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Risikofaktor

Natriumgehalt in Brausetabletten oft zu hoch

Der Natriumgehalt in Nahrungsergänzungsmitteln und OTC-Arzneimitteln in Form von Brausetabletten trägt oft erheblich zur täglichen tolerablen Salzaufnahme bei, wird jedoch häufig nicht deklariert. Das legen die Ergebnisse einer Untersuchung von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums des Saarlandes nahe.
Wiebke Gaaz
14.12.2023  14:00 Uhr

Die Brausetablette (BTA) ist eine beliebte Darreichungsform bei Vitamin- und Mineralstoffpräparaten sowie bei OTC-Präparaten gegen Schmerzen und Erkältung. Sie enthalten oft erhebliche Mengen Natrium in Form von Natrium(hydrogen-)-carbonat und Natriumcitrat, die zusammen den Sprudeleffekt hervorrufen. Die zusätzliche Natriumzufuhr durch BTA wird allerdings oft vernachlässigt oder ist nicht bekannt, da der Gehalt im Falle von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) nicht deklariert werden muss. Bekannt ist jedoch, dass eine hohe Natriumzufuhr ein Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen darstellt und insbesondere Hypertoniker ihre Salzaufnahme reduzieren sollten.

Die WHO empfiehlt, die tägliche Natriumaufnahme auf 2000 mg (das entspricht 5000 mg Kochsalz) zu beschränken. Untersuchungen ergaben jedoch, dass trotz verstärkter Anstrengungen vieler Regierungen auf der ganzen Welt der tägliche Salzkonsum sehr viel höher ist (9000 bis 12000 mg Kochsalz, entsprechend 3300 bis 7700 mg Natrium), der durch verstecktes Natrium noch verschärft wird.

Vor diesem Hintergrund ließ ein Team um Dr. Michael Kunz am Universitätsklinikum des Saarlandes und Kollegen von der Freien Universität Berlin und dem Deutschen Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) den Natriumgehalt von 39 NEM aus zwei Discountern, zwei Drogerien und einem Supermarkt im Labor analysieren. Den Natriumgehalt von 33 Arzneimitteln (davon 30 OTC und 3 Rx) ermittelten die Forschenden anhand der entsprechenden Fachinformationen. Die Präparate wurden in Kategorien wie Schmerz/Erkältung, Husten, Calcium/Vit D und andere eingeteilt. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachblatt »BMJ Open« publiziert.

Die NEM enthalten über alle Produktkategorien hinweg im Schnitt 284 mg Natrium pro BTA. Das entspricht 14 Prozent der maximal empfohlenen Menge. Vier Präparate, also jedes zehnte Produkt, enthielten mehr als 500 mg Natrium pro BTA, und bei nur fünf Produkten (alle desselben Herstellers) war der Gehalt deklariert. Dieser deckte sich mit den Werten, die bei der Analyse ermittelt wurden.

Aufgeschlüsselt nach Produktkategorie wiesen Vitamin-BTA den höchsten Natriumgehalt auf (378,3 mg). Spitzenreiter war eine Vitamin-C-BTA mit 564,7 mg, was 28 Prozent der empfohlenen täglichen Aufnahme entspricht. Im Schnitt etwas weniger Natrium enthielten Magnesium-BTA (232,7 mg), und durchschnittlich am wenigsten Natrium war in Calcium-BTA enthalten (170,4 mg). Den mit 76 mg geringsten Natriumgehalt wies eine Magnesium-BTA auf. Die Bandbreite rangiert demnach zwischen 4 und 28 Prozent der empfohlenen täglichen Zufuhr.

Relevante Natriummengen auch in OTC-Arzneimitteln

Bei den apothekenpflichtigen Arzneimitteln zeigte sich eine ähnlich große Bandbreite von 3 bis 29 Prozent der empfohlenen täglichen Zufuhr. Der Median über alle Produktgruppen lag bei 157 mg. Dabei enthielten Schmerz- und Erkältungsmittel wie beispielsweise Aspirin® Migräne (544 mg), Aspirin® Plus C (466 mg) und Paracetamol Ratiopharm® 500 (416 mg) am meisten Natrium pro BTA, was schon ein Viertel der Höchstzufuhr ausmacht. Doch im Krankheitsfall bleibt es im Allgemeinen nicht bei einer Tablette pro Tag. Legt man die jeweils zugelassene tägliche Höchstdosis zugrunde, kann sich die Natriumzufuhr auf bis zu 3333 mg – entsprechend 167 Prozent der von der WHO empfohlenen täglichen Menge – addieren.

Etwas weniger Natrium ist in Hustenmitteln mit Ambroxol und N-Acetylcystein (NAC) enthalten. Der Median liegt bei 138 mg mit einer Bandbreite von 112 bis 158 mg. Da die Brausetabletten mit 200 mg NAC nicht wesentlich weniger Natrium enthalten als diejenigen mit 600 mg, enthalten drei Brausetabletten mit 200 mg NAC schon fast ein Drittel der täglich akzeptablen Natriummenge, beispielsweise bei NAC Ratiopharm® 200. Der Hersteller Hexal kommt hier mit etwa der Hälfte aus.

Ein weiteres Präparat fiel in der Liste der untersuchten Arzneimittel auf: Das als Einschlafmittel angewendete Gittalun® mit dem Wirkstoff Doxylamin enthielt schon in einer BTA mit 575 mg Natrium mehr als ein Viertel der empfohlenen Maximalzufuhr (29 Prozent). Als Tageshöchstmenge dürfen zwei BTA eingenommen werden.

Vergleichsweise wenig Natrium enthalten BTA mit Calcium und Vitamin D. Der Median liegt hier bei 87 mg bei einer Bandbreite von 52 bis 103 mg. Zwischen den NEM mit Calcium und den OTC-Produkten mit Calcium und Vitamin D gab es keine signifikanten Unterschiede. Die Unterschiede zwischen den Produktgruppen erklären die Studienautoren mit den unterschiedlichen CO2-abhängigen Löslichkeiten der Inhaltsstoffe.

Dauerhafte Einnahme von Brausetabletten ist kritisch zu sehen

Nach Angaben des Dienstleisters Insight Health wurden im Jahr 2021 in deutschen Apotheken fast vier Millionen Packungen der untersuchten Schmerz- und Erkältungsmittel und 5,3 Millionen Packungen der Schleimlöser-BTA verkauft. Kritischer als die kurzfristige Einnahme von Brausetabletten über fünf bis sieben Tage bewerten die Studienautoren die tägliche, jahrelange Einnahme von NEM oder OTC-Brausetabletten.

Eine der Limitationen der Studie ist laut Aussage der Autoren, dass sie zwar Einsichten in die Natriumgehalte von NEM und Medikamenten bietet, aber nicht die Beziehung zwischen der Einnahme der Produkte und kardiovaskulären Endpunkten untersucht. Die hier untersuchten Produkte enthielten jedoch vergleichbare Natriummengen wie diejenigen, die in Studien eingesetzt wurden, die die kardiovaskulären Risiken mit der Natriumaufnahme durch BTA in Verbindung brachten. Beispielsweise zeigte eine Studie mit Paracetamol-BTA, die 545 mg Natrium enthielten, dass dieses für einen um 5 mm Hg erhöhten systolischen Blutdruck verantwortlich war. Eine weitere Studie zeigte eine Assoziation von Paracetamol-BTA (390 bis 440 mg Natrium pro BTA) mit einem erhöhten Risiko für eine Krankenhauseinweisung aufgrund von Herzversagen und eine erhöhte Mortalität unter Patienten mit und ohne Bluthochdruck.

Die Autoren schreiben, dass die Behörden eine entsprechende Produkt-Kennzeichnung vor der Markteinführung verlangen sollten. Risikopatienten sollte geraten werden, den Konsum von BTA zu reduzieren, um die Aufnahme von verstecktem Natrium gering zu halten. Sie könnten stattdessen normale Tabletten mit demselben Wirkstoff einnehmen. Schließlich schlagen die Autoren vor, dass die Hersteller den Natriumgehalt in ihren BTA reduzieren sollten.

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