Nasenspray mit Suchtgefahr |
Salz- oder Meerwassersprays dürfen uneingeschränkt angewendet werden. Bei abschwellenden Sprays sind sieben Tage das Limit. / Foto: Adobe Stock/Ralf Geithe
Bei der Nasenspray-Abhängigkeit handelt es sich nicht um eine Sucht im klassischen Sinne wie etwa beim Missbrauch von Drogen, da hier kein euphorisches Gefühl erzeugt wird. Mögliche Anzeichen einer Abhängigkeit können sein, dass wenige Stunden nach Benutzung des Sprays die Nase wieder verstopft ist, und das Einschlafen nur mit Spray möglich ist. Das Haus kann nur mit Spray verlassen werden, und eine gewöhnliche Erkältung dauert länger als bei anderen Menschen.
Die Folgen einer Nasenspray-Sucht für die Gesundheit können unangenehm bis gravierend sein. Die Schleimhaut ist trocken, sie blutet leicht, der Geruchs- und Geschmackssinn geht verloren. Hinzu kommen psychische Belastungen: Über Schlafprobleme, Gereiztheit, bis hin zu Ängsten und Panik berichten Betroffene. In seltenen Extremfällen kann sich eine Stinknase (Ozäna) entwickeln. Dabei siedeln sich Keime auf der geschädigten Nasenschleimhaut an, die einen üblen Geruch verströmen. Die betroffenen Personen bemerken diesen meist selbst nicht.
Werden abschwellende Nasensprays sieben Tage und länger angewendet, tritt unweigerlich ein Gewöhnungseffekt ein. Kurz nach dem Sprühen schwillt die Schleimhaut wieder an, dann meist noch stärker, als es während der Erkältung der Fall war (Rebound-Effekt). Der Anwender, dem das nicht bewusst ist, greift abermals zum Spray; doch jetzt ist genau dies die Ursache der verstopften Nase, nicht der Infekt. Das Gewebe bleibt dauerhaft geschwollen, da es als Reaktion auf die gefäßverengende Wirkung des Sprays stärker durchblutet wird (reaktive Hyperämie). Die Zellen der Schleimhaut beginnen, zugrunde zu gehen. Dieser Zustand wird als Rhinitis medicamentosa oder Privinismus bezeichnet.
So erleichternd die freie Nase während einer Erkältung ist, nach sieben Tagen kontinuierlicher Anwendung sollte der Kunde das abschwellende Spray absetzen. Ab diesem Zeitpunkt hat es keinen weiteren Vorteil mehr. Im Gegenteil: die Schleimhaut droht auszutrocknen und ihre Funktion zu verlieren. Jetzt sollten nur noch Sprays mit ätherischen Ölen oder Meersalz, auch in hypertoner Formulierung, angewendet werden, auch wenn noch Erkältungssymptome vorhanden sind. Salzinhalationen sind ebenfalls empfehlenswert. Doch egal, ob der Kunde ein abschwellendes oder befeuchtendes Spray anwendet, es sollte immer frei von Konservierungsmitteln sein. Insbesondere Benzalkoniumchlorid schädigt die Zilien.
Die PTA kann den Kunden im Beratungsgespräch darauf aufmerksam machen, dass das Spray einen unnatürlich freien Zustand in der Nase hervorruft, den es physiologisch nicht gibt. Sensoren melden dem Gehirn, wie viel Luft durch die Nase kommt. Wenn sich das Gehirn an 110 Prozent gewöhnt hat, schlägt es Alarm, wenn es »nur« 100 Prozent sind und wertet diesen Zustand als eingeschränkte Nasenatmung. Der Normalzustand ist also nie so gut wie mit dem Spray und die Versuchung groß, nachzusprühen.
Außerdem benötigen die Gefäße der Nasenschleimhaut fünf bis zehn Minuten, um auf die Ankunft des Wirkstoffes zu reagieren. Der Kunde sollte also nicht ungeduldig werden, wenn direkt nach Applikation nichts zu passieren scheint, und er sollte auf keinen Fall nachsprühen.
Häufig steht die PTA auch vor der Aufgabe, mit einem Kunden ins Gespräch zu kommen, bei dem sie eine bereits bestehende Abhängigkeit vermutet. Hier ist es besonders wichtig, empathisch und offen auf ihn zu reagieren, denn oft ist ihm das Problem bewusst und er schämt sich dafür. Es ist empfehlenswert, mit dem Kunden an einen ruhigen Beratungsplatz zu gehen und nach seinen Erfahrungen zu fragen. Er liefert der PTA wertvolle Anhaltspunkte, um die individuell passende Methode für einen Entzug zu finden. Auch Mut machen gehört dazu, denn die Schleimhaut ist auch nach einem längeren Leidensweg in der Lage, sich zu regenerieren und ihre Funktion wiederherzustellen.
HNO-Ärzte votieren meistens für den »kalten Entzug«. Der Patient setzt das Mittel komplett und ersatzlos ab. Er wird dann wahrscheinlich drei unangenehme Tage mit verstopfter Nase erleben. Deswegen ist es empfehlenswert, den Zeitpunkt für diese Methode geschickt zu wählen und diese Tage zum Beispiel zu Hause mit der Lieblingsserie zu verbringen. Sind die ersten Tage überstanden, setzt die Regeneration der Schleimhaut ein, und die Belüftung wird nach und nach besser.
Bei der Ausschleich-Methode reduziert der Patient schrittweise die Konzentration des Wirkstoffes. Er wechselt erst auf das Kinderspray, dann auf das Kleinkinderspray und danach auf hypertone Salzlösung. Diese Methode dauert wesentlich länger, und die niedrigere Konzentration darf nicht durch eine Frequenzerhöhung ausgeglichen werden. Keinesfalls darf der Patient ein Fläschchen aufschrauben und mit Kochsalzlösung auffüllen, da dies aus mikrobiologischen Gründen nicht vertretbar ist.
Ein weiterer Favorit vieler Ärzte heißt Ein-Loch-Methode. Dabei entwöhnt der Patient zunächst ein Nasenloch. Er führt also einen kalten Entzug nur auf einer Seite durch. Wenn sich diese Seite regeneriert hat, lässt er das Spray auch auf der anderen Seite weg.
Die Frequenz reduzieren: Diese Methode eignet sich für Menschen, die Probleme mit dem abrupten Absetzen haben, weil sie zum Beispiel nervös werden oder Panik bekommen. Die PTA kann empfehlen, dass der Kunde einen guten Freund oder den Partner bittet, das Spray zu verwalten und den Absetzplan zu überwachen. Auf die Weise ist er auch nicht allein mit seinem Vorhaben und bekommt persönliche Unterstützung.
Es kann sinnvoll sein, den Entzug gemeinsam mit dem Arzt durchzuführen. Er kann ein Cortisonspray verordnen, denn es wirkt gut gegen die Schwellung und Entzündung. Allerdings dauert es eine Weile, bis die Wirkung eintritt.
Egal für welche Methode sich der Patient entscheidet: Er sollte die Schleimhaut parallel konsequent befeuchten. Dafür eignen sich Pflegesprays mit Hyaluronsäure und Dexpanthenol oder Nasenspülungen auf Salzbasis.