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Neues Duo im Handel

Neue Arzneistoffe: Multiple Sklerose und Non-Hodgkin-Lymphom

Mitte Februar kamen in Deutschland zwei Medikamente mit einem neuen Wirkstoff auf den Markt. Eines davon wird in der Onkologie eingesetzt, das zweite als Therapieoption bei Multipler Sklerose (MS).
AutorKontaktSven Siebenand
Datum 02.03.2020  09:00 Uhr

MS ist eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems, von der weltweit mehr als 2 Millionen Menschen betroffen sind. Die sogenannte sekundär progrediente MS (SPMS) entsteht oft nach einer ersten Krankheitsform, der schubförmig verlaufenden rezidivierend-remittierenden MS (RRMS). SPMS ist durch eine allmähliche Verschlechterung der neurologischen Funktionen im Laufe der Zeit gekennzeichnet. Siponimod (Mayzent® 0,25 und 2 mg Filmtabletten, Novartis Pharma) ist zur Behandlung erwachsener Patienten mit SPMS und Krankheitsaktivität zugelassen. Es ist die erste orale Therapie in Europa, die für diese Indikation nun verfügbar ist. Bei Patienten ohne aktive Erkrankung ist das Arzneimittel bisher nicht zugelassen.

Bei der Autoimmunerkrankung MS greift das Immunsystem die Schutzhülle um die Nerven im Gehirn und Rückenmark an und schädigt sie. Wie der bereits seit einigen Jahren verfügbare orale Wirkstoff Fingolimod (Gilenya®) wirkt auch Siponimod an sogenannten Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren modulierend. Diese Rezeptoren sind an der Bewegung von Lymphozyten im Körper beteiligt. Durch die Bindung an diese Rezeptoren hält Siponimod Lymphozyten davon ab, von den Lymphknoten zu Gehirn und Rückenmark zu gelangen, wodurch die von ihnen bei MS verursachten Schädigungen begrenzt werden. Während das bei schubförmiger MS zugelassene Fingolimod an den Rezeptor-Subtyp 1 bindet, dockt Siponimod auch an den Subtyp 5 an.

Zu langsam verstoffwechselt

Das neue Medikament wird oral einmal täglich von den Patienten eingenommen. Die Anfangsdosis beträgt für zwei Tage 0,25 mg. Die Dosis wird danach schrittweise erhöht, um am sechsten Tag die Erhaltungsdosis zu erreichen. Je nachdem, wie schnell der Körper des Patienten das Arzneimittel metabolisiert, beträgt diese 1 mg oder 2 mg täglich. Zur Messung der Aktivität des Leberenzyms CYP2C9 wird ein Blut- oder Speicheltest durchgeführt. Bei dieser Untersuchung kann auch herauskommen, dass bestimmte Patienten nicht mit Siponimod behandelt werden dürfen, weil es bei ihnen – bedingt durch den Metabolisierungsstatus – zu langsam verstoffwechselt wird, was zu deutlich erhöhten Wirkspiegeln führt. Dies betrifft laut Fachinformation aber nur 0,3 bis 0,4 Prozent der Bevölkerung.

Sehr häufige Nebenwirkungen von Siponimod sind Kopfschmerzen und erhöhter Blutdruck. Häufig kommt es zum Beispiel zu Magen-Darm-Beschwerden, Schmerzen in den Extremitäten oder Schwindel.

In der Fachinformation sind neben dem genannten sehr langsamen CYP2C9-Metabolisierungsstatus einige weitere Kontraindikationen aufgelistet. So ist das Präparat beispielsweise tabu, wenn ein Patient zuvor bestimmte schwere Infektionen hatte. Auch darf Mayzent aufgrund der Wirkung auf das Immunsystem nicht bei Patienten mit Krebs und bestimmten Immunstörungen angewendet werden. Es darf ferner weder Patienten gegeben werden, die kürzlich einen Schlaganfall hatten, noch bei Patienten mit bestimmten Herzkrankheiten oder schweren Lebererkrankungen. Ebenfalls ist das Medikament bei Schwangeren und Frauen im gebärfähigen Alter, die keine wirksame Empfängnisverhütung anwenden, kontraindiziert. In diesem Zusammenhang ist es auch gut zu wissen, dass Siponimod eine deutlich kürzere Halbwertszeit aufweist als Fingolimod. Frauen, die eine Schwangerschaft planen, wird empfohlen, das Präparat mindestens zehn Tage vor einer möglichen Konzeption abzusetzen. Im Falle von Fingolimod sollte dies bereits zwei Monate vorher geschehen.

Neues Krebsmedikament

Non-Hodgkin-Lymphome gehören zu den malignen Lymphomen. Das diffus großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) ist mit einem Anteil von 30 bis 40 Prozent die häufigste Form des Non-Hodgkin-Lymphoms bei Erwachsenen. Der neue Wirkstoff Polatuzumab Vedotin (Polivy® 140 mg Pulver zur Herstellung eines Infusionslösungskonzentrats, Roche) wird zur Behandlung erwachsener DLBCL-Patienten eingesetzt, wenn deren Krebs zurückgekehrt ist oder nicht mehr auf andere Behandlungen anspricht und wenn eine Knochenmarktransplantation nicht infrage kommt. Das Medikament wird immer mit zwei anderen Arzneistoffen kombiniert: Bendamustin und Rituximab.

Polatuzumab Vedotin ist ein sogenanntes Antikörper-Wirkstoff-Konjugat. Ziel dieser Konjugate ist es sozusagen, die Chemotherapie nur in den Krebszellen stattfinden zu lassen. Dies funktioniert folgendermaßen: Der Antikörper Polatuzumab bindet spezifisch an das Protein CD79b auf der Oberfläche von B-Zellen. Danach wird das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat in das Innere der Krebszelle geschleust. Dort werden Enzyme tätig, die dafür sorgen, dass das Zellgift, welches an Polatuzumab hängt, abgespalten und freigesetzt wird. Dieses Gift schickt die Tumorzelle schließlich in den Zelltod. Allein gegeben wäre das Spindelgift viel zu toxisch für den Körper. In Kombination mit dem Antikörper ist die Toxizität aber akzeptabel.

Die empfohlene Dosis von Polivy beträgt 1,8 mg/kg Körpergewicht, angewendet als intravenöse Infusion über 90 Minuten alle 21 Tage. Polatuzumab Vedotin wird über sechs Zyklen verabreicht. Zur Verringerung des Risikos von Reaktionen auf die Infusion erhalten die Patienten ein Antipyretikum wie Paracetamol und ein Antihistaminikum als Prämedikation. Wenn eine infusionsbedingte Reaktion auftritt, sollte die Infusion verlangsamt oder unterbrochen werden. In der Fachinformation gibt es zudem Angaben für die Dosisanpassung bei Auftreten einer peripheren Neuropathie oder bei einer Myelosuppression.

Sehr häufige Nebenwirkungen von Polatuzumab Vedotin sind zum Beispiel Anämie, Thrombozytopenie, Neutropenie, Fatigue, Durchfall, Übelkeit und Fieber. Tabu ist das neue Medikament bei Patienten mit schweren Infektionen.

Die Anwendung von Polatuzumab Vedotin in der Schwangerschaft, bei Stillenden und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Zudem ist bei Frauen im gebärfähigen Alter vor Therapiebeginn ein Schwangerschaftstest durchzuführen.

Polivy wurde bislang nur unter »besonderen Bedingungen« zugelassen. Dies bedeutet, dass der Hersteller weitere Nachweise für das Arzneimittel an die Europäische Zulassungsbehörde EMA zu liefern hat. Die EMA wird dann neue Informationen prüfen und gegebenenfalls die Fach- und Gebrauchsinformationen aktualisieren lassen.

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