Nasenspray-Abhängigkeit überwinden |
Bei verstopfter Nase ein Segen, bei zu langer Anwendung ein Fluch. / © Getty Images/Connect Images
Dass ein mögliches Abhängigkeitsrisiko von schleimhautabschwellenden α-Sympathomimetika nicht zu unterschätzen ist, zeigen Daten aus Dänemark und Norwegen. Die Dänische Apothekervereinigung warnte vor ein paar Wochen in einer Pressemitteilung davor, dass die im Land praktizierte Freiverkäuflichkeit von Nasensprays das Suchtrisiko fördere. Die dänischen Kollegen dringen darauf, die Abgabe endlich wieder auf Apotheken zu beschränken.
In der Tat ist seit gut einem Vierteljahrhundert in Dänemark der Verkauf von Dekongestiva außerhalb von Apotheken, etwa in Supermärkten, Tankstellen oder am Kiosk, erlaubt. Und seitdem steigen die Absatzzahlen. So würden in Dänemark inzwischen fast 4 Millionen Packungen Nasenspray pro Jahr verkauft – was beinahe eine Verdreifachung des Werts aus dem Jahr 2000 darstellt, als der Absatz bei 1,5 Millionen Packungen lag. Heutzutage würden drei von vier Flaschen außerhalb von Apotheken verkauft, so die Apothekervereinigung.
Zwar ließen sich konkrete Zahlen zu Abhängigkeiten nicht ermitteln, so Helle Jacobsgaard, pharmazeutische Beraterin bei der Dänischen Apothekervereinigung. Allerdings legten die steigenden Absatzzahlen von Nasensprays einen solchen Hintergrund nahe. Arzneimittel zur Behandlung von Erkältungssymptomen im Supermarktregal zwischen Halsbonbons und Süßigkeiten sende »ein falsches Signal« aus. Wie auch das Nachbarland Norwegen habe Dänemark ein Abhängigkeitsproblem in Zusammenhang mit Nasenspray. Auch in Norwegen gebe es einen »alarmierend hohen Verbrauch« von fast 9 Millionen verkauften Packungen pro Jahr. Schätzungsweise 700.000 Menschen seien laut norwegischen Medienberichten abhängig, so der Verband.
Das pharmazeutische Personal weiß es und berät dementsprechend: Bei Anwendung von Oxymetazolin oder Xylometazolin länger als sieben Tage kommt es durch das Rebound-Phänomen zu einer Rhinitis medicamentosa, also eines medikamentös ausgelösten Dauerschnupfens, der sich anfühlt als wäre die Nase verstopft und deren Schleimhäute trocken und borkig. Dieser Effekt kann durch das Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid verstärkt werden. In der Folge greifen Betroffene erneut zum abschwellenden Nasenspray. Erste Anzeichen für eine Abhängigkeit ist das Gefühl, ohne die Anwendung von Nasenspray nicht mehr frei atmen zu können und es immer dabei haben zu müssen.
Was können PTA raten, um vom Spray und dem Gefühl der trockenen, verstopften Nase wegzukommen? Kalter Entzug ist nur erfolgversprechend, wenn das abschwellende Nasenspray noch nicht allzu lange verwendet wurde. Zur Unterstützung dieser mit viel Willenskraft verbundenen Methode ist es ratsam, zusätzlich ein Nasenspray mit pflegend-befeuchtenden Inhaltsstoffen wie Sesamöl, Dexpanthenol, Hyaluronsäure oder Hypromellose (wie Gelositin®, Hysan® Pflegespray, Wick® Erste Abwehr Mikrogel-Spray) zu verwenden, um die Nasenschleimhaut zu beruhigen. Parallel die Pflegesprays anzuwenden, ist auch ein guter Beratungstipp, wenn es um die folgenden Entwöhnungsmethoden geht.
Kontinuierliches Ausschleichen ist erfolgsversprechender als das abrupte Absetzen, etwa durch eine schrittweise Dosisreduktion. Dazu wechselt der Betroffene zunächst auf ein Präparat für Kinder und danach für Babys. Schließlich genügt Salzlösung, um die Nasenschleimhäute feucht zu halten, bis sie wieder vollständig regeneriert sind. Auch die sogenannte Ein-Loch-Methode ist empfehlenswert. Dabei wird das oben beschriebene Verfahren zunächst nur in einem Nasenloch durchgeführt. Anwendungshäufigkeit und Dosierung werden schrittweise gesenkt, bis der Patient nur noch einmal täglich ein Meerwasser- oder Salzspray benötigt und über dieses Nasenloch wieder frei atmen kann. Danach wird die Prozedur für den zweiten Nasenflügel wiederholt. Und nicht vergessen: Beim nächsten Infekt sollte der Betroffene vorsichtshalber auf Nasensprays und -tropfen mit α-Sympathomimetika verzichten, um keinen Rückfall zu riskieren.
Zu den Dekongestiva gibt es durchaus Alternativen. Mucoadhäsive (wie Wick® Erste Abwehr Mikrogel-Spray) sowie iso- und hypertone Salzlösungen sind gleichermaßen in der Lage, die Drainage und Belüftung im Stirn- und Nasenbereich zu verbessern. Werden sie rechtzeitig angewendet, können sie gar den Infektverlauf um etwa zwei Tage verkürzen, wie zwei große Studien im vergangenen Jahr darlegen konnten.
Zwei Tage – diese verkürzte Erkrankungsdauer können auch Eltern bei ihren Kindern herausholen, wenn sie konsequent hypertone Meersalz-Nasentropfen anwenden, berichteten britische Forschende um Professor Dr. Steve Cunningham von der Universität Edinburgh im vergangenen September beim Kongress der Europäischen Atemwegsgesellschaft (ERS). Der Pädiatrieprofessor Cunningham erklärte die Wirkung des Meersalzes so: »Chlorid wird von den Zellen, die die Nase und die Luftröhre auskleiden, verwendet, um in den Zellen hypochlorige Säure zu produzieren, die sie zur Abwehr einer Virusinfektion verwenden. Wenn man zusätzliches Chlorid zuführt, hilft dies den Zellen, mehr hypochlorige Säure zu produzieren, was dazu beiträgt, die Virusreplikation zu unterdrücken, was wiederum die Dauer der Virusinfektion und damit die Dauer der Symptome verkürzt.«
Folgende Salzlösungen sind in der Apotheke für Kinder verfügbar: Hysan® Salinspray, das 2,7-prozentige hypertone Meersalzlösung enthält, kommt der Konzentration in der Studie sehr nahe und ist für Kinder ab einem Jahr gedacht. 2,2 Prozent Meerwasser finden sich in Rhinomer® plus Schnupfenspray. Otriven® Meerwasser mit Eukalyptus (2,2 %) und Olynth® Ectomed Nasenspray (2,1 %) sind für Kinder ab sechs Jahren gedacht. Ab acht Jahren kann Aspecton® Nasenspray zum Einsatz kommen. Die hypertonen Meersalztropfen (1,5 %) enthalten zusätzlich Campher, Levomenthol, Thymian- und Eukalyptusöl. Bereits für das Säuglingsalter ist das homöopathische Komplexmittel Sinusitis Hevert® geeignet.
Ach ja! Dass ein tiefer Seufzer richtig gut tut, weil er die Lungenfunktion verbessert, haben nun Schweizer Wissenschaftler unter Federführung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) herausgefunden. Das erkläre das darauffolgende »befreiende Gefühl in der Brust«.
Grundsätzlich dehnt sich die Lunge beim Einatmen aus, beim Ausatmen zieht sie sich zusammen. Bei dieser Bewegung leisten das Gewebe und die Oberfläche des Organs einen gewissen Widerstand. Surfactant vermittelt als Phospholipidgemisch auf dem alveolären Epithel zwischen den Komponenten und verringert somit den Widerstand. Sie senkt die Oberflächenspannung des Wassers und verhindert so, dass die Lungenbläschen beim Ausatmen kollabieren - insbesondere nach tiefen Atemzügen.
Surfactant ist nicht homogen zusammengesetzt. »Direkt an der Grenze zur Luft gibt es eine etwas steifere Oberflächenschicht, darunter liegen mehrere Schichten, die im Vergleich zur Schicht an der Oberfläche weicher und zarter sein sollten«, erklärt Erstautorin der Studie, Maria Novaes-Silva, in einer Mitteilung der Hochschule. In ihren Experimenten konnten die Forschenden zeigen, dass diese Schichtung mit der Zeit verloren geht und sich ein Gleichgewichtszustand zwischen den verschiedenen Surfactant-Komponenten einstellt, wenn sich die Flüssigkeit bei flacher Atmung nur wenig bewegt.
Seufzer wirkten dann wie ein Reset: Sie stellen die ideale Schichtung wieder her. Bei tiefen Atemzügen wird die Lungenflüssigkeit zunächst stark gestreckt und dann gestaucht. Laut Novaes-Silva reicherten sich dadurch gesättigte Lipide an und die Grenzfläche werde dichter bepackt.