Neue Therapien bei Erdnussallergie |
Verena Schmidt |
22.04.2025 08:30 Uhr |
Ein weiterer Ansatz zur Desensibilisierung, der bereits in einer Phase-3-Studie untersucht wurde, ist eine epikutane Immuntherapie (EPIT) mithilfe eines Pflasters. Betroffene Kinder bekommen dabei täglich ein Pflaster auf die Haut geklebt, das eine konstante Menge an Erdnussprotein enthält. In der EPITOPE-Studie zeigte sich die Behandlung mit einem Erdnuss-beschichteten Pflaster bereits bei jüngeren Kindern im Alter von einem bis drei Jahren als wirksam, wie US-amerikanische Forschende 2023 im Fachmagazin »New England Journal of Medicine« berichteten. Der Beginn einer Desensibilisierung vor dem Alter von vier Jahren könnte einen größeren Nutzen haben als ein späterer Start, darauf hatten Studien in der Vergangenheit hingedeutet.
Nach einem Jahr täglichem Pflasterkleben vertrugen die meisten Kinder im Provokationstest deutlich höhere Allergenkonzentrationen als vor der Behandlung. Wer beispielsweise mehr als 10 mg Erdnussprotein vertragen hatte, sollte nach der Behandlung mindestens 1000 mg Erdnussprotein (etwa drei bis vier Erdnüsse) vertragen können. Dieses Ziel konnte in der Untersuchung bei 67 Prozent der Kinder, die mit dem Erdnusspflaster behandelt worden waren, erreicht werden, in der Placebogruppe bei 33,5 Prozent. Die EPIT war Placebo damit signifikant überlegen.
Nebenwirkungen gab es allerdings auch bei der epikutanen Therapievariante: Lokale Reaktionen im Bereich des Pflasters traten bei fast allen Kindern auf. Bei fast 96 Prozent der Kinder in der Interventions- und bei 63,6 Prozent in der Placebogruppe wurde mindestens einmal ein topisches Corticoid angewendet. Eine behandlungsbedingte Anaphylaxie trat ausschließlich bei vier Kindern in der Interventionsgruppe auf.
Die Erdnussallergie ist eine IgE-vermittelte Typ-I-Allergie. Beim ersten Kontakt mit dem Allergen zeigen die Betroffenen noch keine Symptome, sie bilden aber spezifische IgE-Antikörper, die dann bei einem erneuten Kontakt an IgE-Rezeptoren auf Mastzellen binden und so die Ausschüttung von Histamin bewirken.
Hier kommt der monoklonale Antikörper Omalizumab (Xolair®) ins Spiel: Er richtet sich spezifisch gegen IgE, unterbricht so die allergische Kettenreaktion und reduziert außerdem die Aktivität und Anzahl der IgE-Rezeptoren auf der Oberfläche der Mastzellen, sodass weniger freies IgE gebunden werden kann.
Omalizumab ist bislang bei allergischem Asthma, chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen und chronischer spontaner Urtikaria zugelassen. Zukünftig könnte es aber auch eine Option bei Erdnussallergie werden. In einer im vergangenen Jahr im »New England Journal of Medicine« publizierten Studie hatten US-amerikanische Forschende den Einsatz von Omalizumab bei drei Erwachsenen und 177 Kindern im Alter zwischen 1 und 17 Jahren untersucht, die stark allergisch gegen Erdnüsse waren. Nach 16 bis 20 Wochen zeigte sich bei 67 Prozent der mit Omalizumab behandelten Patienten ein Erfolg: Im Provokationstest vertrugen sie eine Einzeldosis von 600 mg oder mehr Erdnussprotein. Bei der Placebo-Kontrollgruppe traf das nur auf 7 Prozent zu.
Allerdings: Wie bei der Immuntherapie wird die Allergie durch Omalizumab nicht »geheilt«. Der Antikörper hebt nur den Schwellenwert für die Menge an Allergen an, die eine Person zu sich nehmen kann, bevor es zu einer Reaktion kommt. Patienten müssen das Allergen also auch weiterhin meiden.
Neben Omalizumab wird auch der Anti-IL4/IL-13-Antikörper Dupilumab (Dupixent®), der bei Neurodermitis und Asthma zugelassen ist, bei Erdnussallergie getestet. Im Mausmodell zeigte sich kürzlich außerdem ein weiterer Ansatz Erfolg versprechend: Ein kovalenter heterobivalenter Inhibitor (cHBI) soll spezifisch an IgE-Antikörper, die gegen die beiden stärksten Erdnussallergene Ara h 2 und Ara h 6 gerichtet sind, binden und dabei eine kovalente Bindung formen. Die IgE-Antikörper können dann dauerhaft bei Kontakt mit den Allergenen keine Histaminausschüttung mehr auslösen. Wirksamkeit und Sicherheit müssen natürlich noch in Studien am Menschen bestätigt werden.