Naturkosmetik und herkömmliche Präparate im Vergleich |
Was passt besser zur Haut: Präparate aus dem Hightech-Tiegel oder besser Naturkosmetika? / Foto: Getty Images/Chanin Nont
Naturkosmetika oder Pflegepräparate mit »natürlichen Inhaltsstoffen« haben den Ruf, besonders hautfreundlich zu sein. Doch selbst wenn nur natürliche Rohstoffe wie pflanzliche Fette oder Wachse und pflanzliche Inhaltsstoffe wie ätherische Öle aus kontrolliertem Anbau verwendet wurden, bedeutet das nicht automatisch eine besonders gute Verträglichkeit. Viele natürliche Inhaltsstoffe haben irritierende und/oder sensibilisierende Eigenschaften, sodass auch bei natürlichen Pflegezubereitungen Unverträglichkeitsreaktionen und Allergien möglich sind. Darauf verweist der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) auf seiner Website.
Naturstoffe etwa aus Arnika oder Kamille sind starke Allergene. Bei bestehender Allergie gegen Korbblütler (Asteraceae) sind solche Zubereitungen zu meiden. Da immer die Gefahr einer Kreuzallergie besteht, ist Vorsicht auch bei Ringelblume oder Schafgarbe angesagt, da sie ebenfalls zu den Korbblütlern gehören. Entsprechende Zubereitungen deshalb am besten in der Armbeuge testen. Menschen mit empfindlicher Haut sollten auch Propolis und Teebaumöl meiden. Die Experten vom DAAB weisen darauf hin, dass vor allem Duftstoffe – meist synthetisch produziert – wie solche aus Eichenmoos- oder Baummoosextrakt, Zimtaldehyd oder Citral aus Zitronenöl potente Allergieauslöser mit hohem Sensibilisierungspotenzial darstellen.
Auf Auslobungen wie »für Allergikerhaut geeignet« oder »hypoallergen« sei kein Verlass, so der DAAB. Letzteres bedeutet lediglich, dass keine bekanntermaßen allergieauslösenden Substanzen enthalten sind. Das schließt jedoch nicht aus, dass der Anwender auf eine andere Substanz dennoch mit Unverträglichkeiten reagieren kann. Wird »Hautverträglichkeit dermatologisch nachgewiesen« auf der Verpackung angepriesen, dann wurde das dazugehörige Präparat in der Regel an hautgesunden Freiwilligen unter Aufsicht von Dermatologen getestet und für gut befunden.
Auch chemisch-synthetische Konservierungsmittel bringen ein gewisses irritierendes und allergisierendes Potenzial mit sich. Die p-Hydroxybenzoesäureester, auch PHB-Ester genannt, sind die am häufigsten in Pflegeprodukten eingesetzten Konservierungsstoffe. Methyl-, Ethyl-, Butylparaben und Co. können zwar unstrittig Kontaktallergien auslösen. Der Betroffene reagiert dann auch auf andere Substanzen, die im Molekül p-Hydroxygruppen besitzen. Doch in Relation zu ihrem häufigen Einsatz auch in Arzneimitteln, Lebensmitteln oder Kosmetika geschieht dies nicht so oft, wie man aufgrund der häufig geäußerten Kritik vermuten könnte.
Was das keimabtötende Potenzial betrifft, sind chemische Konservierungsstoffe solchen in Naturkosmetika überlegen. Das bedeutet, dass Letztere rascher aufgebraucht werden müssen beziehungsweise dass sie ein geringeres Haltbarkeitsdatum haben, wenn sie einmal geöffnet sind. Die stärkere Wirkung der chemischen Konservierungsstoffe hat jedoch andere negative Folgen: Sie wirken nicht nur gegen die unerwünschten Mikroorganismen im Pflegeprodukt, sondern sie richten sich auch gegen das Hautmikrobiom und schädigen somit die schützende Hautbarriere, berichtete Professorin Dr. Michaela Axt-Gadermann, Dermatologin und Ernährungswissenschaftlerin an der Hochschule Coburg, PTA-Forum von eigenen Studienergebnissen. Sie rät deshalb, entweder »Microbiome-friendly«-zertifizierte Zubereitungen oder Öle zu verwenden. Letztere benötigen keine Konservierungsmittel.
Doch auch bei den Ölen liegt die Tücke im Detail, nicht jedes Pflanzenöl ist automatisch ideal für unsere Haut. Der Arbeitskreis von Axt-Gadermann konnte in Studien nachweisen, dass manche Pflanzenöle die Hautbarriere nachhaltig schädigen. »Jojoba- und Kokosöl stärken sie, weil sie in der Lage sind, sich in die Barriere zu integrieren. Vom allseits beliebten Olivenöl weiß man dagegen aus Studien mit Babys und Kleinkindern, dass es den Aufbau der Hautbarriere gar stören kann«, sagt sie.
Keine Integration in die Hautbarriere: Das ist auch der Fall bei häufig verwendeten Inhaltsstoffen konventioneller Pflegeprodukte. Die Rezeptur von Naturkosmetika ist dagegen häufig frei von Stoffen, die nur dem Aussehen der Zubereitung dienen, der Haut aber schaden können. Allen voran Paraffinöl (INCI: Paraffinum liquidum), Hartparaffin (INCI: Paraffin) und Vaseline (INCI: Petrolatum). Sie sind als gesättigte Kohlenwasserstoffe die bekanntesten Vertreter in der Kosmetik, die durch Raffinierung, Extraktion und Hydrierung von Erdöl gewonnen werden. Auch wenn die Begriffe Cera microcristallina, Microcristallina wax, Ceresin, Mineral oil oder Ozokerit in der Inhaltsstoffliste auftauchen, enthält das Kosmetikum Mineralöle.
Ihre Verwendung ist nicht unumstritten, da man ihnen nachsagt, durch ihre wachsartige Konsistenz die Haut mit einem Film abzudecken und den transepidermalen Wasserverlust zu behindern. Von Integration in den Hydrolipidmantel wie bei den Pflanzenölen kann also keine Rede sein, weshalb der Pluspunkt in der Kategorie Lipidkomponente eindeutig für die Naturkosmetik spricht.
Auch Polyethylenglykole (INCI: PEG) gehören zu den eher geschmähten Inhaltsstoffen der herkömmlichen Kosmetik: In die Kritik geraten sind PEG-haltige Zubereitungen wegen ihrer Neigung zur Autoxidation. Unter Einfluss von Licht und Sauerstoff werden sie zu Peroxiden oxidiert, die wiederum unter Radikalbildung zerfallen. Zudem entfetten einige der PEG-Vertreter die Haut und machen sie durchlässiger. Das macht die natürliche Schutzbarriere leichter angreifbar und erhöht die Penetrationsfähigkeit in die Haut – sowohl für wünschenswerte pflegende Substanzen als auch für Schadstoffe. Das kann die Haut irritieren.
Fazit: Ob man Naturkosmetika oder herkömmlichen Pflegepräparatenn vertraut, ist wohl eine Geschmacks- beziehungsweise Einstellungssache. In jedem Fall lohnt sich ein intensiver Blick auf die Inhaltsstoffliste. Sind bedenkliche Zusatzstoffe enthalten, gilt es, sich nach anderen Cremes, Duschgelen oder Lippenpflegestiften umzuschauen.