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Pharmazie und Umwelt

Nachhaltig entwickeln

Reste von Arzneimitteln finden sich in allen Umweltmedien: im Wasser, im Boden, in der Luft. Forscher haben nachgewiesen, dass diese Rückstände unterhalb der für den Menschen bedenklichen Konzentrationen liegen. Warum es jetzt trotzdem an der Zeit ist, zu handeln.
Edith Schettler
05.08.2022  09:00 Uhr

Zufälliger Abbau

Mehr als 80 Prozent der Arzneimittelreste im Wasser kommen nicht durch falsche Entsorgung oder Produktionsabfälle zustande, sondern entstehen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der Medikamente nach Metabolisierung und Ausscheidung über den Urin oder mit dem Stuhlgang. Wie stark die Arzneistoffwirkung noch ist, nachdem die Medikamente den Körper verlassen haben, wurde bisher kaum berücksichtigt.

Umweltaspekte müssen aber bereits bei der Entwicklung eines Arzneistoffes einen größeren Stellenwert erhalten. Die Substanzen brauchen nur so weit stabil zu sein, dass sie ihre Wirkung im Organismus entfalten können. Danach sollten sie ihre Wirksamkeit verlieren und im Idealfall in eine komplett rückstandsfrei abbaubare Form übergehen können. Das gelingt beispielsweise, wenn die Moleküle leicht spaltbare Atomgruppen enthalten. An diesen Stellen zerfällt das Molekül unter Einwirkung von Wasser, Luft oder Enzymen in unwirksame Bruchstücke.

Bereits in vielen Indikationsgebieten gibt es umweltfreundliche Alternativen. Hat der Arzt die Wahl zwischen zwei für seinen Patienten gleichwertigen Wirkstoffen, kann er auch den Umweltaspekt bei der Verordnung berücksichtigen. Meist sind sich aber die Ärzte dieser Alternativen gar nicht bewusst. In Schweden können die Mediziner anhand von Listen ersehen, wie umwelttoxisch ein Arzneistoff ist und sich für ein Arzneimittel mit geringerem Umweltrisiko entscheiden, in anderen Ländern gibt es diese Informationen noch nicht. Bereits vor drei Jahren hat die europäische Apothekerorganisation PGEU in einem Positionspapier dazu aufgerufen, Leitlinien und Informationen für Heilberufler zu entwickeln und das Thema Umwelt in die Aus- und Fortbildung zu integrieren.

Optimierte Arzneiformen

Nicht bei allen Arzneimitteln gelingt eine 100prozentige Ausnutzung der Beladungsmenge der Arzneiform. Ein klassisches Beispiel sind die transdermalen therapeutischen Systeme (TTS), die entweder einen häufig nicht gut verträglichen Permeationsverstärker enthalten oder bei denen der Wirkstoff in einem Vielfachen der nötigen Dosis aufgetragen sein muss, damit die Resorption entlang eines Konzentrationsgefälles funktioniert. Nach dem Pflasterwechsel enthält bei letzteren TTS die Klebematrix noch etwa 50 Prozent Arzneistoff, was auch für die Entsorgung relevant ist. Da dieser Applikationsweg vor allem für hochwirksame Substanzen wie Opiate, Hormone oder Nikotin üblich ist, lohnen sich hier Forschungen, die dazu dienen, die Beladungsmenge möglichst zu verringern. 

In der Therapie der Osteoporose haben die forschenden Hersteller Möglichkeiten gefunden, den Einsatz von Bisphosphonaten zu verringern. Die Arzneistoffe sind bei oraler Anwendung schlecht bioverfügbar und werden zu etwa 98 Prozent unverändert mit dem Stuhl ausgeschieden. Die Kohlenstoffbrücke zwischen den Phosphoratomen verhindert die hydrolytische Spaltung des Moleküls. Jährliche oder vierteljährliche intravenöse Applikationen verringern die Umweltbelastung durch die kritischen Substanzen. Noch haben sie jedoch den Nachteil, dass sie im Vergleich zur oralen Therapie schlechter verträglich sind.

Doch nicht nur die Wirkstoffe belasten die Natur, auch Hilfsstoffe können zum Problem werden. Bei der Herstellung von überzogenen Tabletten geht der Trend zu Coatings aus umweltfreundlichen Materialien, beispielsweise aus Proteinen anstelle von Polymeren und Weichmachern. Auch organische Lösungsmittel werden im Herstellungsprozess zunehmend gemieden. Die Tabletten selbst könnten künftig aus Papier bestehen. Eine Marburger Forscherin konnte zeigen, dass Papier mit seiner im Nanometerbereich liegenden Porenstruktur ein optimaler Arzneistoffträger ist. Der Abbau dieses aus der Natur stammenden Rohstoffs ist kein Problem.

Trotz aller Bemühungen sind und bleiben viele chemisch-synthetische Arzneimittel umweltgefährdende Chemikalien, deren Einsatz für den Menschen jedoch in vielen Fällen unumgänglich ist. Hier sollte der Grundsatz »so viel wie nötig und so wenig wie möglich« auch bereits bei der Verordnung berücksichtigt werden, und auch Apothekenteams können mit ihrer Beratung viel dazu beitragen, dass Medikamente nicht unnötig, nicht in zu hoher Dosierung und nicht länger als notwendig eingenommen werden. Alles Schritte, um den Eintrag in die Umwelt zu verringern.

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