Neue psychoaktive Substanzen |
Barbara Döring |
02.07.2025 12:00 Uhr |
Neue psychoaktive Substanzen sind nicht nur für Dealer interessant. Laut Suchtexperten gibt es eine Gruppe von Konsumenten, auch Psychonauten genannt, die eine starke Neugier nach immer wieder neuen Drogen und Wirkungen haben und wahllos Substanzen probieren, wenn diese verfügbar sind. NPS hätten zudem für manche Jugendliche und junge Erwachsene den Touch von Modernität, sagte Professor Dr. Norbert Scherbaum, Chefarzt der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Abhängiges Verhalten am LVR-Klinikum Essen, bei einem Fachvortrag zum Thema »Neue Drogen«.
Zwar hätten NPS keine Wirkung, die nicht auch herkömmliche Drogen haben. Das heißt, auch diese sind entweder stimulatorisch, halluzinogen oder sedierend wirksam. Dennoch seien sie neu, hätten neue Vertriebsformen und es finde eine Trennung vom üblichen Schwarzmarkt statt. Indem sie im Internet bestellt und per Post zugesendet würden, entfiele das Stigma, das mit dem Straßenkauf etwa von Heroin verbunden ist. Anbieter tarnen die Produkte zudem zum Teil als Pflanzendünger und verweisen darauf, dass sie nicht für den menschlichen Gebrauch geeignet sind. Alle Beteiligten wüssten jedoch, dass es um Drogen geht.
Laut des aktuellen von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Deutschen Suchtsurveys gaben 0,9 Prozent der erwachsenen Deutschen an, in den letzten 12 Monaten NPS konsumiert zu haben, deutlich weniger als Cannabis (7,4 Prozent). Von den jungen Erwachsenen zwischen 18 bis 25 Jahren gaben immerhin gut ein Drittel an, dass sie schon einmal Cannabis genommen hätten; dagegen hatten nur 2,2 Prozent schon einmal NPS eingenommen.
Wenn auch seltener konsumiert, sind NPS häufiger als traditionelle Drogen mit schwerwiegenden akuten somatischen und psychischen Risiken wie Krampfanfällen oder Psychosen assoziiert. So gebe es für synthetische Cannabinoide zahlreiche Fälle von intensivpflichtigen Patienten, was es unter THC – dem normalen Cannabiskonsum – so nicht gäbe, sagt Scherbaum. NPS, die auf den Markt kommen, seien nicht pharmakologisch geprüft. Über die Substanzen, ihre Wirkung, die Wirkmechanismen, Toxikologie, Nebenwirkungen und Pharmakokinetik sei wenig bekannt. Der Psychiater warnte: Wer eine ihm unbekannte Substanz einnehme, der mache einen Selbstversuch mit unbekanntem Ausgang.
In den letzten Jahren ist Lachgas zur beliebten Partydroge avanciert. Das farblose Gas Distickstoffmonoxid ist günstig in Form von Kapseln für Sprühsahne erhältlich. Für den Konsum werden meist Luftballons mit den Sahnespenderkapseln befüllt. Nach dem Einatmen tritt nach wenigen Sekunden ein Rausch mit schwachen Halluzinationen und einem Wärme- und Glücksgefühl auf. Der als traumähnlich beschriebene Zustand hält nur wenige Minuten an. Da beim Inhalieren ein Sauerstoffmangel besteht, droht Bewusstlosigkeit. Wird eine mit Lachgas gefüllte Plastiktüte über den Kopf gezogen, besteht zudem Erstickungsgefahr. Häufiger Konsum kann zudem das Knochenmark und das Nervensystem schädigen, vermutlich weil Lachgas die chemische Struktur von Vitamin B12 verändert, sodass es vom Körper nicht mehr aufgenommen werden kann. In einzelnen Städten Deutschlands besteht inzwischen ein Verbot für Lachgaskonsum für Minderjährige.