Nahrungsergänzungsmittel für Kinder fallen durch |
Von einer akuten Gesundheitsgefahr sei nicht auszugehen, aber eine überhöhte Nährstoffzufuhr sei dennoch zu vermeiden, so das zuständige Untersuchungsamt. / Foto: Getty Images/Narisara Nami
Eltern sollten ihren Kindern aus Sicht von Fachleuten keine Nahrungsergänzungsmittel geben. Eine Untersuchung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Karlsruhe von 31 solcher Produkte ergab, dass 61 Prozent zwar explizit für einen Verzehr durch Säuglinge und Kleinkinder bestimmt waren – aber sie allesamt nicht verkehrsfähig gewesen seien. »Gründe hierfür waren neben der irreführenden Aufmachung unter anderem auch darin nicht zugelassene Zusatzstoffe«, heißt es im Abschlussbericht. Zudem seien Tageshöchstmengen überschritten worden.
Von Nahrungsergänzungsmitteln für Säuglinge und Kleinkinder sei grundsätzlich abzuraten, schreibt das CVUA. Auch älteren Kindern sollten Eltern keine derartigen Präparate geben. »Es wird empfohlen, auf natürliche Nährstoffquellen aus herkömmlichen Lebensmitteln durch ausgewogene Ernährung zu setzen und gegebenenfalls ärztlichen Rat einzuholen, sofern die Unterversorgung eines Nährstoffs befürchtet wird.« Im Allgemeinen gebe der Nährstoffstatus von Studien zufolge keinen Grund zur Sorge. Über herkömmliche Ernährung seien sie in der Regel ausreichend mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt.
Allerdings habe der Gesetzgeber Nahrungsergänzungsmittel für Säuglinge und Kinder nicht explizit geregelt, sie seien also nicht ausdrücklich verboten. Daher untersuchte das CVUA von 2021 bis 2023 solche Produkte, die größtenteils mittels Internetrecherche ermittelt und teilweise dort bestellt worden waren. Bei vier Produkten wurden demnach die als sicher bewerteten Tageshöchstmengen zugesetzter Folsäure vollständig ausgeschöpft oder sogar überschritten. »Von einer akuten Gesundheitsgefahr durch die Produkte ist zwar nicht auszugehen«, hieß es. »Eine überhöhte Zufuhr an Nährstoffen sollte jedoch insbesondere bei jungen Kindern vermieden werden.«
Auch andere Nährstoffmengen wurden den Angaben nach voll ausgeschöpft oder lagen teils um ein Vielfaches über den Werten für die jeweiligen Altersgruppen – vor allem bei den Vitaminen C, K und den B-Vitaminen. Bei sechs Proben (19 Prozent) hätten die Experten Vitamingehalte festgestellt, die von den Verpackungsangaben abweichen. Gerade bei jungen Kindern und Nährstoffen, die nicht so leicht wieder ausgeschieden werden können, sei eine Überdosierung kritisch. Der Stoffwechsel werde belastet, die Folge könnte eine Vergiftung sein.
»Aufgrund dieser Ergebnisse rate ich von Nahrungsergänzungsmitteln für Säuglinge und Kleinkinder grundsätzlich ab«, teilte Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU) mit. »Auch älteren Kindern sollten Eltern ohne ärztliche Empfehlung keine Nahrungsergänzungsmittel verabreichen.« Auf EU-Ebene müssten möglichst zeitnah konkrete Regelungen zu Nahrungsergänzungsmitteln festgelegt werden, die für Kinder – insbesondere Säuglinge und Kleinkinder – bestimmt sind. Das Ziel müsse sein, die Gesundheit dieser empfindlichen Verbrauchergruppe besonders zu schützen. »Daher hat Baden-Württemberg dieses Thema auch in die Verbraucherschutzministerkonferenz eingebracht«, sagte Hauk.
Von der eigenmächtigen Nahrungsergänzung zu unterscheiden ist die ärztlich empfohlene Zufuhr bestimmter Nährstoffe. In Absprache mit dem Kinderarzt erfolgt zum Beispiel die Fluoridprophylaxe. Diese sieht vor, dass Babys ab der zweiten Lebenswoche bis zum Durchbruch des ersten Milchzahns ein Kombinationspräparat mit 0,25 mg Fluorid und 400 bis 500 I. E. Vitamin D als Tablette erhalten. Diese lösen sich bei Kontakt mit Feuchtigkeit sofort auf und können dem Baby zum Beispiel vor dem Stillen in den Mund gelegt werden.
Mit dem ersten Zahn wird die Fluoridprophylaxe angepasst, um eine Dentalfluorose mit Fleckenbildung an den bleibenden Zähnen zu vermeiden. Eltern haben dafür prinzipiell zwei Möglichkeiten: Sie können mit der Gabe des Kombinationspräparates bis zum ersten Geburtstag fortfahren, sollten dann aber die Zähne ohne Zahnpasta oder mit einer Zahnpasta ohne Fluoridzusatz reinigen. Die zweite Möglichkeit sieht vor, ab dem ersten Zahn mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta zu putzen. In diesem Fall sollte die Fluoridierung per Tablette beendet werden. Die Babys erhalten dann bis zum zweiten erlebten Frühsommer nur noch ein Vitamin-D-Präparat.