Nagelpilz konsequent behandeln |
Juliane Brüggen |
18.04.2023 14:30 Uhr |
Mit der richtigen und konsequent umgesetzten Therapie kann Nagelpilz geheilt werden. / Foto: Adobe Stock/Stavros
»Die Diagnose einer Onychomykose kann ohne labordiagnostischen Nachweis des Erregers nicht mit hinreichender Sicherheit gestellt werden«, heißt es in der neuen Leitlinie. Das bedeutet, dass Patienten mit Eigendiagnose beim ersten Auftreten zunächst einen Arzt aufsuchen sollten. Dadurch wird nicht nur sichergestellt, dass es sich tatsächlich um Nagelpilz handelt, sondern auch, dass der Patient eine effektive Therapie erhält. Diese ist definitiv erforderlich, da Nagelpilz keine Selbstheilungstendenz hat. »Die Ästhetik ist die eine Seite. Noch wichtiger ist jedoch, dass Pilzerkrankungen langsam die Nagelplatte zerstören. Zudem verschwindet der Pilz nicht von allein und die erkrankte Person kann andere anstecken«, bestätigt Professor Dr. Peter Elsner von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) in einer Pressemitteilung.
Am häufigsten sind Dermatophyten – meist Trichophyton rubrum – für Nagelpilz verantwortlich, seltener Hefepilze wie Candida-Arten und vereinzelt Schimmelpilze. Durchblutungsstörungen wie chronisch-venöse Insuffizienz, Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus und Verletzungen der Nagelplatte, beispielsweise durch Sport oder eine fehlerhafte Pediküre, fördern eine Infektion. Weitere Risikofaktoren sind zu enge Schuhe, Fußfehlstellungen, Nagelpsoriasis, künstliche Fingernägel und übermäßiges Schwitzen. Sind Zehenzwischenräume oder Fußsohlen schon länger von einem Pilz befallen, kann sich dieser außerdem leicht auf die Nägel ausbreiten.
Für den Erregernachweis – sowohl zur Diagnose als auch zur Erfolgskontrolle – empfiehlt die Leitlinie ergänzend zu histologischen Methoden eine PCR (Polymerase-Kettenreaktion). Denn mit dieser kann auf DNA-Ebene ermittelt werden, welcher Erreger hinter der Infektion steckt. »Die Dermatohistologie kann letztlich nur zwischen ›Onychomykose‹ oder ›keine Onychomykose‹ unterscheiden, die Spezies wird nicht bestimmt. Die PCR ist der Histologie überlegen. Am besten ist eine Kombination aus beidem«, meint Professor Dr. Pietro Nenoff, DDG-Mykologie-Experte aus Leipzig. Die PCR-Diagnostik müssen Kassenpatienten allerdings selbst bezahlen, Privatversicherten wird sie erstattet.
»Eine Pilzinfektion lässt sich immer heilen, wenn die Diagnose stimmt«, sagt Nenoff. Für die Wahl der richtigen Therapie ist entscheidend, ob die Nagelmatrix beteiligt ist, wie viel von der Nageloberfläche befallen ist und welche individuellen Faktoren der Patient mitbringt. »Nicht zu vernachlässigen ist die zu erwartende Compliance und der Therapiewunsch der Patient*innen«, wird in der Leitlinie betont – denn die Therapie ist meist langwierig. Ziel ist es, die Erreger vollständig zu eliminieren, möglichst gesunde Nägel zu erhalten und Infektionsketten zu verhindern. Die Leitlinienautoren betonen, dass die Therapie erst dann enden sollte, wenn der Erregernachweis – am besten mittels PCR – negativ ist. Angesichts hoher Rezidivraten von 20–25 Prozent mahnen sie hier Verbesserungsbedarf an.
Sind die Fußnägel betroffen, kann es sinnvoll sein, das befallene Nagelmaterial zunächst zu reduzieren. Hierfür wird eine okklusive Behandlung mit 40-prozentiger Harnstoff-Zubereitung empfohlen. Zu beachten ist, dass die Nagelabtragung auf lange Sicht nur in Kombination mit einer antimykotischen Therapie wirksam ist.
Bei leichtem bis mäßigem Befall empfiehlt die Leitlinie eine Monotherapie mit antimykotischen Nagellacken. Dies ist gegeben, wenn es sich um eine seitliche, unter dem Nagel befindliche oder weiße oberflächliche Infektion handelt sowie maximal 40 Prozent der Nageloberfläche und/oder maximal drei von zehn Zehennägeln betroffen sind. Mittel der ersten Wahl sind Nagellacke mit den Breitband-Antimykotika Amorolfin und Ciclopiroxolamin. Seit einiger Zeit ist außerdem ein Terbinafin-haltiger Nagellack im Handel. Für die alleinige Therapie mit ätherischen Ölen wie Teebaumöl gibt es aufgrund unzureichender Datenlage keine Empfehlung. Für alle Lacke gilt, die betroffenen Nagelteile vor dem Auftragen zu feilen und aufzurauen. Auch das Fräsen, zum Beispiel in einer podologischen Praxis, kann zusätzliche positive Effekte haben.
Wirkstoffhaltiger Nagellack | Anwendungshäufigkeit | Anwendungsdauer (in der Regel) | Besonderheiten |
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Amorolfin-HCl 5 % Acryl-Nagellack | 1 x pro Woche | Fingernägel: etwa 6 Monate, Zehennägel: etwa 9 bis 12 Monate | Anwendbar bei bis zu 80 % befallener Nageloberfläche, vor erneutem Auftragen Nagellackreste entfernen und verändertes Nagelgewebe so weit wie möglich reduzieren |
Ciclopirox 8 % Nagellack wasserunlöslich | alle 2 Tage, ab dem 2. Monat: mindestens 2 x pro Woche, ab dem 3. Monat 1 x pro Woche (z. B. Ciclopirox acis®, Ciclocutan®) oder 1 x täglich (z. B. Miclast®, Ciclopirox beta®) | Behandlung sollte 6 Monate nicht überschreiten | 1 x pro Woche Nagellack entfernen und verändertes Nagelgewebe so weit wie möglich reduzieren |
Ciclopirox 8 % Nagellack wasserlöslich + HP-Chitosan | 1 x täglich | Fingernägel: etwa 6 Monate, Zehennägel: etwa 9 bis 12 Monate | Kann auch auf angrenzende Hautpartien aufgetragen werden, mindestens 6 Stunden kein Wasserkontakt, verändertes Nagelgewebe regelmäßig reduzieren |
Terbinafin (78,22 mg Terbinafin/ml Nagellack) wasserlöslich + HP-Chitosan | 1 x täglich für 4 Wochen, dann 1 x pro Woche | Fingernägel: etwa 6 Monate, Zehennägel: etwa 9 bis 12 Monate | Kann auch auf angrenzende Hautpartien aufgetragen werden, mindestens 6 Stunden kein Wasserkontakt, verändertes Nagelgewebe regelmäßig reduzieren |
Ist der Pilzbefall mittelschwer oder schwer, kommen Patienten meist nicht an einer systemischen Therapie vorbei. »Wir empfehlen bei der Therapie eine Kombination aus topischer Nagellackbehandlung mit antimykotischen Tabletten«, sagt Nenoff. Standard ist die kontinuierliche Therapie mit Terbinafin, die im Vergleich mit anderen Therapieschemata die höchsten mykologischen Heilungsraten erreicht. Bei ausgeprägten Hefepilz-Infektionen ist Fluconazol Mittel der ersten Wahl. Zu berücksichtigen ist immer das hohe Interaktionspotenzial der Antimykotika mit anderen Arzneimitteln.
Eine alternative Therapieoption, vor allem für Patienten, bei denen systemische Antimykotika nicht infrage kommen, ist die Lasertherapie. Erfolgsversprechend scheint sie in Kombination mit topischen Antimykotika zu sein. Als Monotherapie wird sie nicht empfohlen. Kontraindiziert ist ein Laser, wenn Neuropathien der unteren Extremitäten vorliegen. Gleiches gilt für eine Lokalanästhesie. In beiden Fällen kann es zu schweren Verbrennungen kommen, da der Schmerzreiz fehlt.
In der Leitlinie finden sich auch Empfehlungen zur Behandlung von Kindern. »Aufgrund des schnelleren Nagelwachstums kann eine topische Therapie durchaus erfolgreich sein«, heißt es. Im fortgeschrittenen Stadium kann eine systemische Therapie erforderlich werden. Da es sich um einen Off-Label-Use handelt, braucht es eine schriftliche Zusage der Erziehungsberechtigten. »Hierbei ist zu beachten, dass die Dosis entsprechend des Alters und Gewichtes des Kindes angepasst wird«, so der Experte.
Bei einer Pilzinfektion der Füße ist laut Leitlinie vor allem die regelmäßige Desinfektion des Schuhwerks wichtig, um einem Rezidiv vorzubeugen. In Schuhen können Pilzelemente bis zu sechs Monate und länger überleben. Strümpfe und Handtücher sind bei mindestens 60 °C zu waschen. Weiterhin ist es möglich, einen antimykotischen Nagellack in reduzierter Anwendungsfrequenz weiter zu verwenden. Es gibt jedoch kaum Daten dazu, wie wirksam diese Maßnahme ist.