Mumps trotz Impfung möglich |
Caroline Wendt |
22.03.2022 11:30 Uhr |
Schmerzhafte Schwellung: Eine Ohrspeicheldrüsenentzündung ist charakteristisches Symptom für eine Mumpserkrankung ist. / Foto: Adobe Stock/Jirus
Einer Studie des US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) zufolge erkranken immer wieder Menschen an Mumps, obwohl sie alle empfohlenen Impfungen bekommen haben. Dazu haben die Forschenden die zwischen 2007 und 2019 in den USA aufgetretenen Mumps-Fälle untersucht und herausgefunden, dass bei etwa einem Drittel der Infektionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erkrankten. Und: Die Mehrheit von ihnen war entsprechend der US-amerikanischen Impfempfehlung geschützt.
Auch in Deutschland beobachten Experten Ähnliches. Obwohl die bundesweite Inzidenz mit 0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (2018) vergleichsweise niedrig ist, so ist doch auffällig, dass knapp 20 Prozent der gemeldeten Fälle zum Zeitpunkt der Infektion vollständig geimpft waren. Den größten Ausbruch gab es laut Robert-Koch-Institut (RKI) 2010/2011 in Bayern. Von den mehr als 300 übermittelten Fällen waren mehr als die Hälfte zwischen 16 und 24 Jahren. Es betraf vor allem Jugendliche und junge Erwachsene in weiterführenden Schulen, Fachhochschulen, Universitäten und Sportvereinen.
Die Ursache hierfür sehen die Experten des RKI in einem über die Zeit nachlassenden Impfschutz. Durch die strengen Impfquoten kämen die Menschen nur noch selten in Kontakt mit zirkulierenden Wildtypen, eine natürliche Boosterung bleibe aus. Zudem sei es möglich, dass ein Antigen-Missmatch zwischen den verimpften Viren und einem Ausbruchsstamm vorliege.
Dennoch ist die Einführung der Standardimpfung im Jahr 1976 eine Erfolgsgeschichte. So betrug die jährliche Inzidenz Mitte der 1970er-Jahre 200 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Am wahrscheinlichsten traf es damals Kinder zwischen fünf und neun Jahren.
Beim Mumps-Virus handelt es sich um RNA-Viren aus der Familie der Paramyxoviridae. Sie sind sehr empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen wie Hitze, Licht, UV-Strahlen, fettlöslichen Substanzen und Desinfektionsmitteln und können nur wenige Stunden auf der Oberfläche von Gegenständen überleben. Die Ansteckung erfolgt hauptsächlich über Tröpfchen, die beim Sprechen, Niesen oder Husten in die Luft gelangen, und über direkten Speichelkontakt. Die Viren werden nur selten über mit Speichel kontaminierte Gegenstände übertragen. Die Inkubationszeit beträgt 16 bis 18 Tage.
Wie stellt sich eine Mumps-Infektion (Parotitis epidemica) noch mal dar? Die früher auch Ziegenpeter genannte Erkrankung führt charakteristisch zu einer entzündlichen Schwellung der Ohrspeicheldrüse (Parotitis). Die Schwellung tritt bei 20 bis 30 Prozent der Erkrankten auf einer Seite auf, in 70 bis 80 Prozent der Fälle sind beide Ohrspeicheldrüsen betroffen. Die Entzündung dauert durchschnittlich drei bis acht Tage an. Auch die Speicheldrüsen im Unterkiefer beziehungsweise unter der Zunge können sich entzünden. Die Schwellung ist so schmerzhaft, dass die Betroffenen Probleme beim Kauen haben und ihnen manchmal bereits der Gedanke an Essen und den damit verbundenen Speichelfluss unangenehm ist. Auch Ohrenschmerzen können auf eine Infektion hinweisen.
Bei kleinen Kindern verläuft die Krankheit oft subklinisch (30 bis 40 Prozent), das heißt, ohne dass nennenswerte Symptome auftreten. Bei anderen äußert sich Mumps lediglich mit erkältungsähnlichen Beschwerden (40 bis 50 Prozent). Die Infektionsdaten weisen laut den Experten des RKI jedoch darauf hin, dass es seit Einführung der Impfung eine Verschiebung der Mumps-Infektionen in ein höheres Lebensalter gibt. Ein höheres Alter führt allerdings auch zu einer höheren Komplikationsrate. Neben hohem Fieber kommt es bei 15 bis 30 Prozent der postpubertären männlichen Jugendlichen und Männer zu einer Hodenentzündung (Orchitis), die in seltenen Fällen auch zur Unfruchtbarkeit führen kann. Frauen entwickeln mit einer 30-prozentigen Wahrscheinlichkeit eine Brustdrüsen-, 5 Prozent leiden unter einer Eierstockentzündung. Auch das zentrale Nervensystem (ZNS) kann durch eine Mumps-Erkrankung Schaden nehmen: Etwa jeder Zehnte entwickelt eine Hirnhautentzündung. Bei einem von 20.000 Erkrankten kann eine Infektion zudem zu einem bleibenden Hörschaden bis hin zur Taubheit führen.
Die Impfung gehört in Deutschland zu den Standardimpfungen, die Kinder in den ersten Lebensjahren erhalten. Die Ständige Impfkommission (STIKO) des RKI empfiehlt die erste Dosis im Alter von 11 bis 14 Monaten, die zweite sollte mit einem Mindestabstand von vier Wochen mit 15 bis 23 Monaten injiziert werden. Eine versäumte Impfung sollte spätestens bis zum 18. Lebensjahr nachgeholt werden.
Unter bestimmten Umständen, wie ein früher Eintritt in eine Kindertagesstätte oder eine Reise in ein Land mit hohem Ansteckungsrisiko, kann die erste Impfung bereits ab dem vollendeten neunten Lebensmonat vorgenommen werden. Die zweite Immunisierung sollte dann in dreimonatigem Abstand erfolgen. Bei Kindern, die jünger als neun Monate sind, wurde die Sicherheit der Impfungen nicht untersucht.
Schuleingangsuntersuchungen aus dem Jahr 2017 haben ergeben, dass 96,9 Prozent der Erstklässler die erste und 92,6 Prozent die zweite Impfung erhalten haben. Um Ausbrüche und eine kontinuierliche Zirkulation der Viren zu verhindern, müssten laut RKI jedoch 95 Prozent der Bevölkerung voll geimpft sein. Personen, die noch nicht oder nur einmal geimpft wurden, sollten nach dem Kontakt mit einem an Mumps-Erkrankten eine sogenannte Riegelungsimpfung erhalten. Diese postexpositionelle Immunisierung sollte möglichst innerhalb von drei Tagen erfolgen und soll, vor allem in Kindereinrichtungen und Schulen, die Ausbreitung auf weitere nicht geimpfte Kinder verhindern.
Als Reaktion auf die Mumps-Ausbrüche unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat das RKI seine Empfehlung im Jahr 2020 erweitert und eine berufliche Indikationsimpfung hinzugefügt. Demnach sollen alle nach 1970 Geborenen mit einem unklaren oder unvollständigen Impfstatus erneut immunisiert werden, wenn sie in Gesundheitsdienstberufen, der unmittelbaren Patientenversorgung, Gemeinschaftseinrichtungen oder Ausbildungsstätten für junge Erwachsene tätig sind. Wer keine dokumentierte Impfung nachweisen kann, soll zwei Immunisierungen mit einem Vakzin im Abstand von vier Wochen erhalten. Wer nur einen Stempel im Impfpass nachweisen kann, soll eine zweite Impfung erhalten.
Als Vakzine stehen derzeit keine monovalenten Mumps-Impfstoffe zur Verfügung. Der attenuierte (abgeschwächte) Lebendimpfstoff wird zusammen mit Masern und Röteln (MMR) oder zusätzlich mit dem Vakzin gegen Windpocken, auch Varizellen genannt,(MMRV), kombiniert.
Impfstoff | zugelassenes Alter | enthaltene attenuierte Viren |
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M-M-RVAXPRO® | ab 12 Monate | Mumps, Masern, Röteln |
Priorix | ab 10 Monate | Mumps, Masern, Röteln |
Priorix-Tetra | ab 12 Monate | Mumps, Masern, Röteln, Varizellen |
Pro Quad® | ab 12 Monate | Mumps, Masern, Röteln, Varizellen |
Da es sich um Lebendimpfstoffe handelt, ist eine Immunisierung während einer bestehenden Schwangerschaft kontraindiziert. Hat eine Frau ein MMR- oder MMRV-Vakzin erhalten, sollte sie im darauf folgenden Monat auf eine zuverlässige Verhütung achten. Dieser Empfehlung liegen jedoch rein theoretische Überlegungen zugrunde. Es bestehe die potenzielle Gefahr, dass sich das Impfvirus auf das ungeborene Kind übertrage, so die Erklärung im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 4/2014 des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Eine versehentliche Impfung kurz vor oder während einer Schwangerschaft ist jedoch kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch. Bisher konnte kein tatsächlich erhöhtes Risiko für kongenitale Fehlbildungen festgestellt werden.