftler.
Die Antikörper sollen verhindern, dass das Virus in die Zelle eintreten kann. Die Behandlung führt Regeneron zufolge zu einer Reduzierung der Viruslast, also der Menge an nachweisbaren Viren, und zu einem rascheren Abklingen der Symptome.
Nachdem sich Trump im Oktober mit dem Coronavirus infiziert hatte, wurde er – unter anderem – mit dem Antikörper-Cocktail von Regeneron behandelt. Zum damaligen Zeitpunkt war das Mittel in den USA noch nicht zugelassen. Nach seiner vergleichsweise raschen Genesung bezeichnete Trump den Cocktail öffentlich als »Wunder« und »Heilmittel« und versprach, es in kürzester Zeit weitreichend verfügbar machen zu wollen.
Viele Forscher waren deutlich skeptischer. Unter anderem weil sich gezeigt hatte, dass die Antikörper bei einer fortgeschrittenen Covid-19-Erkrankung wohl nicht wirklich helfen können.
In einer klinischen Studie gab es bei Patienten, die mit dem Regeneron-Mittel behandelt wurden, keine gehäuften schweren Nebenwirkungen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Die FDA weist aber darauf hin, dass es ein gewisses Potenzial unter anderem für schwere Überempfindlichkeitsreaktionen bei den beiden eingesetzten Antikörpern gibt. Zudem würden sie immer noch untersucht, bestimmte Risiken könnten deshalb noch gar nicht bekannt sein. Bei dem Mittel von Eli Lilly traten bei Studien laut FDA in zwei von 850 Fällen schwerere Nebenwirkungen auf. Auch hier seien möglicherweise manche Nebenwirkungen noch gar nicht bekannt.
Nein. Es gäbe zwar sehr viele Patienten, die den Vorgaben der Notfallzulassung zufolge für eine Behandlung mit den Antikörpern in Frage kämen, aber bei weitem nicht ausreichend lieferbare Dosen, sagte Erin Fox von der University of Utah der »New York Times«.
»Insgesamt kann man zu Antikörpertherapien sagen, dass sie sehr teuer sind und dass Antikörper sehr schwer zu produzieren sind«, sagte die deutsche Forscherin Ciesek.
Bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA läuft bislang kein Zulassungsprozess für eine solche Antikörper-Behandlung, wie aus Angaben auf der Behörden-Webseite hervorgeht. Regeneron plant aber, gemeinsam mit dem Pharmakonzern Roche als Partner, auch in der EU Zulassungen zu beantragen, wie eine Sprecherin der Nachrichtenagentur dpa sagte. Eli Lilly und andere Firmen dürften folgen.
Virologin Ciesek geht – auch wegen der komplizierten und teuren Produktion – absehbar davon aus, dass »das wahrscheinlich eher ein Einsatz ist, der sehr kontrolliert erfolgen wird, zum Beispiel bei Hochrisikopatienten, aber sicherlich nicht bei jedem durchführbar sein wird«.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.